Die NutriScore-Ampel kommt – oder?
Hallo und guten Tag,
wahrscheinlich haben Sie es bereits gehört – und es ist wirklich wahr: Auch in Deutschland soll es endlich eine Ampelkennzeichnung für Lebensmittel geben!
Nach langem Widerstand hat gestern Bundesernährungsministerin Julia Klöckner angekündigt, dass sie den „Nutri-Score“ – die französische Ampel – unterstützen wird. Es ist das erste Mal, dass sich die Bundesregierung für eine verbraucherfreundliche Nährwertkennzeichnung einsetzt. Soweit waren wir NOCH NIE!
Wir kämpfen bei foodwatch bereits seit mehr als 10 (!) Jahren für eine Nährwert-Ampel – ob in Frankreich oder hier, gegen erbitterte Widerstände in Industrie und Politik. Wir haben recherchiert, Studien durchgeführt und Bündnisse geschmiedet. Wir haben versucht, die französische Ampel in Deutschland bekannt zu machen und Unternehmen wie Politik davon zu überzeugen. Da können Sie sich vorstellen, dass bei uns im foodwatch-Team gestern erstmal die Sektkorken geknallt haben, als wir die gute Nachricht erhielten. Der gestrige Tag zeigt, dass es sich gelohnt hat. Möglich war all die Arbeit nur durch die fantastische Unterstützung unserer rund 40.000 Mitglieder, denen ich für ihr Vertrauen herzlich danken möchte. Deswegen möchte ich Sie heute bitten: Helfen auch Sie uns, konkreten Verbraucherschutz durchzusetzen:
Werden Sie noch heute Förderin/Förderer von foodwatch!
Viele fragen uns ungläubig: Kommt die Ampel denn jetzt auch wirklich in die Supermarktregale? Bei aller Freude über den gestrigen Tag – so weit ist es leider doch noch nicht. Denn der „Nutri-Score“ ist nur ein freiwilliges Modell: Die Bundesregierung wird ihn zwar ermöglichen. Ob ihn die Hersteller von Lebensmitteln aber auch auf ihre Packung drucken, bleibt einzig und allein ihnen selbst überlassen. Einzelne Unternehmen wie Iglo, Bofrost und Nestlé wollen dies tun – doch die Zuckerindustrie läuft Sturm gegen die Kennzeichnung, und auch der Lobbyverband der gesamten Lebensmittelwirtschaft hat bislang alles daran gesetzt, eine verständliche, farbige Nährwertangabe zu verhindern. Ich bin mir sicher: Es wird auch an uns liegen, den Nutri-Score auf die Packungen zu kriegen! Der Kampf für eine verbraucherfreundliche Kennzeichnung wird also weiter gehen. In den nächsten Monaten wollen wir so viele Unternehmen wie möglich dazu bringen, die Ampel umzusetzen – bitte helfen Sie uns dabei: Unterstützen Sie unsere Arbeit als Förderin/Förderer von foodwatch!
Anfang 2009 haben die Lobbyisten der Lebensmittelindustrie noch gejubelt: „Die Ampel ist tot“! Ja, ernsthaft: Mehr als zehn Jahre ist es her, dass wir uns erstmals für eine Ampelkennzeichnung stark gemacht hatten! Was folgte, bezeichneten nicht wenige Beobachter als „eine der größten Lobbyschlachten“ überhaupt.
Wie heute wollten auch vor zehn Jahren schon weite Teile des Gesundheitswesens, ob Ärzteverbände oder Krankenkassen, eine Ampel als Hilfe für gesunde Ernährung. Doch das Europaparlament stimmte 2010 schließlich dagegen – unter massivem Druck der Lebensmittelindustrie. Unternehmen und Verbände hatten Lobby-Stände aufgebaut – direkt im Gebäude des Europaparlaments (!). Und sie hatten nach eigenen Angaben EU-weit eine Milliarde Euro (!) investiert, um die Ampel zu verhindern. Leider mit Erfolg. Wir haben uns davon jedoch nicht unterkriegen lassen und weiter gekämpft – ohne die Unterstützung unserer Mitglieder wäre das nicht möglich gewesen. Immerhin gab es damals einen Teilerfolg für den Verbraucherschutz : Erstmals schrieb die EU vor, dass Lebensmittelpackungen überhaupt Nährwertangaben tragen müssen. Doch die Wermutstropfen überwiegten. Nicht nur kam keine Ampel – die EU legte auch noch fest, dass es Mitgliedsstaaten wie Deutschland seither verboten (!) ist, selbst eine verpflichtende Nährwertkennzeichnung einzuführen. Dass wir uns heute also schon über eine rein freiwillige Ampel freuen müssen und davon abhängig sind, ob die Unternehmen mitmachen oder nicht: Ein Lobbyerfolg der Lebensmittelindustrie, den wir bis heute spüren! Die Ampel-Geschichte zeigt beispielhaft, wie es um die Kräfteverhältnisse in der Lebensmittelpolitik bestellt ist und welch langen Atem wir brauchen, um etwas zu bewegen.
Machen wir uns nichts vor: Für die Industrie geht es bei ihren „Lobbyschlachten“ um die Macht, darum, wer in der Ernährungspolitik eigentlich die Entscheidungen trifft und wessen Interessen im Vordergrund stehen: Lange Zeit durfte sie weitgehend selbst bestimmen, was sie auf ihre Packungen druckt und was nicht – und jetzt wollen diese dreisten Verbraucherinnen und Verbraucher einfach mitreden… Ja, das wollen wir! Und deshalb bauen wir bei foodwatch eine europaweite Gegenbewegung auf, denn wir Verbraucherinnen und Verbraucher wollen mitreden, wenn es um unser Essen geht! Stärken Sie uns den Rücken, um dem Einfluss der Lebensmittelindustrie etwas entgegenzusetzen: Werden Sie jetzt Förderin/Förderer von foodwatch!
Bei der Ampel werden die nächsten Monate ganz entscheidend sein. Helfen Sie uns mit, ganz konkret zwei Ziele zu erreichen: Wir wollen so viele Unternehmen wie möglich dazu bringen, den Nutri-Score auf die Packungen zu drucken und damit in die Supermärkte zu bringen. Und wir wollen die Debatte neu entfachen, um die französische Ampel zur EU-weit verbindlichen Nährwertkennzeichnung für alle verpackten Lebensmittel zu machen. Unterstützen Sie unsere Arbeit und werden Sie bitte jetzt Förderin/Förderer von foodwatch!
Vielen Dank und herzliche Grüße
Martin Rücker, Geschäftsführer