Wie alles begann
20 Jahre unabhängiger Einsatz für den Konsument*innen-Schutz
Vor 20 Jahren hat Thilo Bode foodwatch in Deutschland gegründet, um damit ein Gegengewicht zur Macht der Konzerne zu schaffen. In folgendem Video blickt er auf 20 Jahre foodwatch zurück. Er erklärt, wieso es foodwatch heute mehr denn je braucht. Und er macht deutlich, wie wichtig es ist, unabhängig handeln zu können.
Die Geschichte von foodwatch
Thilo Bode blickt zurück auf einen 20 Jahre langen Kampf: für die Rechte der Konsument*innen, für sicheres und gesundes Essen - und gegen eine mächtige Lebensmittellobby.
Wir haben Thilo zum Gespräch getroffen
Was war der auslösende Moment, als du dir gedacht hast: „So, jetzt ist‘s genug, jetzt braucht es eine coole, neue NGO?“
Es waren viele Gespräche. Die meisten haben gesagt: „Ja das ist richtig, da muss man irgendwas tun.“ Aber ehrlich gesagt, ich habe das auch gemacht, ohne überhaupt ausreichend zu analysieren, welche Rechte Verbraucher*innen eigentlich haben oder haben sollten.
Was war denn deine persönliche Motivation dazu?
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man – bei genügend Engagement – in einer kämpferischen Nichtregierungsorganisation einen gewissen Einfluss auf die öffentliche Meinung hat. Ich möchte nicht sagen, dass die Chancen sehr groß sind, etwas Grundlegendes zu verändern, aber ohne dieses Engagement ginge wohl überhaupt nichts voran. Es war für mich immer klar, dass ich irgendwas machen muss, wo ich im politischen Geschehen mittendrin bin.
Was war damals dein Ziel? Was dachtest du, werdet ihr in 10, in 20 Jahren erreicht haben?
Ehrlich gesagt, ich hatte überhaupt keine Ziele. Ich könnte nicht mal sagen, was wir damals eigentlich erreichen wollten. Außer, dass wir eine kleine, kämpferische Organisation haben, die im Lebensmittelmarkt für die Rechte der Verbraucher*innen kämpft. Seit mehreren Jahren ist foodwatch auch in Frankreich und in den Niederlanden tätig. Und seit kurzem – und darüber bin ich sehr glücklich – auch in Österreich.
Was wir allerdings mit Sicherheit wissen: Die Industrie, die Lebensmittelkonzerne und die Politik schaut auf uns. Wir spielen schon eine gewisse Rolle in der öffentlichen Diskussion und Politiker*innen und Konzerne sind vorsichtiger geworden. Sie wissen, wir schauen ihnen auf die Finger.
Was hat foodwatch deiner Meinung nach bisher erreicht?
Meiner Meinung nach ist immer noch der vorherrschende Glaube, dass Verbraucher*innen durch ihr Einkaufsverhalten den Lebensmittelmarkt ändern könnten. Dass sie den Markt dadurch steuern könnten. Das ist mit Sicherheit nicht der Fall, denn durch Kaufentscheidungen kann ich keine Regulierung kaufen. Die muss schon der Staat machen und die wird der Staat nur machen, wenn er sich gegen die Interessen der Lebensmittelkonzerne und der Agrarindustrie durchsetzen kann. Mit foodwatch haben wir deutlich klargemacht, in welchem Ausmaß Wirtschaftsinteressen die Verbraucher*innen-Interessen im Lebensmittelmarkt ausheben.
Zusammengefasst würde ich sagen, dass wir erfolgreich darin waren, Probleme aufzuzeigen. Aber es ist uns eben noch nicht gelungen, Lösungen wirklich flächendeckend durchzusetzen. Wir können das nur schaffen mit der Hilfe von Verbraucher*innen, die uns unterstützen. Wir hoffen natürlich, dass uns das in Österreich auch so gelingen wird, wie in den anderen Mitgliedstaaten, wo wir aktiv sind.
Was macht foodwatch als Organisation aus?
Im Vergleich zu vielen anderen sind wir klein. Wachstum ist nicht unser Ziel, sondern unser Ziel ist die Änderung der Verhältnisse. Ich glaube, dass man als Nichtregierungsorganisation vielleicht besser arbeiten kann, wenn man kleiner ist. Bürokratie und Größe sind für eine Kampagnenorganisation eher hinderlich. Und natürlich müssen wir auch in Brüssel vertreten sein. Die wenigsten Menschen wissen, dass praktisch alle Lebensmittelgesetze in Brüssel gemacht werden.
Ein weiterer Punkt ist, dass unsere Büros sehr gut zusammenarbeiten und wir dadurch effektiver sind. Gemeinsam können wir viel mehr erreichen, als wenn wir in den Ländern, in denen foodwatch vertreten ist, einzeln vorgehen. Die international abgestimmte, effektive Koordination ist eine der Stärken von foodwatch.
Was möchtest du dem neuen foodwatch Büro in Österreich gerne mitgeben?
Der Lebensmittelmarkt kann nicht mit dem Einkaufskorb geändert werden. Rechte im Lebensmittelmarkt, Informationsrechte, Klagerechte, Schutzrechte – das sind alles Rechte, die mehr als das Essen betreffen. Es sind grundlegende demokratische Werte für die foodwatch einsteht. Und ich wünsche mir, dass foodwatch Österreich entschieden dafür eintritt.