Wie viele Süßigkeiten dürfen Kinder essen?
Kinder essen gern Süßes. Doch wie viele Süßigkeiten pro Tag sind eigentlich in Ordnung?
Oliver Huizinga von foodwatch antwortet:
Übergewicht, Diabetes, Herzkrankheiten: Die gesundheitlichen Folgen einer ungesunden Ernährung sind verheerend. Der Grundstein dafür wird in der Kindheit gelegt, denn in der Kindheit erlernte Ernährungsmuster werden oft ein Leben lang beibehalten. Aktuell gelten etwa zwei Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland als übergewichtig, davon 800.000 als adipös. Und das Ernährungsverhalten ist weit vom Ideal entfernt: Beim Zuckerkonsum liegen Kinder etwa 60 Prozent über dem maximal von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Menge. Von diesem viel zu hohen Level müssen wir dringend weg kommen – aber das heißt nicht, dass Zucker und Süßigkeiten komplett tabu sein müssen.
Wie viele Süßigkeiten sind ok?
Anders als hin und wieder angenommen wird, gibt es keinen Zucker“bedarf“. Zwar benötigt das Gehirn Glukose, aber der Körper kann diese selbst herstellen – zum Beispiel aus Brot oder Kartoffeln. Niemand muss also Zucker essen, um zu funktionieren – auch Kinder nicht. Die Empfehlungen der WHO für den Zuckerkonsum beschreiben die maximal empfohlene Dosis, nicht die empfohlene Dosis. Die WHO empfiehlt, nicht mehr als 10 Prozent der täglichen Energiemenge aus Zucker aufzunehmen – noch besser wäre laut WHO weniger als 5 Prozent der Energiemenge. Da diese Empfehlung wenig alltagstauglich ist, gibt es eine praktische Alternative als Mengenmaß: die Hand. Die Faustformel für Kinder (und Erwachsene) lautet: Nicht mehr als eine Handvoll Süßigkeiten am Tag. Das hat den Vorteil, dass keine komplizierte Rechenformel nötig ist. Die Hand ist auch immer dabei und sie wächst mit. Die akzeptable Menge Süßigkeiten wächst auch mit dem Alter und lässt sich so gut im Blick behalten. Eine Ausnahme sind Kleinkinder und Säuglinge: Hier rät die medizinische Fachgesellschaft für Kinder und Jugendmedizin, auf Süßigkeiten möglichst zu verzichten.
Empfehlungen allein reichen nicht!
Doch machen wir uns nichts vor: Die allgemein gängigen Ernährungsempfehlungen – nicht zu viel Süßigkeiten, nicht zu viel Fleisch, mehr Obst, mehr Gemüse – sind nicht neu. Und wenn wir hier, an dieser Stelle, diese Empfehlungen wiederholen, dann wird auch das wenig bewirken. Die sogenannte Verhaltensprävention – also die Strategie, über Wissensvermittlung, Appelle und Empfehlungen das Verhalten zu beeinflussen, ist nachweislich gescheitert. Stattdessen müssen wir für eine Verhältnisprävention streiten – eine Umgebung, die uns (und insbesondere Kindern) die gesunde Wahl erleichtert, und nicht erschwert: Die Kennzeichnung muss auf einen Blick gesunde von ungesunden Produkten unterscheidbar machen, Comicfiguren und Spielzeugbeigaben haben auf zuckrigen Produkten nichts verloren, denn das verleitet Kinder zu noch mehr Zuckerkonsum, und das Essensangebot in Schule und Kita muss dringend gesünder werden. All das beeinflusst Kinder im Ernährungsverhalten erheblich. Hier ist die Politik in der Verantwortung, gesunde Rahmenbedingungen zu schaffen.