Industrie-Ampel rechnet Produkte gesund
Die Lebensmittel-Ampel hat eine überraschende Fürsprecherin gefunden: die Lebensmittelindustrie. Nachdem die Konzerne jahrelang erbittert gegen eine farbliche Nährwert-Kennzeichnung auf Lebensmittelverpackungen kämpfte, wollen Nestlé, Coca-Cola und Co. nun eine EU-weite Ampelkennzeichnung nach eigenem Modell einführen. Doch die Kriterien sind viel zu lasch – die Industrie-Ampel lässt Produkte gesünder aussehen, als sie sind.
Die Lebensmittelkonzerne Coca-Cola, Mars, Mondelez, Nestlé, PepsiCo und Unilever hatten kürzlich ihre genauen Pläne für eine eigene Nährwert-Ampel vorgestellt. Im Gegensatz zu dem erstmals 2007 von der britischen Lebensmittelbehörde FSA konzipierten Original-Ampelsystem zeigt die Industrie-Kennzeichnung allerdings deutlich weniger rote Ampeln. Selbst eine Süßigkeit wie Nutella von Ferrero würde keine rote Ampel erhalten. Mit dem System der FSA bekäme Nutella hingegen drei rote Ampeln, die auf einen hohen Gehalt an Fett, gesättigten Fettsäuren und Zucker hinweisen. Auch Tuc-Cracker des Herstellers Mondelez hätten mit dem Industrie-Modell statt zwei überhaupt keine rote Ampel. Ähnlich bei den Nesquik-Frühstücksflocken von Nestlé: Auch hier würde durch das Modell der großen Lebensmittelkonzerne die rote Ampel für den hohen Zuckergehalt verschwinden. Das zeigt ein Ampel-Vergleichstest von foodwatch.
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Grund für die geringere Anzahl roter Ampeln ist ein Trick: Die Originalampel der FSA berechnet die Ampelfarbe auf Grundlage von einheitlich 100 Gramm. Sie springt zum Beispiel beim Zuckergehalt auf Rot, sobald ein Produkt mehr als 15 Prozent Zucker enthält. Im Gegensatz dazu berechnet die Industrie-Ampel die Farbgebung auf Basis von Portionsgrößen. Bei allen Portionen bis zu 60 Gramm zeigt die Industrie-Ampel erst dann Rot, wenn mehr als 13,5 Gramm Zucker in einer Portion enthalten sind. Bei Frühstücksflocken mit einer 40-Gramm-Portion ist dies erst bei einem Zuckergehalt von mehr als 33,7 Prozent der Fall. Bei dem Industriemodell muss also in Frühstücksflocken mehr als doppelt so viel Zucker enthalten sein wie beim Originalmodell, bevor die Ampel auf Rot springt. Ein süßer Brotaufstrich wie Nutella mit einer vorgesehenen Portionsgröße von 15 Gramm müsste demnach zu mehr als 90 Prozent aus Zucker bestehen, damit die Ampel Rot zeigt.
Beispiellose Lobbykampagne gegen die Nährwert-Ampel
Noch im Jahr 2010 verhinderte die Lebensmittelwirtschaft infolge einer beispiellosen Lobbykampagne erfolgreich eine EU-weit verbindliche Ampelkennzeichnung für den Nährwertgehalt bei verarbeiteten Lebensmitteln. Ärzteverbände, Krankenkassen und Verbraucherorganisationen forderten damals die Umsetzung des Modells der britischen FSA: Für jedes Produkt sollte der Gehalt an den wichtigsten Nährwerten (Fett, gesättigte Fettsäuren, Zucker und Salz) in absoluten Grammzahlen angegeben werden – und zwar einheitlich pro 100 Gramm bzw. 100 Milliliter. Zur Orientierung sollte jeder dieser vier Werte mit einer der bekannten Signalfarben Rot, Gelb und Grün hinterlegt werden. Die Industrie entwarf hingegen für die Verpackungsvorderseite ein eigenes, sogenanntes GDA-Modell (Guideline Daily Amounts), das oft auf unrealistisch kleinen Portionsgrößen basiert und in Prozentangaben Anteile am selbstgewählten „Richtwert für die Tageszufuhr“ für verschiedene Nährwerte angibt. Das Europäische Parlament stimmte 2010 gegen die Einführung der Ampelkennzeichnung und übernahm das GDA-Modell der Industrie. Mittlerweile haben jedoch zwei EU-Länder, Frankreich und Großbritannien, eine farbige Nährwertkennzeichnung auf freiwilliger Basis eingeführt.
Seit Ende 2016 gilt für alle verpackten Lebensmittel in der EU eine Pflicht zur Kennzeichnung der Nährwerte Fett, gesättigte Fette, Kohlenhydrate, Zucker, Eiweiß und Salz. Außerdem muss über den Energiegehalt informiert werden. Die Angaben müssen sich jeweils auf 100 Gramm bzw. Milliliter beziehen. Diese Angabe darf allerdings im Kleingedruckten auf der Rückseite der Verpackung erfolgen.
So täuscht die Industrie mit ihrer Pseudo-Ampel: Jetzt weitersagen!
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Hallo,
Konzerne wie Coca-Cola, Nestlé und Unilever kontern die Forderung nach einer klaren Kennzeichnung für Fett, Zucker und Salz jetzt mit einem eigenen Entwurf für eine Ampelkennzeichnung: Doch man muss gesehen haben, welche Wirkung der Vorschlag hat – bei Nutella beispielsweise springt die Ampel von drei mal rot bei der Original-Ampel auf drei mal gelb! Zuckerbomben will die Industrie so schön rechnen. Damit wollen wir die Konzerne nicht durchkommen lassen: Deshalb nicht für dumm verkaufen lassen, selbst lesen und weiterschicken!
www.industrie-ampel.foodwatch.de
Viele Grüße