Unser Werbeschmäh des Monats November geht an den Traditions-Stollen von Ölz. Die Aufmachung lässt uns ein weihnachtliches Gebäck nach traditioneller Rezeptur erwarten. Im Produkt befinden sich aber Zutaten, die wenig mit Tradition zu tun haben.
Weihnachtskekse und Gebäck aus dem Supermarkt werben oft mit traditioneller Herstellung oder traditioneller Rezeptur. Wer sich dabei Naschereien erwartet, die an Omas Backkünste erinnern, wird enttäuscht. In vielen Produkten sind Zutaten drin, die Oma vermutlich nicht verwenden würde. So auch im Traditions-Stollen der österreichischen Firma Ölz.
Der traditionelle Stollen mit Palmfett
Entgegen seinem Namen enthält der Traditions-Stollen jede Menge Zutaten, die nichts mit traditionellem Backhandwerk zu tun haben. foodwatch ist der Ansicht: Palmfett hat nichts in einer typischen Weihnachtsbäckerei zu suchen. Auch Feuchthaltemittel oder Guarkernmehl haben mit einer traditionellen Rezeptur wenig zu tun.
Das sagt der Hersteller
Wir haben bei Ölz nachgefragt, warum ihr Stollen, der mit Tradition im Namen wirbt, Zutaten wie Palmfett und Guarkernmehl enthält. Die Antwort:
Danke für ihr Feedback und ihre kritische Anregung hinsichtlich der Namensgebung. Wir nehmen diesen Aspekt in unsere zukünftigen Überlegungen mit auf. […] – Ölz, 08.11.2023.
Auf die Frage, warum Ölz Palmöl und Guarkernmehl in einem Traditions-Produkt verwenden, antwortet der Hersteller lediglich, dass die Zutaten aus qualitativen und herstellungstechnischen Gründen nicht zu ersetzen sind.
Tradition als Werbemasche
Nostalgische Versprechen von Handwerkskunst und alter Tradition sollen uns Konsument:innen wohl ein Gefühl von Vertrauen und Qualität vermitteln. Sie lassen vermuten, dass ein solches Produkt weniger stark verarbeitet ist und hochwertige Zutaten enthält. Unter diesem Deckmantel können sich aber auch billige Industrie-Zutaten verbergen. Ölz ist da nicht der einzige Hersteller.
Mit 330 Jahren Backtradition wirbt der Hersteller Lambertz auf seinen Vanillekipferln. Von Butter, wie wir sie in selbst gemachten Vanillekipferln verwenden würden, keine Spur. Dafür findet sich reichlich Palmfett in der vermeintlich traditionellen Rezeptur.
Die Original Punschwürfel von Guschlbauer sollen nach österreichischer Tradition gebacken worden sein. In der Zutatenliste findet sich auch bei diesem Produkt einiges, was wohl wenig mit Tradition zu tun hat. Auch im Weihnachts-Teegebäck von Gaber suchen wir vergeblich nach „Echter Tiroler Backtradition“. Auch Gaber verwendet unter anderem Palmöl. Ein weiteres Beispiel: Clever, die österreichische Eigenmarke von Billa, mischt Palmfett in die vermeintlich traditionelle Rezeptur.
Keine rechtliche Definition für „Traditionelle Herstellung”
Begriffe wie „aus Omas Backstube”, „nach alter Backtradition” oder „nach traditioneller Rezeptur” kann jeder Hersteller verwenden, ohne sich an rechtliche Auflagen halten zu müssen. Das Produkt kann durchaus Zutaten enthalten, die nichts mit einer traditionellen Rezeptur zu tun haben.
Palmöl und Palmfett sind billige Industrie-Zutaten
Palmöl ist ein beliebter Rohstoff in der Lebensmittelindustrie. Verwendet wird die Zutat wegen ihrer praktischen Eigenschaften: fest bei Zimmertemperatur und außerdem hitzebeständig und geschmacksneutral. Palmöl ist weltweit eines der billigsten Pflanzenöle.
Der Palmöl-Hunger zerstört die Umwelt
Palmölplantagen befinden sich sehr häufig in besonders artenreichen Welt-Regionen wie Indonesien oder Malaysia. Das wirkt sich negativ auf die Biodiversität aus. Denn durch Palmölplantagen geht der Lebensraum vieler Pflanzen und Tiere verloren. Außerdem haben Palmölplantagen einen hohen CO2-Fußabdruck. Das Abholzen von Wäldern und das Trockenlegen von Moorböden für die Entstehung von Palmölplantagen trägt seinen Teil dazu bei.
foodwatch findet: Produkte sollten nicht mit Prädikaten wie „nach alter Tradition” oder „nach traditioneller Rezeptur“ beworben werden, wenn sie Zutaten enthalten, die eindeutig vor allem der industriellen Herstellung dienen. Diese haben nämlich oft wenig mit traditioneller Backkunst zu tun.