Ist Kalorie gleich Kalorie?
Beim Körpergewicht kommt es einzig und allein auf die Energiebilanz an. Und nicht etwa, aus welchem Lebensmittel eine Kalorie stammt. Das behauptet die Zuckerlobby gerne. Was ist da dran?
Luise Molling von foodwatch antwortet:
Es ist so sicher wie das Amen in der Kirche: Wann immer foodwatch oder Ärzteverbände fordern, den zu hohen Zuckerkonsum durch effektive politische Maßnahmen wie etwa eine Limo-Steuer zu begrenzen, empört sich die Zucker-Lobby: Zucker per se sei nicht das Problem! Es komme vielmehr auf die Energiebilanz an. Das ist das Verhältnis der über die Nahrung aufgenommenen Kalorien zu den Kalorien, die der Körper verbrennt. Demnach sei im Grunde ganz egal, woher die Kalorien stammen. Um die Adipositas-Epidemie und die damit verbundenen Krankheiten in den Griff zu bekommen, müsse man sich deshalb nicht auf die Reduktion des Zuckerkonsums, sondern allein auf die Kalorienbilanz konzentrieren. Das hört sich erstmal logisch an, greift aber viel zu kurz.
Nur die Kalorienbilanz zählt?
Dieser Logik zufolge ist es nämlich völlig gleichgültig, ob man eine Schüssel Haferflocken oder eine Schüssel Haushaltszucker frühstückt – beide enthalten etwa vier Kalorien pro Gramm. Schon der gesunde Menschenverstand sagt uns, dass das durchaus einen Unterschied macht – aber warum eigentlich?
Zum einen: Der Körper verstoffwechselt Kalorien aus verschiedenen Lebensmitteln unterschiedlich. Kalorien aus Protein beispielsweise sättigen recht lange, außerdem benötigt der Körper auch recht viel Energie, um das Protein zu verdauen. Anders bei Zucker: Er lässt den Insulinspiegel rasch ansteigen, was den Appetit anregt und die Bildung von Körperfett fördert. Und dieses Fett bildet sich eben nicht nur durch den Kaloriengehalt des Zuckers:
Zucker macht dick
So haben Wissenschaftler:innen Kindern mit Adipositas neun Tage lang Mahlzeiten mit dem gleichen Kaloriengehalt und der gleichen Nährstoffzusammensetzung gegeben wie üblich, den Zucker aber durch Stärke ersetzt. Bereits nach neun Tagen ging das Bauch- und Leberfett dieser Kinder deutlich zurück. Eine weitere Studie zeigte, dass Ratten, wenn sie eine fettarme, aber zuckerreiche Diät zu sich nehmen, stärker zunahmen als die Kontrollgruppe mit einer zuckerarmen, aber sogar kalorienreicheren Diät.
Leere Kalorien
Entscheidend ist also nicht nur der Brennwert der Nahrung, sondern wie der Körper diesen verstoffwechselt – und natürlich auch, was sonst noch an gesundheitsfördernden Bestandteilen in ihr steckt. Bei gleichem Kaloriengehalt punkten die Haferflocken etwa mit Eiweiß, Ballaststoffen und ungesättigten Fettsäuren. Während Zucker nichts enthält, was der Körper braucht.
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Besonders ungesund: Zuckrige Limos
Dazu kommt: Bei der Menge an Zucker und damit an Kalorien, die etwa in süßen Limonaden steckt, ist es sehr schwer, eine ausgewogene Energiebilanz zu bewahren. Eine Dose Coca-Cola enthält etwa 35 Gramm Zucker – das sind rund 12 Zuckerwürfel und 140 Kilokalorien. Das Glas ist schnell mal nebenbei getrunken und flutet den Körper mit überschüssigen Kalorien ohne dabei zu sättigen. Es ist wissenschaftlich erwiesen: Wer regelmäßig zuckrige Getränke trinkt, erhöht sein Risiko für Adipositas, Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauferkrankungen.
Fazit: Die Zuckerlobby will mit dem Herumreiten auf der Kalorienbilanz nur ablenken von der eigenen Verantwortung für die Adipositas-Epidemie! Und damit wirkungsvolle politische Maßnahmen zur Begrenzung des übermäßigen Zuckerkonsums verhindern, wie sie Krankenkassen, Ärzt:innen und medizinische Fachgesellschaften schon lange fordern.