Nachricht 24.01.2020

Oberste Gerichte geben „Topf Secret“ recht

iStock/NiseriN

Seit Monaten läuft die Gastro-Lobby Sturm gegen das Verbraucher-Portal „Topf Secret“ und klagt vor etlichen Gerichten in ganz Deutschland. Die ersten zwei Verwaltungsgerichte haben jetzt entschieden – zugunsten der Bürgerinnen und Bürger. 

Ob Mäusekot in der Bäckerei oder Schimmel im Restaurant – immer wieder gibt es teils ekelerregende Zustände in Lebensmittelbetrieben. Verbraucherinnen und Verbraucher erfahren davon in der Regel nicht, denn die allermeisten Kontrollergebnisse bleiben geheim und landen in den Aktenschränken der Behörden. Der Lobbyverband der Hotels und Gaststätten (DEHOGA) will, dass das so bleibt. Entsprechend groß war der Aufschrei, als foodwatch und die Transparenz-Intiative FragDenStaat vor einem Jahr ins Leben gerufen hat. Auf www.topf-secret.foodwatch.de können Bürgerinnen und Bürger  auf Grundlage des Verbraucherinformationsgesetzes (VIG) amtliche Kontrollergebnisse abfragen – auch solche, die die Behörden bislang geheim halten. Im Anschluss können die Nutzerinnen und Nutzer die Berichte auf der Plattform hochladen.

Ein Dämpfer für die Gastro-Lobby

Die Gastro-Lobby bezeichnet „Topf Secret“ als rechtswidrig und ermutigt etliche Betriebe deutschlandweit, gegen die Herausgabe der Kontrollergebnisse durch die Behörden zu klagen. Jetzt haben die ersten zwei Oberverwaltungsgerichte höchstrichterliche Entscheidungen gefällt: Bürgerinnen und Bürger haben einen Anspruch auf die Informationen – ohne Wenn und Aber. 

Das erste Urteil fällte der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg. Die Richterinnen und Richter wehrten mehrere der zentralen Argumente der Gastro-Lobby  ausdrücklich ab. So behauptet der DEHOGA in einem „Argumentationspapier“ unter anderem, dass die über „Topf Secret“ gestellten Anträge missbräuchlich seien, weil die Kontrollergebnisse auf einer Internetplattform veröffentlicht werden sollen. Dies entspreche nicht dem Zweck des Verbraucherinformationsgesetzes (VIG). Der Verwaltungsgerichtshof machte hierzu allerdings deutlich: „Im Gegenteil, es entspricht der ausdrücklichen Zwecksetzung des § 1 VIG, den Markt transparenter zu gestalten, sodass in einer Internetpublikation eine Stärkung des Verbraucherschutzes gesehen werden kann.“

Berufsfreiheit der Unternehmen wird nicht verletzt

Außerdem argumentiert der DEHOGA damit, dass die Informationserteilung die grundrechtlich verbürgte Berufsfreiheit der Betriebe verletze. Im Beschluss des VGH heißt es dazu: „Das Grundrecht der Berufsfreiheit vermittelt kein Recht des Unternehmens, nur so von anderen dargestellt zu werden, wie es gesehen werden möchte oder wie es sich und seine Produkte selber sieht.“ Das Unternehmen hätte die negative Darstellung in der Öffentlichkeit durch rechtstreues Verhalten  verhindern können. 

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht schloss sich dem an: Das VIG verpflichte Behörden, Verbraucherinnen und Verbrauchern derartige Berichte auf Anfrage „unverzüglich zugänglich zu machen“. Der Gesetzgeber strebe „eine umfängliche Information der Marktteilnehmer über Rechtsverstöße“ an. Deshalb sei es auch mit dem VIG vereinbar, die Berichte im Internet zu veröffentlichen, so das Gericht. 

Weitere Urteile folgen

Die Gerichtsentscheidungen sind von weitreichende Bedeutung für weitere Verfahren um die „Topf Secret“. Beide Beschlüsse folgten der Linie des Bundesverwaltungsgerichts, das kürzlich in einem Grundsatzurteil die Informationsrechte nach dem VIG eindeutig gestärkt hat: Bürgerinnen und Bürger hätten über das Verbraucherinformationsgesetz einen Rechtsanspruch, amtliche Informationen zur Lebensmittelüberwachung zu erhalten. Auch eine mögliche Veröffentlichung stehe dem nicht entgegen. In zweiter Instanz beschäftigen sich derzeit mehrere Oberverwaltungsgerichte mit „Topf Secret“. foodwatch erwartet die Entscheidungen in den nächsten Wochen. 

Seit dem Start im Januar 2019 wurden mehr als 40.000 VIG-Anfragen über „Topf Secret“ verschickt. Der Großteil der etwa 400 in Deutschland zuständigen Behörden gewährt den Bürgerinnen und Bürgern die beantragten Informationen.

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