foodwatch-Report: Jedes dritte Getreideprodukt mit Pestiziden belastet –Verbraucherorganisation fordert von Rewe, Aldi & Co pestizidfreies Brot
+++ Report „The Dark Side of Grain“: www.foodwatch.org/pesticides-report +++
Berlin/Brüssel/Paris/Amsterdam. Ein Drittel der Getreideprodukte in Europa ist mit Pestizid-Rückständen belastet. Zu diesem Ergebnis kommt ein heute veröffentlichter foodwatch-Bericht. Die Verbraucherorganisation forderte die deutschen Supermärkte auf, ihr Sortiment an Brot und anderen Getreideprodukten auf pestizidfreie Produktion umzustellen. Die Getreideproduktion trägt wesentlich zum übermäßigen Pestizideinsatz in Deutschland und der EU bei. Allein auf Weizen und Gerste entfallen 45 Prozent des Pestizideinsatzes in Deutschland und mehr als 60 Prozent der bundesweit gespritzten Fläche.
„In ihren Marketingkampagnen propagieren Rewe, Aldi & Co. den Schutz der Umwelt und Biodiversität. Was die Supermärkte gerne verschweigen: Bei der Herstellung von Brot, Haferflocken und anderen Getreideprodukten kommen oftmals gefährliche Pestizide wie Glyphosat zum Einsatz – mit gravierenden Folgen für Umwelt, Klima und Artenvielfalt”, erklärte Annemarie Botzki von foodwatch. „Die Supermärkte sollten ihre Marktmacht nutzen und nur noch pestizidfreie Getreideprodukte verkaufen. Eine pestizidfreie Getreideproduktion würde den Pestizideinsatz in Deutschland auf einen Schlag halbieren. Wenn unser tägliches Brot pestizidfrei wäre, dann wäre das ein Riesenschritt hin zu einer nachhaltigeren und umweltfreundlicheren Landwirtschaft.”
Für den Bericht „The Dark Side of Grain“ hat foodwatch Daten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zu Pestizidrückständen in unverarbeitetem Getreide und verarbeiteten Getreideprodukten wie Brot und Haferflocken analysiert. 837 von insgesamt 2.234 Proben (37 Prozent) enthalten demnach ein oder mehrere Pestizide. Die belasteten Proben weisen 1.215 Rückstände von 65 verschiedenen chemischen Pflanzenschutzmitteln auf. Davon überschreiten zwar lediglich 18 Rückstände in 14 Proben die Rückstandshöchstmengen (MRL), jedoch birgt die schiere Zahl verschiedener Pestizide (Pestizid-Cocktail) in den Produkten ein gesundheitliches Risiko für Verbraucher:innen. In verarbeiteten Getreideprodukten wie Mehl, Brot oder Haferflocken sind die Rückstände deutlich höher als in unverarbeiteten Getreidesorten.
Protestaktion an Supermarkt-Ketten
foodwatch warf Rewe, Aldi und anderen Handelsketten vor, ihre Nachhaltigkeitsversprechen nicht zu erfüllen. Ihre Maßnahmen zur Reduktion des Pestizid-Einsatzes beschränkten sich auf Obst und Gemüse. Dies reiche bei weitem nicht aus, um die Artenvielfalt, das Klima und die Umwelt zu schützen, so die Verbraucherorganisation. Supermarktketten hätten das Problem der bedrohten Artenvielfalt zwar erkannt und entsprechende Programme gestartet. „Lidl-Lebensräume“ etwa soll „Menschen für die bedrohte Artenvielfalt sensibilisieren und einen Beitrag für den Schutz der Wildbiene und anderer Nützlinge leisten”. Rewe kooperiert mit Umweltorganisationen und druckt das „Pro Planet“-Label mit dem Zusatz „Mehr Artenvielfalt“ auf Produkte, deren Herstellung „den Erhalt der Artenvielfalt fördert“.
Kein einziges Handelsunternehmen habe jedoch eine Biodiversitätsstrategie, die die Getreideproduktion einschließt, kritisierte foodwatch. Unter foodwatch.org/de/mitmachen/aktion-pestizide startete die Verbraucherorganisation eine internationale Online-Petition, die Einzelhändler wie Aldi und Edeka, Albert Heijn und Carrefour auffordert, bis 2025 nur noch pestizidfrei hergestellte Getreideprodukte zu verkaufen. Die Supermärkte sollen jedes Jahr Daten veröffentlichen, die zeigen, welche Produkte ohne Pestizide hergestellt werden und welche nicht. Als positives Beispiel verwies foodwatch auf den Schweizer Einzelhändler Migros, der sich für eine pestizidfreie Getreideproduktion einsetzt.
Europaweit werden etwa 50 Prozent der Ackerflächen, also insgesamt 52 Millionen Hektar, für den Anbau von Getreide wie Weizen und Mais genutzt. Das entspricht fast der Fläche Frankreichs. Für Obst und Gemüse wird hingegen lediglich die Fläche von Slowenien, dem drittkleinsten Land der EU, verwendet.
(Hinweis: Wir haben nach Versand der Pressemitteilung das wörtliche Zitat in der Online-Version minimal geändert, damit es besser verständlich ist.)