Glyphosat darf weiter eingesetzt werden
Nach monatelangem Hin und Her steht nun fest: Das umstrittene Ackergift Glyphosat darf auch künftig in Europa verkauft werden. Die EU-Staaten haben die Zulassung für weitere fünf Jahre gebilligt. Auch Deutschland hat dafür gestimmt.
Das umstrittene Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat soll noch fünf Jahre in Europa auf dem Markt bleiben. Die EU-Länder billigten diesen Vorschlag am Montag mehrheitlich. Die EU-Kommission will ihn nach eigenen Angaben rasch umsetzen. Dass letztlich auch Deutschland zustimmte, führte aber sofort zu offenem Streit in der noch amtierenden Bundesregierung. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) zeigte sich empört über Agrarminister Christian Schmidt (CSU). Der Zwist könnte Gespräche von Union und SPD über eine Neuauflage der großen Koalition belasten.
Monsanto profitiert von weiterer Zulassung
Die Verlängerung ist nicht nur bedeutend für Landwirtschaft und Verbraucher, sondern auch für den deutschen Chemieriesen Bayer, der den Glyphosat-Erfinder Monsanto übernehmen will. Glyphosat ist ein sehr wirksames Unkrautgift und wird weltweit in großen Mengen in der Landwirtschaft eingesetzt. Einige Wissenschaftler sehen jedoch ein Krebsrisiko. Mehr als eine Million Bürger in der EU haben gegen eine weitere Zulassung des Mittels unterschrieben.
Hendricks erklärte nach der Entscheidung, sie habe ihrem Kollegen Schmidt noch am Montag telefonisch „eindeutig erklärt, dass ich mit einer Verlängerung der Zulassung von Glyphosat weiterhin nicht einverstanden bin, auch nicht unter bestimmten Konditionen“. Damit sei klar gewesen, dass sich Deutschland hätte enthalten müssen. Das habe Schmidt per SMS bestätigt. Der aus dem Agrarministerium entsandte Vertreter Deutschlands stimmte dann aber doch zu.
Alleingang von CSU-Minister Schmidt
Schmidt verteidigte dies. „Mit unserer heutigen Zustimmung zur weiteren Zulassung von Glyphosat für fünf Jahre konnten wir wichtige Bedingungen durchsetzen“, sagte der CSU-Politiker der „Rheinischen Post“ (Dienstag). Der Minister nannte unter anderem die „Stärkung der Rolle von Biodiversität und Tierschutz“. Schmidt argumentierte, die Kommission hätte die Zulassung auch ohne Rückendeckung der EU-Länder verlängert, dann aber „ohne diese Bedingungen“. Deutschland werde „zusätzliche Maßnahmen im Sinne restriktiverer Anwendungen ergreifen“.
Das Genehmigungsverfahren hatte sich monatelang hingezogen, unter anderem, weil sich Deutschland wegen des Streits zwischen Hendricks und Schmidt immer wieder enthalten hatte. Erst in einem Vermittlungsverfahren am Montag klappte es dann doch mit der nötigen qualifizierten Mehrheit: Nach Angaben der Kommission stimmten 18 Mitgliedstaaten für eine Verlängerung um fünf Jahre, neun dagegen, ein Land habe sich enthalten. Die EU-Kommission wollte ursprünglich eine Verlängerung um zehn, dann um sieben Jahre, ging aber schließlich auf fünf zurück.
foodwatch kritisiert Vorrang wirtschaftlicher Interessen
foodwatch reagierte mit scharfer Kritik auf den Beschluss. „Wirtschaftliche Interessen erhalten Vorrang vor dem Gesundheitsschutz und vor ökologischen Belangen“, erklärte Geschäftsführer Martin Rücker. Auch Greenpeace kritisierte: „Die Leute, die uns vor gefährlichen Pflanzenschutzmitteln schützen sollen, haben ihren Job nicht erledigt und das Vertrauen missbraucht, das ihnen die Europäer entgegenbrachten.“
Text: dpa. Foto: Rasmus Landgreen/ unsplash