Pressemitteilung 01.08.2012

Gelatine im Saft, Schweineborsten in der Brotherstellung, Milchzucker für Veganer: Versteckte Tierprodukte bei Valensina, Ritter Sport, funny frisch & Co. – foodwatch: Aigner muss Gesetzeslücke schließen

Multivitaminsäfte mit Gelatine, Fisch und Wild in Kartoffelchips: Viele vermeintlich vegane oder vegetarische Lebensmittel enthalten Tierprodukte, ohne dass dies auf der Verpackung angegeben werden muss.

Die Verbraucherorganisation foodwatch hat Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) mit einer heute gestarteten E-Mail-Aktion unter www.foodwatch.de/aktion-versteckte-tiere aufgefordert, die Gesetzeslücke zu schließen: „Der Gesetzgeber macht es den Verbrauchern nahezu unmöglich, Tierprodukte in Lebensmitteln zu meiden“, erklärte Oliver Huizinga von foodwatch. „Das ist eine Zumutung für Vegetarier und Veganer, aber auch für alle anderen Verbraucher, die gerade bei tierischen Lebensmitteln bewusste Kaufentscheidungen treffen, den Konsum reduzieren wollen oder nur bestimmte Formen der Tierhaltung unterstützen möchten.“ foodwatch hatte zuletzt vor allem über das soziale Netzwerk facebook eine Reihe von Anfragen zu einzelnen Produkten mit versteckten Tieren erhalten und dies zum Anlass für eine Recherche genommen.

Ohne Deklarationspflicht kommen tierische Bestandteile als Trägerstoffe von Aromen und Vitaminen in Lebensmittel. Zum Beispiel befindet sich in den Multivitaminsäften Valensina und hohes C (Eckes Granini) Gelatine als Träger von zugesetzten Vitaminen, wie die Hersteller auf Anfrage bestätigten. Chips-Produzent funny-frisch gab gegenüber foodwatch an, dass weite Teile seines Sortiments tierische Bestandteile enthalten, je nach Sorte Wild, Fisch, Geflügel, Rind oder Schwein. In der Zutatenliste muss dies nicht aufgeführt werden.

In anderen Fällen kommt es zu produktionsbedingten Verunreinigungen, so genannten Kreuzkontaminationen. So bietet die Schokoladenfirma Ritter Sport Sorten an, die gemäß Rezeptur frei von Milchbestandteilen sind – da in denselben Produktionslinien jedoch auch Milchschokolade hergestellt wird, kommt es zu Verunreinigungen. Ritter Sport hat solche selbst gemessen und gibt für die – eigentlich milchfreien – Sorten Halbbitter und Marzipan auf seiner Internetseite daher einen Milchzuckeranteil von 0,3 bis 0,4 Gramm pro 100-Gramm-Tafel an. Dennoch empfiehlt Ritter Sport die beiden Sorten im Firmenblog an die „lieben Freunde veganer Schokolade“ – und zwar mit den Worten: „Diese enthalten keine Milchbestandteile“. „Das ist so falsch wie irreführend“, kritisierte Oliver Huizinga von foodwatch. Bei Katjes müssen Verbraucher ebenfalls damit rechnen, dass es bei den Fruchtgummis aus der aktuellen „Veggie“-Kampagne des Unternehmens zu Gelatine-Verunreinigungen kommen kann. Katjes wollte die Anfrage von foodwatch nicht beantworten, ob der Hersteller diese ausschließen kann.

Auch bei technischen Hilfsstoffen kommen Tierbestandteile zum Einsatz, ohne dass dies für Verbraucher erkennbar ist. Zum Klären von Wein und Saft setzen einige Anbieter auf Gelatine. Die Aminosäure L-Cystein dagegen kommt in Bäckereien zum Einsatz, sie macht Mehl leichter knetbar – gewonnen wird sie zum Beispiel aus Schweineborsten oder Federn.

Um Transparenz und Wahlfreiheit zu erreichen, fordert foodwatch eine gesetzliche Klarstellung:

 1.   Wo Zutaten oder Verarbeitungshilfsstoffe tierischen Ursprungs eingesetzt werden, muss dies deutlich erkennbar sein. Das gilt auch für tierische Bestandteile in Aromen, Zusatzstoffen und technischen Hilfsstoffen, die während des Produktionsprozesses zum Einsatz kommen. Wer vollständig auf Zutaten tierischen Ursprungs verzichten möchte, muss die Möglichkeit dazu haben.

 2.   Die Begriffe „vegan“ und „vegetarisch“ müssen wie folgt rechtlich definiert werden:

  • Vegetarisch: Ohne Zutaten, die von einem toten Tier stammen, hergestellt (Ovo-Lacto-Vegetarismus) – erlaubt sind Ei- und Milchprodukte
  • Vegan: Ohne tierische Lebensmittel (einschließlich Milch- und Eiprodukte) hergestellt

Wird ein Produkt ausdrücklich als „vegan“ oder „vegetarisch“ ausgelobt oder beworben, muss der Hersteller auch jegliche Kreuzkontamination ausschließen können.