Julia Klöckner blockiert Lebensmittel-Ampel
Nestlé darf Nutri-Score nicht in Deutschland einführen
In der Diskussion um eine verständliche Nährwertkennzeichnung auf Lebensmitteln hat die Verbraucherorganisation foodwatch Julia Klöckner verbraucherpolitisches Versagen vorgeworfen: Weil die Bundesernährungsministerin es versäumt hat, für rechtliche Klarheit zu sorgen, darf Nestlé die Lebensmittelampel Nutri-Score in Deutschland nicht auf seine Produkte drucken, kritisierte foodwatch. Der größte Nahrungsmittelkonzern der Welt hatte am Mittwoch angekündigt, die Nutri-Score-Ampel in Europa verwenden zu wollen. In Deutschland wird dies jedoch nur der Fall sein, „sofern die rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen werden“, teilte Nestlé mit. In anderen europäischen Ländern wie Frankreich und Belgien verwenden bereits viele Hersteller den Nutri-Score. In Deutschland haben Danone und Iglo begonnen, ihre Produkte mit dem Nutri-Score zu kennzeichnen. Iglo wurde allerdings die Verwendung bereits gerichtlich untersagt. foodwatch forderte Julia Klöckner auf, die Nutzung des Nutri-Score endlich bei der Europäischen Kommission anzumelden, um die Rechtsunsicherheit für Unternehmen zu beenden.
„Frau Klöckner betreibt Verbraucherschutz-Verhinderungspolitik. Nestlé will freiwillig die Nutri-Score-Ampel auf seine Produkte drucken – darf das in Deutschland aber nicht, solange Julia Klöckner nicht die rechtliche Grundlage dafür schafft. Es ist einfach unfassbar, dass Frau Klöckner Unternehmen Steine in den Weg legt, wenn diese verbraucherfreundlich handeln wollen“, erklärte Luise Molling von foodwatch. „Der Nutri-Score ist nachweislich ein verbraucherfreundliches und von unabhängigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern entwickeltes Modell. Während etwa in Frankreich Verbraucherinnen und Verbraucher im Supermarkt längst die Lebensmittelampel auf vielen Produkten finden, müssen in Deutschland selbst Unternehmen, die freiwillig vorangehen wollen, rechtliche Schwierigkeiten fürchten.“
In einer Mitteilung forderte Nestlé Bundesministerin Julia Klöckner auf, das Nutri-Score-System bei der EU-Kommission anzumelden. Man werde dann „unverzüglich“ mit der Umsetzung der Nutri-Score-Kennzeichnung auch in Deutschland beginnen, „um den Verbrauchern künftig bestmögliche Orientierung zu bieten“.
Nicht nur foodwatch, sondern auch Ärzteverbände, Krankenkassen und Verbraucherorganisationen in vielen europäischen Ländern fordern schon seit langem verbindliche Maßnahmen gegen Fehlernährung und Übergewicht – eine verständliche Nährwertkennzeichnung in Ampelfarben ist dabei ein wichtiger Baustein. In Ermangelung einer verbindlichen EU-weiten Regelung haben inzwischen mehrere Länder Ampelkennzeichnungen auf freiwilliger Basis eingeführt. Der von unabhängigen französischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern entwickelte Nutri-Score wird bereits in Frankreich und Belgien verwendet, Spanien hat seine Einführung angekündigt und in Portugal, Luxemburg und der Schweiz wird über die Einführung diskutiert. Das Modell nimmt eine Gesamtbewertung der Nährwertzusammensetzung eines Produktes vor, indem es ernährungsphysiologisch günstige und ungünstige Nährwertbestandteile miteinander verrechnet und auf einer von grün nach rot abgestuften Farbskala einordnet. Mit dem Nutri-Score lassen sich so die Nährwerte verschiedener Lebensmittel wie Tiefkühlpizzen, Frühstücksflocken oder Fruchtjoghurts auf einen Blick vergleichen.