Özdemirs geplante Werbeschranken: Diese Produkte sind wirklich betroffen
Die Lebensmittelindustrie und die Werbewirtschaft führen mit ihren Lobbykampagnen gegen die geplanten Werbeschranken zum Schutz der Kindergesundheit die Öffentlichkeit in die Irre. Die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) zum Beispiel erweckt auf ihrer Kampagnen-Webseite www.lieber-muendig.de den Eindruck, dass das Gesetz Werbung für ganze Produktkategorien, wie Käse, Joghurt, Müsli oder Maultaschen verbiete. Der Zentralverband der Werbewirtschaft (ZAW) spricht gar von einem „weitgehenden Totalwerbeverbot für Lebensmittel“. Das ist flasch: Tatsächlich ist lediglich die Werbung für vereinzelte Lebensmittel wie Eiscreme und gesüßte Getränke grundsätzlich untersagt. In anderen Produktkategorien, wie Joghurt, Käse oder Müsli gebe es etliche Produkte, die weiterhin beworben werden dürften. Grundlage für Özdemirs Gesetzentwurf sind dabei die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO): Produkte mit zu viel Zucker, Fett oder Salz fallen durch – und das völlig zurecht: Denn es sind genau diese Produkte, von denen Kinder weniger essen sollten.
Zum Hintergrund:
Bundesernährungsminister Cem Özdemir hat Ende Februar Eckpunkte für ein Gesetz vorgestellt, das die an Kinder gerichtete Werbung für ungesunde Lebensmittel beschränken soll. Werbung für Produkte, die die WHO-Nährwertkriterien nicht erfüllen, soll tagsüber zwischen 6 und 23 Uhr – also immer dann, wenn Kinder vor den Empfangsgeräten sitzen – im TV, Internet und Hörfunk untersagt sein. Durch Fernsehwerbung werden Kinder insbesondere zur abendlichen Primetime erreicht, wenn die Kinder mit ihren Eltern vor dem TV sitzen. Unter den bei Kindern beliebtesten Sendungen ist laut einer foodwatch-Analyse jede dritte Sendung kein klassisches Kinderformat, sondern zum Beispiel ein Familienfilm, eine Casting-Show oder eine Sportübertragung. Laut Özdemirs Gesetzentwurf sollen auch Influencer:innen in den sozialen Medien nur noch für ausgewogene Lebensmittel werben dürfen.
Im Schnitt halten etwa 40 Prozent der Lebensmittel die vom Bundesernährungsministerium vorgeschlagenen Grenzwerte für Kalorien, Zucker, Fette und Salz ein. Das hat eine Untersuchung der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) in Zusammenarbeit mit der Deutschen Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK) ergeben. In den meisten Lebensmittelkategorien könnte demnach eine beträchtliche Zahl von Produkten weiterhin uneingeschränkt beworben werden.