Nachricht 11.07.2017

EU-Kommission will Glyphosat für weitere zehn Jahre

Der umstrittene Unkrautvernichter Glyphosat soll nach dem Willen der EU-Kommission für weitere zehn Jahre in Europa zugelassen werden. Das geht aus dem Vorschlag der Brüsseler Behörde hervor. Die Entscheidung darüber sollen Vertreter der EU-Staaten treffen, bevor zum Jahresende die aktuelle Zulassung ausläuft.

Das auch auf deutschen Feldern breit eingesetzte Glyphosat steht im Verdacht, Krebs zu verursachen. Allerdings kam die europäische Chemikalienagentur ECHA im März zu dem Schluss, dass verfügbare wissenschaftliche Erkenntnisse nicht die Kriterien erfüllten, um Glyphosat als krebserregend zu bewerten. Die Substanz schädige indes ernsthaft die Augen und sei giftig für Organismen im Wasser.

Die EU-Kommission legt den nationalen Regierungen in ihrem Vorschlag nun nahe, die Glyphosat-Nutzung an Orten mit viel Publikumsverkehr zu minimieren. Dabei geht es etwa um öffentliche Parks, Sportplätze, Schulgelände, Kinderspielplätze oder die Außenanlagen von Krankenhäusern. Das Verbot bestimmter Beistoffe, die als Risiko für Menschen gelten (POE-Tallowamine), soll aufrecht erhalten werden.

EU-Staaten konnten sich bisher nicht einigen

Die Europäische Kommission will die Neuzulassung von Glyphosat nur dann durchsetzen, wenn sie den Rückhalt der Mitgliedsstaaten bekommt. Das erklärte der zuständige EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis. Im Umkehrschluss heißt das: Sollte ein Expertenausschuss der Mitgliedsländer mehrheitlich gegen Glyphosat stimmen, könnte auch die Kommission den Wirkstoff verbieten.

Bislang ist die Bundesregierung beim Thema Glyphosat uneinig. Umweltministerin Barbara Hendricks ist gegen eine Neuzulassung des Unkrautvernichters. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt ist dafür. Vor einem Jahr hatte sich Deutschland in dem für Glyphosat zuständigen EU-Ausschuss deshalb enthalten, die EU-Staaten konnten sich nicht auf eine gemeinsame Position einigen – und die Europäische Kommission hat Glyphosat zunächst nur provisorisch für weitere 18 Monate zugelassen. Ein Erfolg für die Zivilgesellschaft, die mächtig Druck gemacht hatte.

foodwatch fordert: Vorsorgeprinzip anwenden!

Es bleibt dabei: Bei der Bewertung von Glyphosat sind die Wissenschaftler uneins. Die WHO-Krebsforschungsagentur (IARC) kommt zu dem Schluss, es sei „wahrscheinlich krebserregend“, die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und die europäische Chemikalienagentur (ECHA) teilen diese Einschätzung nicht. Solange es aber begründete Zweifel an der Ungefährlichkeit von Glyphosat gibt – und diese bestehen durch die Einschätzung des IARC weiter – muss die EU-Kommission aus Sicht von foodwatch das im EU-Recht verankerte Vorsorgeprinzip anwenden. Das heißt: Solange seriöse Hinweise auf gesundheitliche Risiken im Raum stehen, darf Glyphosat nicht weiter auf dem Acker eingesetzt werden!

foodwatch fordert, dass grundsätzlich allen potenziell schädlichen Wirkstoffen für Pflanzenschutzmittel die Zulassung entzogen werden, sobald es ernsthafte Hinweise auf gesundheitliche Risiken gibt. Das würde dem im EU-Recht verankerten Vorsorgeprinzip gerecht. Denn es darf nicht sein, dass, wenn die eine schädliche Substanz verboten wird, einfach eine andere, genauso schädliche, gespritzt wird.

Bei künftigen Zulassungsverfahren dürfen nur noch solche Wirkstoffe und Präparate als Pflanzenschutzmittel zugelassen werden, die transparent und unabhängig toxikologisch bewertet wurden und bei denen keine substantiellen Hinweise auf gesundheitliche Risiken für Verbraucherinnen und Verbraucher vorliegen – sei es für die Wirkstoffe selbst oder für die zahlreichen Zusätze in den anwendungsfertigen Präparaten.

Text: mit dpa. Foto: fotolia.com/Dusan Kostic - Iris Kaschl