Lidl zahlt Millionen-Strafe nach tödlichem Listerienfall
Acht Menschen starben vor drei Jahren in Deutschland und Österreich, nachdem sie mit Listerien belasteten Harzer Käse gegessen hatten. Jetzt muss die Supermarktkette Lidl, die den Käse damals in Deutschland vertrieben hatte, Geldbußen in Rekordhöhe von insgesamt 1,5 Millionen Euro zahlen.
Um den Jahreswechsel 2009/2010 war es zu mehreren Todesfällen gekommen, nachdem der Discounter Lidl in Deutschland sowie Händler in Österreich mit Listerien belasteten Harzer Käse des Herstellers Prolactal verkauft hatten. Drei Jahre nach dem Skandal hat das Amtsgericht Heilbronn Geldbußen von insgesamt 1,5 Millionen Euro gegen Lidl verhängt. Zudem müssen leitende Angestellte der Supermarkkette Geldstrafen bzw. Geldbußen zwischen 7.000 und knapp 60.000 Euro zahlen.
Betroffenne können Lidl verklagen
Die tragischen Geschehnisse kann dieses Urteil natürlich nicht rückgängig machen. Es ermöglicht jedoch den Erkrankten und Überlebenden, die Firma Lidl wegen Körperverletzung zu verklagen. In Österreich hat ein Betroffener, der durch den Verzehr von belastetem Käse schwere gesundheitliche Schäden davontrug und seither im Rollstuhl sitzt, bereits auf Verdienstaufall, Schmerzensgeld und Erstattung der Heilungskosten geklagt.
Unzureichende Warnung von Lidl und den Behörden
Das Urteil gegen Lidl bestätigt, was foodwatch schon vor drei Jahren scharf kritisiert hatte: Die Supermarktkette (und auch die Behörden) hatten nicht ausreichend vor dem Verzehr des Käses gewarnt. Der Konzern hatte nach dem Listerien-Fund zunächst nur sehr zurückhaltend empfohlen, „aus Gründen des vorbeugenden Verbraucherschutzes“ den Käse nicht zu essen – ein angesichts der lebensbedrohlichen Gefahr unzureichender Hinweis. Auch das zuständige Verbraucherministerium in Baden-Württemberg sprach keine Warnung aus.
Strafanzeige von foodwatch
foodwatch hatte die Vorfälle damals gründlich recherchiert und Strafanzeige gegen die Supermarktkette und das Ministerium gestellt. Die Ermittlungen gegen die verantwortlichen Beamten wurden 2011 eingestellt, nicht jedoch gegen Lidl.
foodwatch verlangt Akteneinsicht
Die Staatsanwaltschaft hatte seinerzeit einen Antrag von foodwatch auf Akteneinsicht abgelehnt. Begründung: Der Schutz von Betriebsgeheimnissen der Firma Lidl habe Vorrang. foodwatch wird erneut Antrag auf Einsicht in die Akten stellen. Denn bei so einem gravierenden Vorfall überwiegt das öffentliche Interesse das Recht einer Firma auf Wahrung von Betriebsgeheimnissen. Schließlich können aus den Ermittlungsakten wichtige Schlüsse gezogen werden. Zum Beispiel, wie solche tragischen Ereignisse in Zukunft vermieden und damit Verbraucher besser geschützt werden können.
Schwachstelle im Lebensmittel-Sicherheitssystem
Der Listerien-Fall hat auf dramatische Weise die Schwachstellen des deutschen Lebensmittel-Sicherheitssystems deutlich gemacht. Immerhin: Nicht zuletzt deshalb wurde das Lebensmittelrecht mittlerweile verschärft. Die Behörden dürfen eine Warnung vor gefährlichen Produkten nicht mehr ausschließlich den verantwortlichen Betrieben überlassen, sondern sind jetzt ausdrücklich verpflichtet, ebenfalls die Verbraucher zu warnen.