foodwatch-Marktcheck: Verbraucher können Verfall der Milchpreise nicht aufhalten
Konsumentinnen und Konsumenten können die derzeit niedrigen Milchpreise von gut 20 Cent pro Liter nicht über ihr Einkaufsverhalten steuern. Das geht aus einem foodwatch-Marktcheck hervor. Auch wenn Verbraucherinnen und Verbraucher zu einer teureren Milch greifen, schlägt sich das beim Landwirt praktisch nicht nieder. Die Milchbauern bekommen fast immer die gleichen, niedrigen Preise ausgezahlt. Heute hat das Bundesagrarministerium zum „Milchgipfel“ eingeladen, um über die niedrigen Milchpreise zu beraten.
Die Milchpreise im Supermarkt unterscheiden sich sehr deutlich – je nach Marke. foodwatch hat die Preise verschiedener Handelsmarken mit dem verglichen, was die Landwirte erhalten. Fazit: Bei der teureren Herstellermarke zahlen Verbraucherinnen und Verbraucher vor allem für Werbung und Marketing. Landwirte erhalten fast immer die gleichen, niedrigen Preise. Ein Liter ja!-ESL-Vollmilch kostet beispielsweise aktuell bei Rewe 46 Cent, für das gleiche Produkt von „Bärenmarke“ werden 1,15 Euro verlangt – das ist das 2,5-Fache. In beiden Fällen erhielten die Landwirte von den Molkereien nur rund 26 Cent (Auszahlungspreise im April).
Konventionelle Milch kostet 0,46 bis 1,29 Euro pro Liter
Insgesamt hat foodwatch die aktuellen Preise von 31 handelsüblichen Milchmarken aus dem Kühlregal (ESL-Milch) und H-Milch sowohl aus konventioneller als auch aus ökologischer Herstellung verglichen. Im Handel betrug die Preisdifferenz zwischen konventioneller Discount-Milch und einem Markenprodukt (bei ESL und bei H-Milch) zuletzt bis zu 83 Cent pro Liter (plus 180 Prozent). Die günstigste Eigenmarke kostete bei fast allen Handelsketten 0,46 Euro, das teuerste Markenprodukt lag bei 1,29 Euro. Dagegen betrug der Unterschied beim Auszahlungspreis an die Bauern maximal fünf Cent (plus 20 Prozent). Die Landwirte erhielten im April zwischen 23,7 und 28,4 Cent pro Liter konventionell erzeugter Milch. Experten gehen davon aus, dass die Bauern im Mai noch weniger Geld pro Liter Milch bekommen.
Höhere Preise bei Bio-Milch gehen eher an Bauern
Im Bio-Segment der Handelsmarken ist die Diskrepanz zwischen Verkaufspreis im Supermarkt und dem Auszahlungspreis aktuell für die Bauern weniger eklatant. Die Bio-Milchbauern erhielten in den letzten Monaten um 48 Cent pro Liter. Für Verbraucherinnen und Verbraucher kostet die Bio-Milch der Handelsmarken aktuell knapp über einem Euro. Bei Bio-Milch werden die höheren Supermarktpreise demnach eher an die Landwirte weitergereicht. Dennoch ist es den Konsumentinnen und Konsumenten kaum möglich, auf breiter Front über ihr Einkaufsverhalten den niedrigen Marktpreisen entgegenzuwirken.
Ursache für Milchpreiskrise ist Überangebot
Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt hatte erst vor kurzem behauptet, auch die Verbraucherinnen und Verbraucher könnten etwas tun, wenn sie nicht immer zur billigsten Milch griffen. Dieses Argument hat der foodwatch-Milchpreis-Markencheck klar widerlegt. Die Milchpreiskrise geht vor allem auf ein Überangebot an Milch zurück, das die führenden Handelskonzerne mit ihrer Marktmacht ausnutzen.
Heute tagt Krisengipfel
Bei einem Krisengipfel will die Bundesregierung heute über geeignete Maßnahmen beraten, um den Landwirten zu helfen. Daran nehmen Vertreter von Bauernverbänden, Milchwirtschaft und Handel teil. Im Vorfeld ist über ein milliardenschweres Hilfspaket spekuliert worden.