Mineralöle: Supermarkt-Konzern nimmt Politik in die Pflicht
Ob Schokolade, Nudeln oder Reis: Immer wieder sind Lebensmittel mit Mineralölen verunreinigt. Darunter sind aromatische Mineralöle, die unter Verdacht stehen, krebserregend und erbgutverändernd zu sein. Die gesundheitsgefährdenden Substanzen können aus Recyclingpapier oder Druckfarben von der Verpackung auf die Lebensmittel übergehen. Oft findet die Verunreinigung aber auch schon während des Produktionsprozesses statt, etwa durch Schmier- und Hydrauliköle bei Ernte- oder Produktionsmaschinen
Obwohl das Problem schon seit etwa 25 Jahren bekannt ist, gibt es bisher keine Regulierung auf europäischer Ebene – und auch keine Gesetze in den einzelnen Mitgliedstaaten. Nun hat sich Michel-Edouard Leclerc in der Debatte zu Wort gemeldet: Er ist der Vorstandsvorsitzende von E.Leclerc, einer der größten französischen Einzelhandelsketten. Was er konkret fordert – und wie wir von foodwatch das einschätzen, seht Ihr in unserem Video.
Die Transparenz von E.Leclerc ist bemerkenswert. Ein Manager, der sich vor die Kamera stellt und über Maßnahmen gegen Mineralöle in Lebensmitteln spricht – in Deutschland ist das bislang kaum denkbar. Der Spitzenverband der Lebensmittelwirtschaft in Deutschland, BLL, hält die Debatte um Mineralöle in Lebensmitteln weiterhin für „willkürliche Panikmache“. Unter den großen Einzelhandelsketten in Deutschland verlangen bislang lediglich Aldi Süd, Lidl und Kaufland von ihren Zulieferern, konkrete Höchstwerte für Mineralölverunreinigungen einzuhalten. Edeka und Metro verfolgen zwar eigene Minimierungsstrategien, machen allerdings keine konkreten Vorgaben für Grenzwerte. Rewe reagiert auf Anfragen von foodwatch überhaupt nicht.
„Gesetze verschärfen, und zwar auf europäischer Ebene“
Ganz anders die französische Handelskette E.Leclerc, die sich bei dem Thema gesprächsbereit zeigt. Nun gibt der Vorstandsvorsitzende offen zu, dass es schwierig sei, die großen Hersteller von Markenprodukten zum Umdenken zu zwingen. Der Grund: Es gibt keine gesetzlichen Grenzwerte. Er fordert daher schärfere Gesetze, und zwar auf europäischer Ebene. Die aktuelle gesetzliche Lage zu Mineralölen und anderen hormonähnlich wirksame Substanzen entspreche nicht dem Stand der Wissenschaft.
Gesetzliche Grenzwerte fehlen weiterhin
foodwatch fordert die deutschen Einzelhandelsketten auf, sich den Forderungen von E.Leclerc anzuschließen und eine gesetzliche Regelung einzufordern. Nötig ist eine Verpflichtung für alle Lebensmittelhersteller, bei Kartonverpackungen sogenannte funktionelle Barrieren einzusetzen: Mit einem geeigneten Innenbeutel oder einer Beschichtung der Verpackung wird der Übergang von Mineralölen und hunderten weiteren gesundheitsgefährdenden Chemikalien auf die Lebensmittel verhindert. Außerdem müssen gesetzliche Höchstwerte für Mineralöle in den Lebensmitteln selbst festgelegt werden. Für die besonders kritischen aromatischen Mineralöle (MOAH) muss eine Null-Toleranz gelten. Nur so kann erreicht werden, dass alle Hersteller dafür sorgen, dass auch aus anderen Quellen, wie Produktionsmaschinen und Transport-Umverpackungen, kein Mineralöl in Lebensmittel gelangt.
Frischfaserkarton und pflanzliche Druckfarben reichen nicht aus
Die von Michel-Edouard Leclerc vorgestellten Maßnahmen bei den Leclerc-Eigenmarken sind wichtige erste Schritte, gehen aber noch nicht weit genug. So hat er angekündigt, dass sein Unternehmen bei Eigenmarken nur noch Verpackungen aus Frischfaserkarton und pflanzliche Druckfarben ohne Mineralöle verwendet. Doch auch so bleibt ein Risiko: Denn Mineralöle und andere Substanzen können sogar aus den großen Umkartons, in denen die Lebensmittel transportiert werden, durch die Verpackung aus frischem Papier hindurch in das Lebensmittel übergehen. foodwatch fordert daher von E.Leclerc, funktionelle Barrieren einzusetzen, um den Übergang von Mineralölen und hunderten weiteren gesundheitsgefährden Substanzen auf die Lebensmittel zu unterbinden.