Dreiste Gesundheitslügen: So reagieren die Hersteller
Zuckrige Frühstücksflocken als „vollwertiger Start in den Tag“ oder fettig-salzige Würstchen für das „Immunsystem“: Selbst ungesunde Produkte werden oft beworben als wären sie Wundermittel für die Gesundheit. foodwatch hat eine E-Mail-Aktion an fünf Hersteller gestartet, die besonders dreist vorgehen. Lesen Sie hier, wie die Hersteller ihren Gesundheitsschwindel verteidigen.
Mehr als 31.000 Menschen haben bereits unseren Aufruf an die Unternehmen Nestlé, Aldi Nord, Dextro Energy, Stockmeyer und Wander unterzeichnet. Die Forderung ist stets die gleiche: Gesundheitsschwindel stoppen! Die Reaktionen der Unternehmen sind hingegen unterschiedlich. Die einen gestehen ein, dass sie mehr unternehmen müssen, die anderen verteidigen ihre Praxis. Oder ignorieren die Kritik komplett.
Nestlé: „Wir sind uns der Diskussion bewusst“
Nestlé, der Hersteller des „Nesquik Knusper Frühstück“, hat noch am gleichen Tag reagiert, an dem wir die E-Mail-Aktion gestartet haben. In einem Artikel beim Online-Portal stern.de sagte das Unternehmen:
„Wir sind uns der Diskussion um den Zuckergehalt in Frühstückscerealien bewusst. Deswegen haben wir uns freiwillig dazu verpflichtet an der Verbesserung unseres gesamten Cerealien-Sortiments kontinuierlich zu arbeiten.“
Ende gut, alles gut? Von wegen: Die „zuckerreduzierten“ Nesquik Cerealien bestehen zu etwa einem Viertel aus Zucker, werden aber beworben als „vollwertiger Start in den Tag“. Zum Vergleich: Selbst Süßigkeiten wie der Kakao Keks von Leibniz, der kleine Schokokuchen von Dr. Oetker mit Kakao-Glasur oder die Hannover Waffeln mit Vanillecremefüllung von Bahlsen enthalten weniger Zucker als das vermeintlich gesunde Nestlé-Produkt. Das zeigt: Die Nesquik Frühstücksflocken sind eine Süßigkeit und keineswegs ein ausgewogener Start in den Tag für Schulkinder.
Wander (Ovomaltine): „Wir widersprechen den Vorwürfen entschieden“
Auch die Firma Wander, Hersteller des Kult-Getränks Ovomaltine (Werbung: „tägliche Energie für körperliche und geistige Leistungsfähigkeit“), reagierte prompt auf die E-Mail-Aktion und wies die Vorwürfe in einer Stellungnahme zurück. Darin behauptet das Unternehmen:
„Der Vorwurf von Foodwatch, Ovomaltine enthalte umgerechnet 7 Zuckerwürfel pro 200ml Glas Milch, ist schlicht falsch.“
Diese Aussage ist absurd, denn: Tatsächlich enthält ein Glas Ovomaltine 20 Gramm Zucker aus verschiedenen Quellen (Laktose, Maltose, Weisszucker, Fruktose, Glucose). Das rechnet das Unternehmen in seiner Stellungnahme selbst (!) vor. Umgerechnet in Zuckerwürfel macht das etwa sieben Würfel pro Glas Ovomaltine.
Wir finden: Eine Süßigkeit als „tägliche Energie für körperliche und geistige Leistungsfähigkeit“ zu bewerben ist und bleibt ein dreister Werbe-Schwindel!
Aldi Nord: „Wir prüfen, den Zuckeranteil weiter zu senken“
Auch Aldi Nord hat reagiert. Das Handelsunternehmen bewirbt den Kinder-Joghurt-Drink seiner Eigenmarke „Milsa“ mit den Worten: „Vitamin B12 trägt zu einer normalen Funktion des Immunsystems bei“ und „Calcium wird für die Erhaltung normaler Knochen und Zähne benötigt“. Gegenüber foodwatch hat Aldi zugesichert:
„Wir [haben] auch bei unserem Produkt „Milsa Vollfit Joghurt Drink Erdbeere-Banane“ eine Rezepturanpassung angestoßen. Wir prüfen aktuell die Möglichkeit, den Zuckeranteil im Produkt weiter zu senken.“
Das klingt erstmal vielversprechend. Doch erwähnt Aldi mit keinem Wort die Möglichkeit, schlicht und einfach die Gesundheitswerbung einzustellen, wenn der Joghurt-Drink zu viel Zucker enthält um als gesund zu gelten. Auch nannte der Discounter weder einen konkreten Zeitplan noch angestrebte Zielwerte für die besagte Zuckerreduktion. Stattdessen bittet Aldi Nord „um Verständnis, dass die o. g. Anpassungen noch ein wenig Zeit in Anspruch nehmen“.
Keine Antwort von Dextro Energy und Stockmeyer (Ferdi Fuchs)
Und die verbleibenden zwei Schwindel-Unternehmen? Sowohl die Firma Stockmeyer, Hersteller der als gesunden Kindersnack beworbenen Ferdi Fuchs-Produkte, als auch Dextro Energy, der seine Traubenzucker-Täfelchen als leistungssteigernd bewirbt, stellen sich bisher taub und haben die Kritik schlicht ignoriert. Dabei enthält die Ferdi Fuchs Mini Salami doppelt so viel Salz und mehr Fett als von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für Kinderlebensmittel empfohlen. Und auch die Traubenzucker-Täfelchen von Dextro Energy sind alles andere als gesund: Wer regelmäßig hohe Mengen Zucker zu sich nimmt, wird nicht leistungsfähiger, sondern hat ein höheres Risiko für Übergewicht und Diabetes.
foodwatch fordert: Keine Gesundheitswerbung auf ungesunden Produkten!
Ob Schönfärberei oder Stillschweigen: Nestlé, Wander, Aldi Nord, Stockmeyer und Dextro Energy führen ihre irreführende Gesundheitswerbung allesamt fort. Das Schlimmste: Die Täuschung hat System. Möglich ist das, weil es an klaren gesetzlichen Vorgaben mangelt: Denn während die Europäische Kommission zwar festlegt, welche Gesundheits-Werbeaussagen („Health Claims“) erlaubt sind, ist nicht geregelt, auf welchen Produkten diese prangen dürfen.
foodwatch fordert von der Europäischen Kommission, das Nährwertprofilmodell der WHO umzusetzen, damit in Zukunft nur noch jene Produkte als gesund beworben werden dürfen, die es auch tatsächlich sind.