Anhörung im Kieler Landtag: foodwatch fordert Stopp von Pottkieker-Gesetz – Landesregierung muss Kürzung von Lebensmittelkontrollen am Freitag im Bundesrat ablehnen
Bei einer Anhörung im Kieler Landtag hat die Verbraucherorganisation foodwatch die schleswig-holsteinische Landesregierung aufgefordert, das von ihr geplante „Pottkieker“-Gesetz zurückzuziehen. „Es ist kein Transparenzgesetz, sondern ein Transparenz-Verhinderungsgesetz“, kritisierte foodwatch-Geschäftsführer Martin Rücker am Mittwochvormittag vor den Abgeordneten des Umwelt- und Agrarausschusses. Zugleich forderte er die Landesregierung auf, am Freitag im Bundesrat gegen einen von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner vorgelegten Reformentwurf zu stimmen, der die Zahl der Lebensmittelkontrollen gegenüber der bisherigen Regelung deutlich reduzieren würde.
„Am Freitag im Bundesrat können Ministerpräsident Daniel Günther, Verbraucherschutzminister Claus Christian Claussen und die Verantwortlichen von Grünen und FDP zeigen, ob sie glaubwürdig etwas für den Verbraucherschutz tun wollen: Sie müssen einer Reduktion der Lebensmittelkontrollen entschieden widersprechen und die Klöckner-Reform ablehnen“, so foodwatch-Geschäftsführer Martin Rücker. „Anstelle des Pottkieker-Gesetzes sollte die Landesregierung das dänische Smiley-System übernehmen – das wäre ein System, das echte Transparenz schafft und gleichzeitig die Hygienesituation in den Unternehmen verbessert.“
Beim „Pottkieker“-Vorhaben sollen die Verbraucherinnen und Verbraucher in Schleswig-Holstein mit einem Landesgesetz das Recht erhalten, die amtlichen Berichte von Hygienekontrollen einzusehen. Allerdings beschränkt sich das Gesetz auf Betriebe, die Lebensmittel direkt an die Endverbraucherinnen und -verbraucher abgeben. Diese können dann ausschließlich wenn sie selbst in dem Betrieb vor Ort sind – beispielsweise direkt beim Gastwirt – nach den Berichten fragen. Eine Kopie oder Weitergabe der Berichte ist laut Gesetzentwurf verboten, andernfalls droht ein Bußgeld von 1.000 Euro – was mehr ist als Unternehmen in der Regel bei Hygieneverstößen bezahlen müssten, wie foodwatch kritisierte. Die Verbraucherorganisation bemängelte, dass das Landesgesetz hinter die weiter reichenden Auskunftsrechte des bundesweit geltenden Verbraucherinformationsgesetzes zurückfalle, das den Menschen Anspruch auf mehr Informationen zu mehr Betrieben gebe. Zudem stufte es foodwatch als wahrscheinlich verfassungswidrig ein, die Weitergabe der Informationen zu verbieten.
„Wer Transparenz will, darf keine Zensurparagraphen schaffen“, erklärte Martin Rücker. Aus Sicht von foodwatch gehe es der Landesregierung mit dem Pottkiekergesetz nicht um zusätzliche Transparenz, sondern darum, zu verhindern, dass die Lebensmittelbehörden in Schleswig-Holstein die unzähligen einzelnen Anträge von Verbraucherinnen und Verbrauchern auf Herausgabe von Hygienekontrollberichten zu konkreten Betrieben bearbeiten müssten, die über die von foodwatch und fragdenstaat.de betriebene Internetseite „Topf Secret“ dort eingingen. Diese beruhten auf den Ansprüchen des Verbraucherinformationsgesetzes und würden – anders als in anderen Bundesländern – in Schleswig-Holstein rechtswidrig nicht bearbeitet.