Der Bundesrat hat beschlossen, den umstrittenen Kastenstand in der Schweinezucht für mindestens weitere acht Jahre zu erlauben. Die Grünen feiern das als Meilenstein für den Tierschutz. Dabei wird eine Praxis fortgesetzt, die den Tieren schwere Qualen zufügt und von Gerichten unlängst für illegal erklärt wurde.
Millionen Sauen in der Ferkelzucht verbringen in Deutschland ihr halbes Leben in engen Metallkäfigen, die ihnen nicht einmal erlauben, sich umzudrehen. In Schweden und Großbritannien ist diese Praxis seit Jahrzehnten verboten. Und auch ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Magdeburg hat die Haltung für illegal erklärt. Statt diese Praxis zu beenden, wollte Bundesernährungsministerin Julia Klöckner sie für weitere 17 Jahre erlauben. Der jetzt vom Bundesrat beschlossene „Kompromiss“ gewährt den Landwirten eine Übergangsfrist von acht Jahren im Deckzentrum des Stalls. Im Abferkelbereich haben die Schweinehalterinnen und Schweinehalter sogar 15 Jahren Zeit. Als „Trostpflaster“ wird in ferner Zukunft die Gruppenhaltung in Aussicht gestellt.
Ausgehandelt wurde dieser „Kompromiss“ von Nordrhein-Westfahlen und von Bundesländern, die von den Grünen regiert oder mitregiert werden. Die Öko-Partei feiert die Entscheidung als Meilenstein für den Tierschutz, gar als Systemwechsel. Dabei wird eine qualvolle Praxis fortgesetzt, die vor allem der Fleischwirtschaft in die Hände spielt.
Die Grünen unterstützen mit der Entscheidung die Fleischkonzerne – von Tönnies bis Westfleisch – dabei, weiterhin Billigfleisch für den Weltmarkt zu produzieren. Die Tiere bezahlen das mit massiven körperlichen und psychischen Qualen.Veterinärmediziner und internationaler Kampagnendirektor bei foodwatch
Hunderttausende gegen Kastenstand
Der Kastenstand wird fortgesetzt, obwohl die gesellschaftliche Akzeptanz dafür fehlt. Knapp 90 Prozent der Deutschen lehnen den Kastenstand ab und mehr als 600.000 Menschen haben eine Protestaktion von foodwatch und Campact unterschrieben. Mehr als 600.000 Menschen – sie alle haben die Grünen daran erinnert, dass es nicht reicht, sich nur auf Wahlplakaten für den Tierschutz einzusetzen. Das hat, so viel lässt sich sagen, zumindest zum Abbruch von bereits angesetzten Abstimmungen im Bundesrat in den vergangenen Monaten geführt.
Dass sich die politischen Parteien, inklusive der Grünen, mit ihrem Beschluss den Kastenstand nun trotzdem für weitere Jahre erlauben, zeigt, dass Tierschutz in Deutschland offenbar keinesfalls die Gewinne der Agrarindustrie schmälern darf.
Wir von foodwatch haben dieses Mal verloren. Aber wir werden nicht aufgeben – und uns weiter für eine bessere Landwirtschaft und eine bessere Tierhaltung einsetzen!