foodwatch zu Julia Klöckners „Reduktionsstrategie“ von Zucker, Fett, Salz: „kein Erfolg, sondern eine Bankrotterklärung“
Zu den heute von Bundesernährungsministerin Julia Klöckner vorgestellten Zahlen zu ihrer „Reduktionsstrategie“ von Zucker, Salz und Fett in Lebensmitteln erklärt Oliver Huizinga, Leiter Recherche & Kampagnen bei der Verbraucherorganisation foodwatch:
„Es ist geradezu lächerlich, dass Frau Klöckner ihre freiwillige Vereinbarung mit der Lebensmittelindustrie als großen Erfolg verkauft. Eine Zuckerreduktion von sehr viel zu viel auf viel zu viel ist kein Erfolg, sondern eine Bankrotterklärung. 99 Prozent der Frühstücksflocken für Kinder enthalten zu viel Zucker, Joghurts für Kinder enthalten 40 Prozent mehr Zucker als von der Weltgesundheitsorganisation empfohlen - das zeigen Daten der AOK und vom Max Rubner-Institut. Bei Zuckergetränken, einer der Haupt-Ursachen für die Fettleibigkeits-Epidemie, ging der Zuckeranteil sogar nur um läppische 0,2 Gramm pro 100 Milliliter zurück. Frau Klöckners Strategie gegen Fettleibigkeit und Fehlernährung ist krachend gescheitert - auch wenn die Ministerin sich das nicht eingestehen will.
Die Ministerin setzt vollkommen auf freiwillige Vereinbarungen mit der Lebensmittelwirtschaft – das ist nicht nur naiv, sondern gefährdet die Gesundheit der Menschen in diesem Land. Die Lebensmittelindustrie ist nicht Teil der Lösung, sondern Kern des Problems. Coca-Cola, Ferrero & Co. haben kein Interesse daran, eine gesunde Ernährung zu fördern – sie verdienen ihr Geld mit Zuckerbomben. Anstatt den Herstellern klare Vorgaben zu machen, belässt es Ministerin Klöckner dabei, höflich „Bitte, bitte“ zu sagen.
Frau Klöckner muss aufhören, der Ernährungsindustrie nach dem Mund zu reden und stattdessen auf die Ärzteschaft, medizinische Fachgesellschaften und die Weltgesundheitsorganisation hören: Expertinnen und Experten fordern seit Jahren verbindliche Maßnahmen gegen Fehlernährung und Fettleibigkeit, zum Beispiel gesetzliche Beschränkungen der Werbung an Kinder oder auch eine Limo-Steuer nach dem Vorbild Großbritanniens. Dass Frau Klöckner stattdessen ihre wirkungslose Selbstverpflichtung schönredet, zeigt ihr vollkommen fehlgeleitetes Amtsverständnis."
Hintergrund:
Mit ihrer „Nationalen Reduktions- und Innovationsstrategie für Zucker, Fette und Salz in Fertigprodukten“ will Bundesernährungsministerin Julia Klöckner nach eigenen Angaben „eine gesunde Lebensweise zu fördern“ und „den Anteil der Übergewichtigen und Adipösen in der Bevölkerung zu senken“. Dabei setzt die Ministerin allein auf freiwillige Selbstverpflichtungen der Lebensmittelwirtschaft.
Mit dem diesem freiwilligen Ansatz ignoriert Bundesernährungsministerin Julia Klöckner die Forderungen und Empfehlungen der medizinischen Fachwelt zur Bekämpfung von Fettleibigkeit und Fehlernährung. Schon seit Jahren fordern medizinische Fachgesellschaften oder auch die Weltgesundheitsorganisation wirksame politische Maßnahmen ein. Dazu gehören beispielsweise die Beschränkungen der an Kinder gerichteten Werbung und eine „Limo-Steuer“. Diese Maßnahmen lehnt Frau Klöckner jedoch bislang ab. Stattdessen sollen die Hersteller freiwillig den Anteil von Fett, Salz und Zucker reduzieren und freiwillig eine verbesserte Nährwertkennzeichnung umsetzen.
Quellen:
- Ergebnisse der AOK-Cerealienstudie: www.aok-bv.de/presse/pressemitteilungen/2020/index_23416.html