Dioxin-Prozess geht in die zweite Runde
Weihnachten vor vier Jahren brach der Dioxinskandal los. Zwei Manager aus dem niedersächsischen Damme stehen nun erneut vor Gericht, nachdem der erste Prozess geplatzt war. Wirksame politische Konsequenzen fehlen allerdings nach wie vor.
Der bundesweit erste Prozess nach dem Dioxinskandal vor fast vier Jahren ist vor dem Amtsgericht Vechta in die zweite Runde gestartet. Die Staatsanwaltschaft bekräftigte zum Auftakt am Donnerstag den Vorwurf der Anklage: Die Firma habe an die Kunden Unbedenklichkeitsbescheinigungen rausgeschickt. Damit hätten die beiden Angeklagten ihre Produkte fälschlicherweise als dioxinfrei dargestellt. Auch habe die Firma keine Futtermittel zurückgerufen.
Der erste Prozess war nach 21 Verhandlungstagen wegen Befangenheit der Richterin im Januar 2014 geplatzt. Angeklagt sind zwei heute 64 und 49 Jahre alte ehemalige Geschäftsführer eines Futtermittelbetriebes in Damme wegen Verstößen gegen das Lebensmittel- und Futtermittelgesetz. Die Anklage umfasst den Zeitraum vom 23. Dezember 2010 bis 17. Januar 2011.
Zehntausende Schweine und Hühner getötet
Der Dioxin-Skandal zum Jahreswechsel 2010/2011 war durch belastetes Futteröl des Herstellers Harles & Jentzsch in Schleswig-Holstein ausgelöst worden. Das verunreinigte Futterfett wurde unter anderem an den Betrieb in Damme verkauft. Dort wurde wie in anderen Betrieben Tierfutter hergestellt und an zahlreiche Höfe geliefert. Nachdem Kontrolleure Dioxinwerte in Fleisch und Eiern über den zulässigen Grenzwerten gefunden hatten, ließen die Behörden Zehntausende Schweine und Hühner töten. In vielen Bundesländern wurden Höfe gesperrt.
Der Prozess gegen die Futtermittelfirma Harles & Jentzsch wurde im August 2014 endgültig eingestellt. Den beiden ehemaligen Geschäftsführern konnte kein vorsätzliches Handeln nachgewiesen werden. Bereits Ende April 2011 wurden staatsanwaltliche Ermittlungen gegen eine Spedition wieder eingestellt, die ebenfalls in den Dioxin-Skandal verwickelt war.
foodwatch fordert Testpflicht für Futtermittelfirmem
Bisher wurde also – fast vier Jahre nach dem Dioxinskandal – noch immer niemand rechtlich zur Verantwortung gezogen. Auch wirksame politische Konsequenzen wurden aus dem Fall bisher nicht gezogen. Durch Alibi-Maßnahmen wie höhere Geldbußen lassen sich solche Futtermittelpanschereien nicht verhindern. foodwatch fordert daher nach wie vor: Futtermittelhersteller müssen verpflichtet werden, jede Charge einer Futtermittelzutat auf Dioxine/PCBs zu testen – und zwar bevor sie die Zutat in das Futter mischen. Rund 35.000 Bürgerinnen und Bürger unterstützen diese Forderung über eine E-Mail-Protestaktion an Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt.
Dioxine sind giftig und zum Teil krebserregend. Menschen nehmen zu viel Dioxine auf – und 80 Prozent der Gesamtaufnahme stammt aus Lebensmitteln. Überdies orientieren sich die Grenzwerte noch immer nicht an der Gesundheit der Menschen, sondern sie werden nach der tatsächlichen Belastung der Produkte festgelegt.
(mit dpa)