Pressemitteilung: foodwatch: BDI soll Falschinformationen über TTIP korrigieren – Zehn Mal mehr Wirtschaftswachstum versprochen als in Studie geschätzt – Offener Brief an Industriepräsident Ulrich Grillo
Die Verbraucherorganisation foodwatch hat den Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) aufgefordert, Falschinformationen über TTIP zu korrigieren. Unter Berufung auf eine Studie stellt der BDI wiederholt Wachstumseffekte durch das geplante transatlantische Freihandelsabkommen in Aussicht, die zehn Mal höher sind als von den Studienautoren angegeben.
„Angesichts der von Ihnen wiederholt verbreiteten, krassen Fehlinformationen ist es befremdlich, dass Sie Ihrerseits den TTIP Kritikern vorwerfen, ‚Mythen‘ über TTIP zu verbreiten“, schrieb foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode es in einem heute veröffentlichten Offenen Brief an BDI-Präsident Ulrich Grillo.
In einer Verbandspublikation, auf der BDI-Internetseite sowie in einem Interview von BDI-Präsident Grillo wird die Behauptung aufgestellt, dass ein umfassendes TTIP-Abkommen in der EU und in den USA zu einem jährlichen Wirtschaftswachtum von rund 100 Milliarden Euro bzw. zu einem jährlichen Wirtschaftswachstum von 0,5 Prozent pro Jahr führen könnte. Dabei beruft sich der BDI auf eine Studie des Centre for Economic Policy Research (CEPR) im Auftrag der Europäischen Kommission. In dieser Studie wurden hypothetische TTIP-Szenarien durchgerechnet. Den Einschätzungen der Autoren zufolge könnte ein besonders ambitioniertes Abkommen das Bruttoinlandsprodukt der EU um 119 Milliarden Euro anheben – dieser Effekt würde zehn Jahre nach Inkrafttreten des Abkommens eintreten, laut Studie im Jahre 2027. Es handelt sich also hier um eine einmalige Niveauerhöhung. Der BDI macht daraus einen jährlichen Effekt – an mindestens drei Stellen:
- auf der BDI-Internetseite: „Eine Studie im Auftrag der EU-Kommission schätzt, dass EU und USA jeweils mit rund 100 Mrd. Euro Wirtschaftswachstum pro Jahr rechnen können.“
- im BDI-Außenwirtschaftsreport 3/2014: „Einer Studie des Centre for Economic Policy Research (CEPR) zufolge könnte das jährliche Wirtschaftswachstum in der EU durch die Umsetzung eines umfassenden Abkommens langfristig um 0,5 Prozent steigen.“
- in einem Interview des Deutschlandfunks mit BDI-Präsident Ulrich Grillo vom 6. Mai 2014: „Zwischen Amerika und Europa reden wir über eine Wirtschaftsregion, die 50 Prozent des Welthandels umfasst, und da wollen wir ein umfassendes Handelsabkommen abschließen, weil es wie gesagt viel Potenzial freisetzt. Fachleute haben von bis zu 200 Milliarden Wachstum beidseitig pro Jahr gesprochen.“
In dem Offenen Brief an Herrn Grillo schrieb foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode: „Sie geben die hypothetischen Berechnungen der CEPR-Studie damit verfälscht wieder. Aus einem nach zehn Jahren eintretenden Niveaueffekt von 119 Milliarden Euro machen Sie einen jährlichen Wachstumseffekt von 100 Milliarden Euro – der BDI verspricht über den Zeitraum von zehn Jahren hinweg also insgesamt Gewinne von einer Billion Euro. Damit suggerieren Sie einen um den Faktor 10 höheren Gewinn als die Wissenschaftler prognostizieren.“
foodwatch forderte den BDI auf, die im Internet verfügbaren Textstellen unverzüglich zu korrigieren und die falschen Angaben gegenüber dem Deutschlandfunk richtig zu stellen.