Artikel 21.11.2024

Stollen und Spekulatius im Check: Wie viel Tradition steckt im Weihnachtsgebäck?

Klassisches Weihnachtsgebäck, wie Stollen oder Spekulatius, gehört für die meisten fest zur Vorweihnachtszeit. Aber wie viel Tradition ist bei den Weihnachts-Backwaren aus dem Supermarkt noch übrig? Und wo wird das Original-Rezept mit günstigen Industrie-Zutaten ersetzt? Wir haben den Produkt-Check gemacht.  

Festliche dekorierte Weihnachtsaufsteller, gut gefüllt mit Stollen, Spekulatius und Kuchen, stehen aktuell in jedem gut sortierten Supermarkt. Unser Weihnachts-Check zeigt: Der Großteil dieses „klassischen“ Weihnachtsgebäcks hat mit dem Familien-Rezept kaum noch etwas zu tun. In 31 der von uns untersuchten 40 Stollen, Spekulatius und Weihnachtskuchen steht die Industriezutat Palmöl in der Zutatenliste.  

Stollen: Traditionelles Rezept nur im Slogan 

Die Tradition, an Weihnachten Stollen zu backen und zu essen, geht schon Jahrhunderte zurück. In den österreichischen Supermärkten ist von der Backtradition aber nicht mehr viel übrig: 14 verschiedene Stollen haben wir bei Billa, Spar, Hofer, Lidl und Penny gefunden – alle enthalten Palmöl. Die importierte Zutat aus den Tropen hält Ölz nicht davon ab, seinen Stollen als „Traditionsstollen“ zu betiteln. Auch der Hersteller Kuchenmeister wirbt mit seiner „Backtradition seit 1884“ - und streckt die teure Zutat Butter sogar im „Butterstollen” mit günstigem Palmöl.  

Spekulatius: Dreiste Traditions-Werbelügen  

Mandel-, Gewürz- oder Butter-Spekulatius gibt es in den Supermärkten mittlerweile in zahlreichen Ausführungen. Insgesamt 20 verschiedene Produkte haben wir bei unserem Check gefunden. Nur acht von ihnen kommen ohne Palmöl aus. Dabei handelt es sich in allen Fällen um Butter-Spekulatius.  

  

Besonders dreist: clever bewirbt seine Gewürzspekulatius mit dem Zusatz „nach traditioneller Rezeptur”. Auch auf den Borggreve Mandelspekulatius heißt es „Von Meisterhand gebacken nach traditionellem Grafschafter Familienrezept“. Beide Produkte enthalten die Industrie-Zutat Palmfett.  

Winterkuchen: Neuer Weihnachtstrend unter der Lupe 

Neben den klassischen Leckereien haben manche Hersteller, wie Ölz oder Bahlsen, ihr Sortiment um sogenannte Weihnachts- oder Winterkuchen erweitert. Auch hier steht in fünf der sechs untersuchten Produkte Palmöl in der Zutatenliste.  

Übrigens: Bei unserem Weihnachts-Check zeigt sich der Zusatz des günstigen Palmöls nicht im Preis der Produkte: Im Durchschnitt waren die Spekulatiusprodukte mit Palmöl pro 100 g sogar noch teurer als die Produkte ohne Palmöl. 

Alle Produkte unserer Auswertung inklusive Preis pro 100g findest du in dieser Liste zum Download:  

Übersicht aller Produkte zum Download

Selbst backen: Vorsicht vor verstecktem Palmöl 

Traditionelle Weihnachtsrezepte kommen in der Regel ohne Palmöl aus. Aber Vorsicht: Die eigene Herstellung schützt nicht automatisch vor Palmöl im Weihnachtsgebäck. Denn selbst in Backzutaten, wie Schokoladenglasur oder Streuseln, haben wir Palmöl gefunden.  

Palmöl: Günstiger Rohstoff mit schlimmen Folgen 

Palmöl steht schon seit vielen Jahren in der Kritik: Der Rohstoff, der tausende Kilometer weit nach Österreich importiert wird, schadet der Umwelt, der Artenvielfalt, den Menschen in den Anbaugebieten und unserer Gesundheit als Konsument:innen von verarbeiteten Palmöl-Produkten. Dabei könnten Hersteller die Zutat leicht durch nachhaltigere und verantwortungsbewusstere Alternativen ersetzen.   

„Traditionelle Herstellung“ nicht geschützt 

Das Problem: Es gibt keine rechtlichen Auflagen für Begriffe wie „nach traditioneller Rezeptur“, „nach traditionellem Rezept“ oder „Backtradition“ – jeder Hersteller kann sie einfach benutzen, auch wenn er zum Beispiel nicht-traditionelle Zutaten wie Palmöl verwendet. Eine gesetzliche Regelung, die Konsument:innen vor dieser Irreführung schützt, fehlt.  

foodwatch fordert: Es braucht ein Gesetz, dass Werbe-Begriffe rund um „Tradition“ an bestimmte traditionelle Zutaten knüpft. Hersteller, die industrielle Zutaten wie Palmöl verwenden, sollten ihre Produkte nicht als „traditionell“ bewerben dürfen.