Herkunftsangaben: Sag' mir, woher du kommst...

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Das Fleisch für den Schwarzwälder Schinken muss nicht aus dem Schwarzwald kommen, die Länderangabe auf dem Eierkarton kann alles oder nichts bedeutenHerkunftsangaben sind oft nicht eindeutig und häufig ziemlich verwirrend – ein Überblick über die verschiedenen Kennzeichnungen und ihre Bedeutung.

Woher ein Produkt stammt, ist für Verbraucher in den meisten Fällen kaum nachzuvollziehen. Eine umfassende, einheitliche Herkunftskennzeichnung gibt es nicht. Das macht zum Beispiel dem Verbraucher das Leben schwer, der lange Tiertransporte vermeiden oder mit seinem Einkauf lokale Bauern unterstützen möchte. Welche Angaben finden sich heute auf Lebensmitteln und was bedeuten sie?

Obst und Gemüse: Anbauland muss angegeben werden

Bei frischem Obst und Gemüse müssen die Verbraucher über das Anbauland informiert werden. Dies ist in der EU-Verordnung 1182/2007 geregelt, die am 1. Januar 2008 in Kraft trat. Die Angabe muss gut lesbar auf der Verpackung stehen, bei lose verkauftem Obst oder Gemüse muss ein Schild im Laden auf das Anbauland hinweisen – allerdings hält sich nicht jedes Geschäft an diese Vorgabe. Ausnahmen gelten unter anderem für Bananen, Kartoffeln, Oliven oder Kokosnüsse, die unter andere europäische Verordnungen fallen und für die es keine Kennzeichnungspflicht gibt.

Identitätskennzeichen für Milch und Fleisch

Bei Milch- und Fleischprodukten ist die Kennzeichnung genauer geregelt. Für sie ist das ovale Identitäts- oder Genusstauglichkeitskennzeichen vorgeschrieben, das von seiner Gestaltung her an Länderkennzeichen für Autos erinnert. Das Siegel ist allerdings nicht für Verbraucher gedacht und für sie auch zunächst einmal wenig aufschlussreich, sondern ein Hinweis für die Kontrollbehörden, die Tierprodukte mit Hilfe der Veterinärkontrollnummer des Siegels rückverfolgen können.

Die Kontrollnummer beginnt mit einem Kürzel für den EU-Staat (zum Beispiel "DE" für Deutschland) und endet mit dem Kürzel "EG", "EWG" o.ä. für Erzeugnisse aus der Europäischen Union. Dazwischen steht die Zulassungsnummer des Herstellerbetriebes, die aus der Angabe der Region bzw. des Bundeslandes besteht, in dem der Betrieb gemeldet ist, gefolgt von einer Ziffernreihe. Bei älteren Zulassungsnummern steht zum Teil noch eine Abkürzung für die Betriebsform (z.B. "ES" für Schlachtbtrieb, "EP" für Eiproduktbetrieb, "SFB" für Seperatorenfleischbetrieb etc.). Mit Hilfe dieser Buchstaben und Ziffern lässt sich beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit ermitteln, um welchen Betrieb es sich handelt. Alle Angaben beziehen sich jedoch nur auf den letzten Ort der Verarbeitung, nicht auf den Ursprung der Produkte. Weil die Informationen zudem nur schwer und für ausgesprochen gut informierte Verbraucher zu finden sind, stellen sie keinen Ersatz für verständliche Herstellerangaben auf der Packung dar.

Besondere Kennzeichnung bei Rindfleisch seit BSE

Infolge des BSE-Skandals bestehen für unverarbeitetes Rindfleisch strengere Kennzeichnungsvorgaben, festgelegt in der EU-Verordnung 1760/2000. Aus den obligatorischen Angaben geht hervor, wo das Rind geboren, gemästet, geschlachtet und zerlegt wurde. Der Ort der Geburt, Mast und Schlachtung muss jeweils mit dem Namen des Staates genannt werde. Zu den Pflichtangaben gehören außerdem die Zulassungsnummern von Schlachthof und Zerlegungsbetrieb sowie eine Referenznummer, die die Rückverfolgbarkeit zu einem Einzeltier oder einer Gruppe von Tieren ermöglicht. Die Kennzeichnungspflicht endet allerdings schon bei gemischtem Hackfleisch, wenn der Rindfleischanteil nicht mehr als die Hälfte ausmacht. Oder bei "küchenfertigem", also gewürztem Rinderhack – dieses gilt bereits als verarbeitet. 

Seit April 2015 ist die Kennzeichnung des Ortes von Aufzucht und Schlachtung auch auf Geflügel-, Schweine-, Schaf-, und Ziegenfleisch ausgeweitet worden – zunächst nur auf  vorverpacktem frischem, gekühltem oder gefrorenem Rind-, Schweine-, Schaf-, Ziegen- und Geflügelfleisch. Seit Anfang 2024 gilt diese Regelung in Deutschland auch für nicht vorverpacktes Fleisch, also unverarbeitetes Fleisch zum Beispeil an der Fleischtheke beim Metzger oder im Supermarkt. Wird das Fleisch gewürzt oder anderweitig verarbeitet, entfällt die Kennzeichnungspflicht jedoch.

