FOOD, Inc. – Doku über die Macht der Konzerne
Von der Kuh bis zum Kommerz: Die Dokumentation „Food, Inc.“ ist jetzt auch in Deutschland erschienen. Der Berlinale-Erfolg von 2009 zeigt beeindruckend, wie eine Handvoll Konzerne darüber bestimmt, was wir essen und was wir über unser Essen wissen dürfen. Und wie wichtig es ist, dass Verbraucher sich gemeinsam dagegen wehren.
47.000 Produkte führt ein durchschnittlicher amerikanischer Supermarkt. Das Angebot scheint grenzenlos. Doch betrachtet man die augenscheinliche Vielfalt genauer, zeichnen dafür nur eine Handvoll Firmen verantwortlich. Das stellen Produzent und Regisseur Robert Kenner und die Journalisten Eric Schlosser und Michael Pollan bei ihren Recherchen über den amerikanischen Lebensmittelmarkt fest, die sie in ihrem Oscar-nominierten Film dokumentieren. 2009 eröffnete er das „Kulinarische Kino“ auf der Berlinale, nun ist „Food, Inc.“ in Deutschland auf DVD und BluRay erschienen.
Wenige große Konzerne beherrschen den Markt
Beispiel Fleisch: Gab es 1970 noch tausende von Schlachthöfen in den USA, gibt es heute gerade noch 13. Hühner werden heute in der Hälfte der Zeit wie vor 50 Jahren doppelt so schwer. Dabei nehmen sie so schnell zu, dass die Knochen die Fleischmassen nicht tragen können und die Tiere alle paar Schritte umkippen. Hühnerhalter werden durch hohe Kredite abhängig von den großen Fleischkonzernen. Wer die Tiere nicht nach deren Vorgaben hält, nämlich in riesigen Hallen ohne Tageslicht, oder wer Filmteams auf seine Anlage lässt, dem wird der Vertrag gekündigt.
Die gleichen Zustände herrschen auf dem Saatgutmarkt. 90 Prozent aller Sojabohnen in den USA enthalten Gene, auf die Monsanto ein Patent hat. Ehemalige Monsanto-Mitarbeiter, die in die Politik gewechselt sind, waren federführend an der Entscheidung beteiligt, gentechnisch veränderte Produkte nicht zu kennzeichnen. Mit dem Ergebnis, dass heute 70 Prozent aller verarbeiteten Produkte in einem amerikanischen Supermarkt gentechnisch veränderte Zutaten enthalten.
Widernatürliche Tierhaltung mit tödlichen Konsequenzen
Überrascht stellten die Filmemacher fest, dass sie bei ihren Recherchen immer wieder bei einer Pflanze landen: Mais. Durch hohe Subventionen ist Mais in den USA extrem billig. 90 Prozent aller industriellen Nahrungsmittel enthalten Zutaten entweder aus Mais oder Soja – Maltodextrin, Fructose oder Ascorbinsäure in Ketchup, Salatdressing, Cola und Erdnussbutter.
Doch vor allem landet der Mais in den Mägen von Rindern, Schweinen und Hühnern. Zum Teil mit fatalen Folgen: Wenn Rinder, von Natur aus Grasfresser, mit Mais gefüttert werden, fördert das die Vermehrung von E. coli-Bakterienstämmen, die für Menschen tödlich sein können. In „Food, Inc.“ zieht die Mutter eines verstorbenen Jungen das ernüchterte Fazit: „Die Industrie wird besser geschützt als mein Sohn.“
„Wir sollen die Wahrheit über das, was wir essen, nicht kennen“
Doch: „Die Industrie will nicht, dass wir wissen, woher unsere Lebensmittel kommen. Wir sollen die Wahrheit über das, was wir essen, nicht kennen – vielleicht würden wir es sonst nicht mehr essen wollen.“ Diese Aussage stellen die Filmemacher an den Anfang des Filmes. Und ziehen am Ende den Schluss, dass einer der wichtigsten Kämpfe der Verbraucher der Kampf um das Wissen darüber sei, was in unserem Essen ist und wie es hergestellt wurde. Mit aller Macht verhindern große Konzerne in Amerika, dass Verbraucher erfahren, wie ihr Essen hergestellt wird. Kritiker werden mit Prozessen überzogen und so mundtod gemacht.
Auch wenn manche der geschilderten Zustände zunächst „typisch amerikanisch“ scheinen, gibt es doch viele der gezeigten Entwicklungen auch in Europa. Auch hier erfahren Verbraucher oft nicht, was hinter dem schönen Schein der bunten Etiketten steckt. Den Kampf um das Wissen können Verbraucher gegen die geballte Lobby-Macht der Industrie aber alleine nicht gewinnen, dazu braucht es eine gemeinsame, starke Stimme – wie foodwatch.
foodwatch erhält für diese Rezension kein Geld und ist am Absatz der DVD in keiner Weise beteiligt.