foodwatch verklagt Bundesregierung auf Einsicht in Protokolle der Lebensmittelbuch-Kommission – Kommission soll Entscheidungswege über Zusammensetzung und Bezeichnung von Nahrungsmitteln offen legen
Die Verbraucherrechtsorganisation foodwatch hat beim Verwaltungsgericht Berlin Klage gegen die Bundesregierung erhoben, um Einsicht in Protokolle der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission beim Bundesernährungsministerium zu erhalten. Die Lebensmittelbuch-Kommission erstellt Leitsätze für die Herstellung von Lebensmitteln, beschreibt deren Eigenschaften und legt fest, unter welchen Bezeichnungen die Waren in den Handel kommen (so genannte Allgemeine Verkehrsauffassung). Beispielsweise bestimmt sie, welche Zusatzstoffe erlaubt sind, ab wann ein Saft als „reich an Vitamin C“ bezeichnet werden kann oder dass gepresste Fleischstücke als „Formfleisch“ verkauft werden dürfen. Hersteller und die kontrollierenden Behörden richten sich nach den Leitsätzen der Kommission. Die Protokolle der Sitzungen hält die Kommission, in der Lebensmittelhersteller und -händler die größte Gruppe bilden, unter Verschluss.
foodwatch erwartet aus den Unterlagen Aufschluss darüber, inwiefern Verbraucherbelange bei den Beratungen überhaupt berücksichtigt oder ob die Wirtschaftsinteressen durchgesetzt werden. „Wir Verbraucher erfahren nicht, wie Herstellungsbeschleuniger, Rohstoff-Verbilliger oder Zusatzstoffe gerade für welche Rezepturen ohne Beanstandung durchgewinkt werden“, sagte foodwatch-Kampagnenleiter Matthias Wolfschmidt.
Die Verbraucherrechtsorganisation beruft sich auf das seit 2006 geltende Informationsfreiheitsgesetz, demzufolge Behörden und Bundeseinrichtungen mit öffentlich-rechtlichen Verwaltungsaufgaben Bürgern innerhalb eines Monats Einsicht in amtliche Dokumente gewähren müssen. Das Gesetz setzt das Öffentlichkeitsprinzip als Grundsatz der Meinungs- und Willensbildung in einer Demokratie um.
Die Lebensmittelbuch-Kommission hatte einen ersten Antrag im Januar 2007 nach mehr als acht Monaten ohne inhaltliche Begründung abgewiesen. Nach einem anschließenden, erfolglosen Widerspruch reichte foodwatch Ende November die Klage ein.