Dem Zufall wird im Supermarkt fast nichts überlassen. Sowohl die Produktgestaltung als auch deren Platzierung im Supermarkt dienen dazu, die Produkte bestmöglich an uns, die Kundschaft zu bringen. Verpackungen von Lebensmitteln sind aufwendig gestaltet. Sie sollen unsere Aufmerksamkeit wecken, damit wir sie kaufen. Wie Produkte im Supermarkt angeordnet sind, folgt einer eigenen Logik. Sie soll uns zu jenen Kaufentscheidungen verleiten, von denen sich Supermärkte die größte Gewinnspanne versprechen. Supermärkte ziehen dafür vielfältigste Register.
Die „schöne bunte Welt“ im Supermarkt
Wir essen jeden Tag. Jeden Tag werden Lebensmittel gekauft. Daher gehören Lebensmittel zu den „Fast Moving Consumer Goods“. Das sind Produkte des täglichen Bedarfs, die in der Regel eine geringe Gewinnspanne pro Stück haben. Damit Handelsunternehmen Gewinn machen, müssen sie also möglichst viele Produkte verkaufen. Der Markt ist übersättigt. Die Lebensmittelproduzenten und der Handel stehen unter enormem Konkurrenzdruck. Um Gewinne zu steigern, werden Produkte als besonders edel, hochwertig oder gesund vermarktet. So soll die bunte Verpackung oft darüber hinwegtäuschen, dass in einigen Produkten übermäßig Zucker oder billige Zutaten verwendet wurden.
Die Entscheidung fällt oft erst im Supermarkt
Hast du dich auch schon einmal dabei ertappt, dass Produkte in deinem Einkaufswagen gelandet sind, die du gar nicht geplant hattest? Anders als andere Konsumgüter sind Lebensmittel hauptsächlich Impulsgüter. Unser Einkaufsverhalten wird nach Ernährungs- und Kundentypen unterschieden. Je nachdem, welcher Ernährungs- und Kundentyp du bist, kann dein Einkauf völlig anders verlaufen: vollkommen ungeplant, beeinflusst, oder geplant beeinflusst. „Geplant beeinflusst“ kaufst du dann ein, wenn du zwar schon weißt, welche Art der Ware du kaufen möchtest. Die Entscheidung für die Marke triffst du aber erst im Geschäft. Du hast also zum Beispiel auf dem Einkaufszettel stehen: Essiggurkerl und Marmelade. Welche Marke Gurkerl und welche Marmelade genau du kaufst, entscheidest du vor dem Supermarktregal.
Eine Studie aus dem Jahr 2009 der Nürnberger Marktforscher von GfK beziffert das: Knapp 70 Prozent der Kaufentscheidungen treffen wir erst am sogenannten Point of Sale (POS), also im Geschäft. Auch wenn diese Zahl in Deutschland erhoben wurde, ist davon auszugehen, dass es in Österreich nicht viel anders ist.
Die Vorderseite der Produkte dient vor allem dem Marketing und kann uns manchmal gehörig in die Irre führen
Beim Lebensmitteleinkauf treffen wir also viele Entscheidungen erst vor dem Supermarktregal – und zwar innerhalb von wenigen Sekunden. Daher hat die Vorderseite der Lebensmittelverpackung, auch Hauptschauseite genannt, eine besondere Bedeutung. Sie soll als Blickfang dienen und die Aufmerksamkeit der Kund*innen auf sich ziehen, um das Rennen mit den Konkurrenzprodukten im Regal zu machen. Sie ist also ein zentrales Marketingelement. Das Motto lautet: Auffallen zahlt sich aus!
Die Anordnung der Produkte im Supermarkt folgt der Verkaufslogik
Meistens werden wir gegen den Uhrzeigersinn durch den Supermarkt geführt. Darum sind die Eingänge vieler Supermärkte rechts. Studien haben gezeigt, dass sich die meisten Kund*innen nach rechts orientieren. Blick und Greifrichtung sind eher rechts. Rechts sind daher die attraktiven Verkaufszonen für den Handel.