Auf Eiern gibt der Stempel Auskunft

Eier müssen seit Anfang 2004 EU-weit mit einem Stempel versehen werden. Er gibt nicht nur Auskunft über die Haltungsform, sondern auch über die Herkunft. So steht ein Buchstabenkürzel für das Ursprungsland (zum Beispiel "DE" für Deutschland), ein sechsstelliger Zahlencode für den Legebetrieb. Mit Hilfe dieser Ziffernfolge können Verbraucher zum Beispiel auf der Internetseite was-steht-auf-dem-ei.de den Weg eines Eis bis zum Hühnerstall zurückverfolgen. Auch hier sind die Angaben auf der Verpackung chiffriert, die eigentlichen Informationen muss sich der Verbraucher erst selbst beschaffen. Für Verwirrung sorgt häufig zudem, dass auf dem Eierkarton andere Angaben als auf dem Stempel der Eier stehen. Italienische Eier im Karton aus Deutschland – das ist völlig legal, wenn die Eier von einem intalienischen Hof stammen, aber erst in Deutschland in den Karton gepackt wurden. Maßgeblich für die Herkunft des Produkts ist also immer der Stempel, gleich, was auf dem Karton steht.

EU-weiter Schutz für regionale Spezialitäten

Für Produkte aller Art können zudem die wenig bekannten Herkunftskennzeichen der Europäischen Union beantragt werden. Diese sollen regionale Spezialitäten schützen. Zuletzt hat beispielsweise eine Regionalgemeinschaft die Bezeichnung "Schwäbische Maultasche" schützen lassen. Damit verbunden sind bestimmte Regeln für Produktion und Rezeptur – wer sich daran nicht hält oder außerhalb der festgelegten Region sitzt, darf sein Produkt nicht "Schwäbische Maultasche" nennen. Wer dagegen alle Bedingungen eines geschützten Produktes erfüllt, darf zudem nach Maßgabe der EU-Verordnung 1898/2006 eines der beiden europäischen Siegel tragen:

Geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.)

Für eine "geschützte Ursprungsbezeichnung" (g.U.) gibt es ein rotes Siegel. Es besagt, dass die Produkte in einer definierten Region erzeugt, verarbeitet und hergestellt werden müssen. Als g.U. anerkannt sind in Deutschland eine Reihe von Mineralquellen und etwa der "Allgäuer Bergkäse" oder die "Lüneburger Heidschnucke". Bei diesen Produkten ist die Herkunft eindeutig: Sie stammen mit all ihren Bestandteilen aus der genannten Region.

Geografisch geschützte Angabe (g.g.A.)

Bei "geschützten geografischen Angaben" (g.g.A.), für die ein blaues Siegel steht, gelten dagegen niedrigere Anforderungen. Hier muss nur ein Arbeitsschritt in der genannten Region erfolgen. Die Konsequenz ist für Verbraucher häufig irreführend: "Spreewaldgurken", die nicht aus dem Spreewald stammen, "Schwarzwälder Schinken" von Schweinen, die den Schwarzwald nie gesehen haben – und das, obwohl beide Bezeichnungen als g.g.A. anerkannt sind. Der Schinken etwa muss zwar im Schwarzwald geräuchert werden. Die Schweine aber können aus dänischen Großmästereien kommen, ihr Fleisch wird nur um des Namens willen zur Räucherung in den Schwarzwald transportiert, um am Ende in eine mit traditionellen Schwarzwald-Motiven bedruckte Plastikverpackung gesteckt zu werden. Das ist nicht nur verwirrend, sonder auch unsinnig: Unnötige Transportwege entstehen, und eine eigentlich nur in begrenzter Menge zu produzierende regionale Spezialität kann plötzlich in großer Stückzahl für den Massenmarkt hergestellt werden. 

Karte: Alle deutschen Produkte mit geschützer geografischer Angabe (g.g.A.) oder geschützter Ursprungsbezeichnung (g.U.) – Quelle: Leibniz-Institut für Länderkunde e. V. (IfL), Leipzig

Regionalschwindel im Supermarkt

Wer also genauer wissen möchte, wo Lebensmittel wirklich herkommen, hat es meistens schwer. Dabei halten rund 9 von 10 Bundesbürgern Angaben zur Herkunft für wichtig. Trotzdem fehlt auf den meisten Produkten eine solche Kennzeichnung, da sie nicht verpflichtend vorgeschrieben ist. Regelmäßig werden Verbraucher im Supermarkt mit irreführenden Regionalangaben getäuscht. Ganz legal täuschen Produzenten mit wolkigen Werbelandschaften und Aussagen wie „Aus der Region“ oder „Heimat“ Regionalität nur vor – auch wenn die Zutaten von weit her kommen. 

foodwatch fordert eine gesetzliche Herkunftskennzeichnung: Lebensmittelhersteller müssen verpflichtet werden, die Herkunftsländer der Hauptzutaten ihrer Produkte anzugeben. Mit regionaler Herkunft darf nur dann geworben werden, wenn dies durch die tatsächliche Herkunft der Zutaten gedeckt ist und die Ursprungsregion (für Deutschland mindestens bundeslandgenau) für alle Zutaten angegeben wird.