Presseaussendung 12.12.2024

Geleakter EU-Vorschlag zu Mineralöl in Lebensmitteln: foodwatch fordert strengeren Schutz für Konsument:innen

Deutliche Schwächen im Hinblick auf den Schutz der Konsument:innen sowie ein besonderes Risiko für gefährdete Gruppen wie Säuglinge und Kleinkinder: Der foodwatch vorliegende Entwurf für die geplante EU-Verordnung zur Minimierung von Mineralölverunreinigungen in Lebensmitteln ist aus Sicht der Konsument:innenorganisation unzureichend. Zwar stellt dieser einen wichtigen Schritt zur Einführung verbindlicher Grenzwerte für die als potenziell krebserregend geltenden aromatischen Mineralölkohlenwasserstoffe (MOAH) dar. Im Vergleich zu einer früheren Version des Textes, die Ende 2023 von foodwatch eingesehen wurde, ist der aktuelle Entwurf deutlich weniger ambitioniert. foodwatch fordert die Mitgliedstaaten auf, dem Lobbydruck der Industrie zu widerstehen und die Gesetzgebung im Sinne des öffentlichen Gesundheitsschutzes zu stärken.

„Nach Jahren alarmierender Testergebnisse und öffentlichen Drucks hat die Europäische Kommission endlich einen Schritt unternommen, um Mineralölverunreinigungen in Lebensmitteln zu regulieren. Dem aktuellen Entwurf fehlt jedoch die notwendige Schärfe, um Konsument:innen umfassend zu schützen. Es liegt nun an den Mitgliedstaaten, auf eine starke Regulierung zu drängen. Zu lange hat die Indutrie Konsument:innen unnötigerweise mutmaßlich genotoxischen Karzinogenen ausgesetzt, die in unseren Lebensmitteln nichts zu suchen haben. Der einzig akzeptable Rückstandswert für Mineralöl in unseren Lebensmitteln lautet: null!“, erklärt Natacha Cingotti von foodwatch International.

Der Entwurf der Europäischen Kommission zur Regulierung von Mineralölverunreinigungen in Lebensmitteln wird aktuell mit den EU-Mitgliedstaaten diskutiert. Eine Sitzung der zuständigen Arbeitsgruppe der Mitgliedstaaten findet in diesen Tagen in Brüssel statt, eine Einigung wird im ersten Quartal 2025 erwartet.

Nach Ansicht von foodwatch weist der geleakte Entwurf aus dem Juni 2024 drei wesentliche Schwachstellen auf:

  • Zu hohe Grenzwerte:

Die vorgeschlagenen Grenzwerte für einige Rohstoffe wie Pflanzenöle, Oliventresteröle und Fischöle sind inakzeptabel hoch.

  • Unverhältnismäßig lange Übergangsfristen:

Auch wenn eine schrittweise Einführung neuer Vorschriften notwendig sein kann, sind die vorgeschlagenen Übergangsfristen für bestimmte Lebensmittel unverhältnismäßig lang. Die Industrie ist seit Jahren über das Problem der Mineralölverunreinigung informiert. Bereits 2015 hat foodwatch erste Produkttests veröffentlicht. Seitdem haben kontinuierliche Fortschritte in der Messtechnik gezeigt, dass strengere Grenzwerte schneller umgesetzt werden könnten.

  • Unzureichender Schutz für gefährdete Gruppen:

Der Entwurf bezieht zwar Säuglingsnahrung und (Klein-)Kindergetränke mit ein, was ein positiver Schritt ist. Allerdings bleiben einige der vorgeschlagenen Grenzwerte für diese Produkte, insbesondere solche mit einem Fettgehalt von über 50 Prozent zu hoch. Säuglinge und Kleinkinder sind besonders anfällig für die gesundheitlichen Risiken von MOAH, weshalb ein strikter Null-Toleranz-Standard notwendig ist.

„Diese Gesetzgebung bietet eine seltene Gelegenheit, Millionen von EU-Bürger:innen vor unnötigen Verunreinigungen durch schädliche Mineralöle zu schützen. Die Mitgliedstaaten müssen entschlossen handeln, um die Lücken im Entwurf zu schließen und eine Verordnung zu verabschieden, die die öffentliche Gesundheit über Industrieinteressen stellt“, fordert Natacha Cingotti von foodwatch.

In den letzten zehn Jahren hat foodwatch konsequent auf die Problematik der Mineralölverunreinigung aufmerksam gemacht - durch umfassende Produkttests und den Einsatz für eine strikte EU-Regulierung. Bereits 2015 veröffentlichte foodwatch Labortests, die Mineralölverunreinigungen in vielen Lebensmitteln wie Reis, Nudeln oder Cornflakes nachwiesen. Die Testergebnisse von 2021 spielten eine entscheidende Rolle bei der Initiierung des aktuellen Vorschlags für eine verbindliche Regulierung. foodwatch begrüßt diese längst überfällige politische Entwicklung, sieht jedoch erheblichen Verbesserungsbedarf, damit das zukünftige Gesetz den Konsument:innenschutz effektiv erhöht.

Rund 185.000 Menschen haben bereits die foodwatch-Petition für einen Null-Toleranz-Ansatz bei Mineralölverunreinigungen in Lebensmitteln unterzeichnet.

Quellen und zusätzliche Informationen:
Geleakter EU-Vorschlag: Link
foodwatch-Petition „Kein giftiges Mineralöl in unseren Lebensmitteln!“: Link