Von Bremszonen und Griffzonen
Geht es dir auch manchmal so: Du willst nur kurz in den Supermarkt, um eine Kleinigkeit wie Milch oder Brot zu kaufen. Du verbringst mehr Zeit im Geschäft als geplant und kommst mit viel mehr Artikeln, als du eigentlich kaufen wolltest, wieder raus? Da bist du nicht allein. Und das ist kein Zufall, denn: Genau das wollen Supermärkte erreichen.
Schon wenn du den Supermarkt betrittst, kommst du in eine sogenannte Bremszone. Das sind Zonen, die uns zum Verweilen ermuntern und unsere Geschwindigkeit reduzieren sollen. Diese Zonen sind vor allem dort, wo möglichst viele Leute durch müssen. Also im Eingangsbereich oder bei den Kassen. Im Eingangsbereich steht deshalb oft das Obst und Gemüse, denn das begutachten wir genauer, bevor wir es kaufen. Auch „Käse-Inseln“ oder Berge von „Aktionsware“ können als Bremser dienen. Das Ziel ist schließlich, uns Kund*innen so lange wie möglich im Geschäft zu haben, damit wir so viel wie möglich einkaufen.
Musik, Düfte und Licht sollen Kauflaune machen
Um uns beim Einkaufen in die richtige Stimmung zu versetzen, achten Supermärkte auf Musik, Licht und Düfte. Das soll unsere Verweildauer erhöhen. Große Supermarktketten haben in Österreich einen eigenen Radiosender. Den hören wir dann in den Filialen. Durch die Musik sollen wir uns wohlfühlen und dadurch weniger kritisch einkaufen. Der Takt der Musik soll sogar unsere Fortbewegungsgeschwindigkeit beeinflussen.
Ein Duft liegt in der Supermarktluft
Auch angenehme Düfte sollen uns ermuntern, länger im Supermarkt zu verweilen. Außerdem sollen sie zu einem gewissen Wiedererkennungswert beitragen. Wir sollen uns beim Einkaufen wohlfühlen: Der Duft steigt durch die Nase direkt ins Gehirn. Genauer gesagt geht der Riechnerv ins limbische System, das wiederum für Emotionen zuständig ist. Ein klassischer Duft im Supermarkt ist der Duft von frisch gemahlenem Kaffee oder frisch aufgebackenem Brot.
Lichtshow im Supermarkt
Supermärkte setzen Licht im Verkaufsbereich gezielt ein, um die Ware besonders ansprechend zu präsentieren. Rotes Licht lässt Fleisch frisch erscheinen. Blaues Licht wird gerne bei Fisch und Molkereiprodukten eingesetzt. Licht mit Tageslichtspektrum bei frischem Obst und Gemüse soll die Natürlichkeit unterstreichen.
Fazit:
- Klar ist: Die Supermärkte sind eben nicht in erster Linie so gestaltet, damit wir Konsument*innen die qualitativ hochwertigsten, ausgewogensten, umwelt- und ressourcenschonendsten Produkte kaufen. Supermärkte ziehen viele Register, um uns zu jenen Kaufentscheidungen zu verleiten, von denen sich das Handelsunternehmen die größte Gewinnspanne verspricht.
- Die Anordnung der Produkte im Supermarkt folgt einer eigenen Logik. Dem Zufall wird hier fast nichts überlassen. Außerdem wird viel Aufwand betrieben, um uns in Kauflaune zu bringen. Damit wir uns möglichst lange im Geschäft aufhalten, wird mit Lichtgestaltung, Düften und Musik gearbeitet.
- Die sogenannte Hauptschauseite der Produkte dient als Blickfang, um die Aufmerksamkeit der Kund*innen auf sich zu ziehen. Sie ist vor allem eines: ein zentrales Marketingelement und kann uns Konsument*innen öfter mal ein X für ein U verkaufen. Um das Rennen mit den Konkurrenzprodukten im Regal zu machen, gestalten Hersteller ihre Produkte möglichst auffällig und ansprechend, damit wir uns für genau das eine Produkt entscheiden.
Lebensmitteltäuschung - Das regt mich auf!
Lebensmittelhersteller sind erfinderisch, um ihre Produkte besser dastehen zu lassen, als sie es tatsächlich sind. Da wird uns öfter mal ein X für ein U verkauft. Das regt dich auf? Dann lade dein Bild hier hoch!