foodwatch-Marktcheck belegt: Verbraucher können Verfall der Milchpreise nicht aufhalten
- Konsumenten können Milchpreise nicht über ihr Einkaufsverhalten stützen
- Differenz zwischen teurer und billiger Milch kommt nicht bei den Bauern an
- Verbraucherorganisation foodwatch sieht die Politik in der Pflicht
Vor dem heutigen „Milchgipfel“ des Bundeslandwirtschaftsministeriums hat die Verbraucherorganisation foodwatch einen Milchpreis-Marktcheck veröffentlicht, der zeigt: Konsumentinnen und Konsumenten können die derzeit niedrigen Milchpreise von gut 20 Cent pro Liter nicht über ihr Einkaufsverhalten steuern. „Auch wenn Verbraucherinnen und Verbraucher zu einer teureren Milch greifen - beim Landwirt schlägt sich das praktisch nicht nieder“, sagte Sophie Unger, Campaignerin bei foodwatch.
Mit dem Marktcheck widerlegte foodwatch Bundesagrarminister Christian Schmidt. Er hatte im Vorfeld des „Milchgipfels“ erklärt, auch die Verbraucherinnen und Verbraucher könnten etwas tun, wenn sie nicht immer zur billigsten Milch griffen. Doch der foodwatch-Marktcheck zeigt: Ein Liter ja!-ESL-Vollmilch kostet beispielsweise aktuell bei Rewe 46 Cent, für das gleiche Produkt von „Bärenmarke“ werden 1,15 Euro verlangt - das ist das 2,5-Fache. In beiden Fällen erhielten die Landwirte von den Molkereien nur rund 26 Cent (Auszahlungspreise im April).
„Es ist beim Einkaufen von Milch vollkommen intransparent, wieviel vom Verkaufspreis beim Bauern ankommt. Bei der teureren Herstellermarke zahlen Verbraucherinnen und Verbraucher vor allem für Werbung und Marketing. Landwirte erhalten fast immer die gleichen, niedrigen Auszahlungspreise“, sagte foodwatch-Expertin Unger. „Aus Sicht der Verbraucherinnen und Verbraucher ist es unter solchen Marktbedingungen völlig vernünftig, wenn sie zur billigeren Variante greifen.“
foodwatch hat die aktuellen Preise von 31 handelsüblichen Milchmarken aus dem Kühlregal (ESL-Milch) und H-Milch sowohl aus konventioneller als auch aus ökologischer Herstellung verglichen. Ihnen wurden Preise gegenübergestellt, die die Molkereien an die Bauern auszahlten.
Im Handel betrug die Preisdifferenz zwischen konventioneller Discount-Milch und einem Markenprodukt (bei ESL und bei H-Milch) zuletzt bis zu 83 Cent pro Liter (plus 180 Prozent). Die günstigste Eigenmarke kostete bei fast allen Handelsketten 0,46 Euro, das teuerste Markenprodukt lag bei 1,29 Euro. Dagegen betrug der Unterschied beim Auszahlungspreis an die Bauern maximal fünf Cent (plus 20 Prozent). Die Landwirte erhielten im April zwischen 23,7 und 28,4 Cent pro Liter konventionell erzeugter Milch. Es wird erwartet, dass im Mai noch weniger ausgezahlt wird.
Im Bio-Segment der Handelsmarken ist die Diskrepanz zwischen Verkaufspreis im Supermarkt und dem Auszahlungspreis aktuell für die Bauern weniger eklatant. Die Bio-Milchbauern erhielten in den letzten Monaten um 48 Cent pro Liter. Für Verbraucherinnen und Verbraucher kostet die Bio-Milch der Handelsmarken aktuell knapp über einem Euro. Bei Bio-Milch werden die höheren Supermarktpreise demnach eher an die Landwirte weitergereicht.
Die Milchpreiskrise geht vor allem auf ein Überangebot an Milch zurück, das die führenden Handelskonzerne mit ihrer Marktmacht ausnutzen. „Die Bundesregierung muss aufhören, Märchen zu erzählen. Der Kauf teurerer Milch im Supermarkt kann den Bauern nicht aus der Krise helfen. Es ist an Minister Schmidt, die Rahmenbedingungen so zu ändern, dass die Milchbauern von ihrer Arbeit leben können“, so Unger. „Es darf nicht sein, immer wieder reflexhaft die Schuld den Verbraucherinnen und Verbrauchern in die Schuhe zu schieben. Das ist einfach Käse.“