Netto Markendiscount stoppt Verkauf von Adventskalender
Netto Markendiscount hat den Verkauf seines mineralölbelasteten Schokoladen-Adventskalenders gestoppt. Das bestätigten Mitarbeiter des Lebensmittelhändlers am Freitag gegenüber foodwatch. Am Mittwoch waren auf Antrag von foodwatch amtliche Untersuchungsergebnisse bekannt geworden, denen zufolge der Kalender „Santa Claus in town“, von Netto Markendiscount in Kooperation mit dem WWF angeboten, mit aromatischen Mineralölen (MOAH) verunreinigt ist.
MOAH gelten als potenziell krebserregend und erbgutverändernd. foodwatch forderte den Lebensmitteldiscounter auf, nicht nur einen „stillen“ Rückruf – also einen Verkaufsstopp – zu veranlassen, sondern einen öffentlichen Rückruf. Schließlich ist es die Verantwortung von Netto Markendiscount, jetzt auch all diejenigen zu informieren, die das belastete Produkt bereits gekauft haben – und kein Kind sollte diese Schokolade verzehren. Das Handelsunternehmen Norma hat zwei ebenfalls belastete Adventskalender der Firma Rübezahl bereits am Mittwoch öffentlich zurückgerufen.
Belastung schon länger bekannt
Die Belastung war zudem schon länger bekannt als bisher angenommen. Nach eigenen Angaben hatte die Umweltorganisation WWF Anfang November einen Adventskalender von Netto Markendiscount im Labor analysieren lassen – auch hierbei wurden aromatische Mineralöle nachgewiesen. Der zunächst vom WWF im Internet veröffentlichte (inzwischen durch dieses Dokument ersetzte) Prüfbericht des Labors trägt das Datum 14.11. – weder der WWF noch Netto Markendiscount machten die Ergebnisse zunächst jedoch publik, das Handelsunternehmen beließ den Adventskalender im Sortiment.
WWF verzichtet auf Geld von Netto Markendiscount
Auch der WWF forderte offenbar keinen Rückruf sondern ließ es zu, dass der belastete Adventskalender mit aufgedrucktem WWF-Logo weiterhin an Kinder bzw. Eltern verkauft wurde. Erst nachdem die Belastung neun Tage später, am 23.11., durch die von foodwatch beantragte Veröffentlichung des bayerischen Landesamts ohnehin publik wurde, informierte der WWF über die eigene Messung. Er erklärte am 23.11. zudem, kein Geld aus dem Erlös der Kalender von Netto Markendiscount annehmen zu wollen. Ursprünglich war geplant, dass der WWF je verkauften Kalender einen Euro für Artenschutzprojekte erhalten sollte.
Der Fall Netto Markendiscount zeigt aus Sicht von foodwatch beispielhaft, dass der Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Mineralölen in Lebensmitteln nicht den Unternehmen überlassen werden darf:
- Das Mineralölproblem war lange bekannt: Bereits 2015 hatte Netto Markendiscount den Messungen des bayerischen LGL zufolge einen MOAH-belasteten Adventskalender im Verkauf. Damals klagte das Unternehmen sogar gegen die Veröffentlichung der Behördendaten vor Weihnachten, verlor jedoch in zwei Instanzen.
- 2016 bringt Netto Markendiscount dennoch erneut einen MOAH-belasteten Kalender in den Handel. Nach Darstellung des WWF gab es zwar Anstrengungen zur Vermeidung von Mineralöl, etwa durch eine sorgfältige Auswahl der Verpackungsmaterialien – diese betrafen aber offenkundig nicht alle möglichen Mineralölquellen und konnten die MOAH-Verunreinigung der Schokolade nicht verhindern.
- Am 14.11. stellt das renommierte Berliner Institut Kirchhoff den Prüfbericht für eine vom WWF beauftragte Analyse aus. Sie zeigt, dass der Kalender von Netto-Markendiscount erneut mit MOAH belastet ist. (Der WWF hatte zunächst den Original-Prüfbericht im Internet veröffentlicht, diesen später jedoch wieder entfernt und durch dieses Dokument ersetzt).
- Am 23.11. veröffentlicht das bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) auf Antrag von foodwatch entsprechende Untersuchungsergebnisse. Nun macht auch der WWF seinen Prüfbericht publik. Der Spitzenverband der Lebensmittelwirtschaft BLL erklärt am selben Tag, dass ein Rückruf nicht erforderlich sei. Netto-Konkurrent Norma bewertet dies offenbar anders und ruft die von ihm vertriebenen, MOAH-belastete Schokoladenkalender öffentlich zurück – Netto Markendiscount zunächst nicht.
Politischer Handlungsbedarf ist offensichtlich
Messdaten werden gar nicht erst publik oder erst spät, belastete Produkte kommen dennoch in den Handel, der Branchenverband wehrt sich mit Händen und Füßen gegen Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit – foodwatch meint: Es gibt kaum einen Fall, in dem die Notwendigkeit regulativer Maßnahmen so offensichtlich ist wie bei der Mineralölproblematik in der Lebensmittelwirtschaft. Bundesernährungsminister Christian Schmidt hat es in der Hand, per Verordnung sichere Grenzwerte festzulegen.