Zwergenwiese: Kinder-Tomatensauce Bio
Der Bio-Hersteller Zwergenwiese bewirbt seine Tomatensauce mit großen, bunten Buchstaben sowie einer Comic-Zwergen-Figur und spricht damit direkt Kinder an. Bei Eltern entsteht so der Eindruck, die Rezeptur sei kindgerecht. Doch die Kinder-Tomatensauce enthält 11 Prozent Zucker. Das macht pro Portion umgerechnet ganze sechseinhalb Zuckerwürfel – und ist alles andere als kindergerecht.
Zum Vergleich: Die Zwergenwiese-Tomatensauce „Traditionale“, die nicht als Kinderprodukt vermarktet wird, kommt mit nur 4,6 Prozent Zucker aus. Der Zuckergehalt im vermeintlich kindgerechten Produkt ist damit ganze 140 Prozent höher. Von den 12 Tomatensaucen aus dem Haus Zwergenwiese ist ausgerechnet die Kinder-Tomatensauce mit Abstand die zuckrigste.
Eine Frechheit, vor allem bei einer Sauce explizit für Kinder. Auch wenn der Zucker aus Äpfeln kommt, ist es immer noch unnötigerweise zugesetzter Zucker.hat die Tomatensauce im foodwatch-Schummelmelder eingereicht
Zuckerzusatz auf Umwegen
Zwergenwiese hat dem Produkt nicht etwa herkömmlichen Haushaltszucker zugesetzt, nein - die Rezeptur enthält acht Prozent Apfeldicksaft. Doch hoppla: Apfeldicksaft besteht üblicherweise zu 60 bis 80 Prozent aus Zucker. Diesen verschleierten Zuckerzusatz beschönigt Zwergenwiese durch den großen Hinweis „mit der natürlichen Süße von Äpfeln – ‚enthält von Natur aus Zucker‘“ bei der Zutatenliste und die schöne Formulierung„mild-tomatig mit Apfelsüße“ auf der Vorderseite.
Zwergenwiese ignoriert WHO-Empfehlung
Tatsächlich gilt Zucker, der über Apfeldicksaft in ein Lebensmittel gelangt, aber laut Weltgesundheitsorganisation als zugesetzter beziehungsweise „freier“ Zucker. Und gemäß den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation für Kindermarketing sollten nur (Tomaten-)Saucen ohne Zuckerzusatz an Kinder beworben werden. Hintergrund ist dabei einerseits der sowieso schon zu hohe Zuckerkonsum von Kindern, andererseits die frühe Prägung auf einen süßen Geschmack. Doch diese Empfehlung interessiert Zwergenwiese offensichtlich wenig...
Verdient Zwergenwiese dafür den Goldenen Windbeutel, den Preis für die dreisteste Werbelüge des Jahres?
So reagiert Zwergenwiese
Zwergenwiese hat seine zuckrige Kinder-Tomatensoße nach der Nominierung für den Goldenen Windbeutel verteidigt – und damit scharfe Kritik von Kinderärztepräsident Dr. Thomas Fischbach auf sich gezogen: Der Bio-Hersteller rechtfertigte sich auf seiner facebook-Seite mit der Aussage: „Je jünger das Kind, desto süßer 'sollte' das Produkt sein.“ Dr. Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte in Deutschland, bezeichnete die Aussage von Zwergenwiese als „ebenso dumm wie gefährlich“: „Geschmack wird anerzogen und es gehört in die Verantwortung von Herstellern wie Eltern, hier die richtigen Weichen zu stellen.“ In einer Stellungnahme an foodwatch verteidigte sich Zwergenwiese zudem damit, dass bei der Süßempfindung „für Kinder andere Maßstäbe“ gelten würden. Außerdem würde kein Kristallzucker, sondern Apfeldicksaft zugesetzt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert allerdings auch Apfeldicksaft als freien bzw. zugesetzten Zucker. Gemäß den Empfehlungen der WHO für Kindermarketing sollten nur Tomatensaucen ohne Zuckerzusatz an Kinder beworben werden. Die Ankündigung von Zwergenwiese, den Apfeldicksaft-Gehalt von acht auf fünf Prozent reduzieren zu wollen, ist daher ungenügend.