Das ist das staatliche „Tierwohl“-Siegel für einige Tiere...
Auf der Grünen Woche in Berlin hat Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt schon einmal präsentiert, wie das von ihm zigfach angekündigte, aber noch unfertige „Tierwohl“-Label aussehen soll. An welche Kriterien das staatliche Siegel geknüpft wird, ist noch genau so offen wie die Frage, wann die ersten Produkte es tragen sollen. Fest steht: „Tierwohl“ bleibt freiwillig. Die Berater des Ministers rechnen mit einem Marktpotenzial von vielleicht 20 Prozent – für die anderen Tiere bleibt Tierleid offenbar staatlich geduldet.
Fast täglich hatte Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt zuletzt sein „Tierwohl“-Siegel in Interviews und Pressekonferenzen angekündigt. Fertig ist es noch nicht, offen sind vor allem die Kriterien, nach denen der Minister den schwammigen Begriff „mehr Tierwohl“ definieren möchte. Dementsprechend wird es auch noch dauern, bis das Siegel den Markt erreicht. Er gehe davon aus, dass Produkte mit der neuen Kennzeichnung „im nächsten, übernächsten Jahr“ in den Läden sein können, sagte der Minister zum Start der Grünen Woche in Berlin.
Gestaltung angelehnt ans deutsche Bio-Siegel
Dort ließ es sich der Minister nicht nehmen, zumindest schon einmal zu präsentieren, wie das Siegel denn nun aussieht: Ein dezent gestaltetes Sechseck, das in seiner Form an das deutsche Bio-Siegel erinnert und ansonsten recht staatstragend mit schwarz-rot-goldenem Streifen daherkommt.
Mit dem Label soll Fleisch von Tieren gekennzeichnet werden können, deren Haltungsbedingungen über dem gesetzlichen Standard liegen – etwa durch mehr Platz im Stall oder Stroh am Boden. Starten soll das Siegel nur mit Schweinen und voraussichtlich mit zwei Stufen. Dabei sollen Bauern für höheren Aufwand auch mehr Geld bekommen.
Freiwillig heißt: Tierschutz nur für einige statt für alle Tiere
Fest steht vor allem: Es bleibt ein freiwilliges Siegel und damit den Tierhaltern selbst überlassen, ob sie mehr Tierschutz umsetzen oder nicht. Des Ministers Wissenschaftlicher Beirat für Agrarpolitik erwartet für Fleisch mit Siegel ein Marktpotenzial von vielleicht 20 Prozent. Mit anderen Worten: Die Bundesregierung verabschiedet sich mit diesem Ansatz offiziell von dem Ziel, Tierschutz für alle, nicht nur für einige Nutztiere durchzusetzen. Bei 80 Prozent der Tiere duldet sie offenbar eine Haltung, die den offiziellen „Tierwohl“-Standards – wie gut auch immer diese sein werden – nicht entspricht.
Aus Sicht von foodwatch ist das ein verfehlter Ansatz. Denn nicht nur verpflichten das Grundgesetz und das Tierschutzgesetz die Bundesregierung, Tierschutz auf jedes einzelne Tier zu beziehen. Die jahrelange Befassung mit einem solchen Label führt auch dazu, dass über eine ernsthafte Lösung der Probleme in der Tierhaltung nicht gesprochen wird. Deshalb ist das Siegel auch nicht „besser als nichts“, sondern kontraproduktiv, weil es die große Mehrheit der Tiere weiter weg von einer tiergerechten Haltung bringt. Gleichzeitig entsteht aber der Eindruck, die Bundesregierung packe das Thema Tierschutz so richtig an.
Ministerium schaltet Eigenlob-Kampagne
Genau diesen falschen Eindruck will Bundesminister Christian Schmidt aber offenbar ganz bewusst erwecken. In einer steuerfinanzierten Anzeigenkampagne (siehe Bild), zu sehen auf der Internetseite des Ministeriums oder auf der Startseite von Spiegel Online, rühmt sich sein Ministerium, „mehr Tierwohl“ bereits „geschafft“ zu haben. Mit einem Siegel, dessen Kriterien noch nicht feststehen und das vielleicht 2018, vielleicht aber auch erst später kommen könnte. Geht es da noch ernsthaft um das Wohl der Tiere?
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Um wirklich alle Nutztiere zu erreichen, fordert foodwatch EU-weite gesetzliche Vorgaben, die tiergerechte Haltungsbedingungen vorschreiben – und ebenso verbindliche Zielvorgaben für die Tiergesundheit. Unterstützen Sie jetzt unsere E-Mail-Aktion für eine echte Tierhaltungswende: