Zum Zeitpunkt der Studie kostete ein Kilogramm herkömmliches Schnitzel rund 7 Euro – im Vergleich zu 13 Euro für ein Kilogramm Bio-Schnitzel. Fast das Doppelte. Wie kommt dieser Unterschied zustande?
Zweifelsohne haben Bio-Schweinehalter höhere Kosten als ihre konventionellen Konkurrenten. Sie müssen mehr für Ferkel und Futter, eine längerer Mastdauer, eine tiergerechtere Haltung und Personal ausgeben. Die Erzeugerpreise von Öko-Schnitzel liegen damit um 60 Prozent über denen für konventionelles Fleisch. Doch den Endverbraucherpreis beeinflussen die Kosten für eine andere Tierhaltung nicht wesentlich – sie tragen nur einige Cent zu dem Betrag bei, der im Handel ausgewiesen wird.
Ungleicher Wettbewerb
Die so großen Preisunterschiede zwischen Schweinefleisch in Ökoqualität und konventionellem Schweinefleisch im Supermarkt sind vor allem die Folge eines ungleichen Wettbewerbs. Der beginnt für konventionelle Unternehmen schon mit einem entscheidenden Startvorteil: Bei der konventionellen Fleischerzeugung fallen hohe Kosten für Umweltschäden an, die sich nicht auf die Verbraucherpreise auswirken. Denn nicht die Landwirte als Verursacher müssen die bei der Produktion eines Schnitzels entstehenden Umweltkosten bezahlen (und entsprechend einpreisen). Es handelt sich um Kosten für Schäden, die durch Kohlendioxid-Emissionen (Treibhauseffekt) sowie durch die Verschmutzung von Wasser mit Phosphaten, Nitraten und Pflanzenschutzmitteln verursacht werden – und für die die Allgemeinheit aufkommt. Bei der ökologischen Produktion fallen diese Kosten in weit geringerem Umfang an, weil zum Beispiel im Futteranbau auf Spritzmittel und Mineraldünger verzichtet wird. Bei der Erzeugung von einem Kilogramm Ökoschnitzel werden im Vergleich zur konventionellen Produktion eingespart:
- 1/4 Energie
- 3/4 der Stickstoffbelastungen
- 3/4 der Treibhausbelastungen
- 100 Gramm Mineraldünger
- 1,5 Gramm Pflanzenschutzmittel.
Dafür fällt ein Mehrbedarf an von
- etwa der Hälfte an Futter-Anbaufläche und 40 bis 95 Prozent an Arbeitszeit.
Müssten die Erzeuger von konventionellem Fleisch die wahren Umweltkosten (rund 45 Cent pro Kilo Fleisch) bezahlen, so würde sich die Differenz der Gesamtproduktionskosten im Vergleich zum Ökofleisch von 83 auf 38 Cent verringern (von 58 auf 20 Prozent). Statt 1,43 Euro pro Kilogramm müsste der konventionell wirtschaftende Landwirt 1,90 Euro pro Kilogramm verlangen. Die Umweltkosten der ökologischen Erzeugung sind weitaus geringer: Der Ökolandwirt müsste statt 2,26 Euro pro Kilogramm dann 2,28 Euro pro Kilogramm verlangen. Die Erzeugerpreise lägen damit nur 38 Cent auseinander.
Hohe Vermarktungskosten für Bio-Ware
Die enorme Differenz von mehreren Euro beim Endverkaufspreis kommt vornehmlich durch die hohen Vermarktungskosten für Ökofleisch zustande. Die Mengen des gehandelten Öko-Fleisches sind klein. Der Marktanteil betrug zum Zeitpunkt der Studie nur 0,5 Prozent, 61.000 Öko-Schweinen standen 10,5 Millionen Mastschweine gegenüber. Ökofleisch ist ein Nischenprodukt innerhalb des hochgradig rationalisierten Systems heutiger Schweinefleischproduktion. Deshalb sind die Vertriebskosten und die damit verbundenen Investitionen für gesonderten Transport, Schlachtung, Zerlegung und anschließende Verteilung von Ökofleisch in die Läden relativ hoch. Das senkt gleichzeitig die Nachfrage. Hohe Vertriebskosten und geringe Nachfrage bedingen sich gegenseitig.
Im Vergleich zu konventionellem Schweinefleisch fallen für ein Kilo ökologisch erzeugtes Schweinefleisch an:
- 0,14 Euro höhere Kosten bis zum Schlachthof
- 0,06 Euro höhere Schlachtkosten
- 4,00 Euro höhere Kosten für den gesamten Vertrieb bis zur Ladentheke, sowie
- bis zu 50 Prozent nicht als Ökofleisch verkäufliches „Verarbeitungsfleisch“.
- Die Differenz der Endverkaufspreise wird durch den Umstand vergrößert, dass vom Ökofleisch nur die Edelteile (Schinken, Filet, Schnitzel) zu Ökopreisen abgesetzt werden können. So genanntes Verarbeitungsfleisch, zum Beispiel Bauch für die Herstellung von Wurst, muss dagegen größtenteils zum konventionellen Preis für die Wurstfabrikation abgesetzt werden. Das betrifft insgesamt etwa die Hälfte des Schlachtkörpers.
- Entsprechende Absatzmöglichkeiten für Bio-Wurst sind nicht so weit entwickelt, dass alles Verarbeitungsfleisch auf diese Weise im Markt untergebracht werden könnte. Wenn neben den Edelstücken auch das Verarbeitungsfleisch zu ökologischen Preisen abgesetzt werden könnte, wären dagegen Preissenkungen bei den Edelstücken an der Ladentheke möglich.
- Kleinmengenzuschläge bei Erfassung, Schlachtung und Weiterverarbeitung sowie die Tatsache, dass nur die Hälfte des Ökoschweins als Ökofleisch vermarktet werden kann, summieren sich zu Mehrkosten beim Vertrieb von Ökofleisch von insgesamt 4 Euro pro Kilogramm.
(Stand: 24.03.2004)