foodwatch-Statement zum Kastenstand-Beschluss des Bundesrats: "Von Tierschutz weit entfernt"
Der Bundesrat hat heute beschlossen, die umstrittene Kastenstand-Haltung in der Schweinezucht für mindestens weitere acht Jahre zu erlauben. Dazu erklärte Matthias Wolfschmidt, Veterinärmediziner und internationaler Strategiedirektor von foodwatch:
„Der vom Bundesrat verabschiedete Beschluss hat mit Tierschutz rein gar nichts zu tun. Entgegen den glasklaren Forderungen des deutschen Ethikrates und trotz des Protests von hunderttausendenden Verbraucherinnen und Verbrauchern werden Muttersauen für weitere acht, im Abferkelbereich sogar fünfzehn Jahre, in enge Metallkorsetts gezwängt – dabei gibt es für den Kastenstand keine gesellschaftliche Akzeptanz. Die politischen Parteien, inklusive den Grünen, unterstützen die Fleischkonzerne – von Tönnies bis Westfleisch – dabei, weiterhin Billigfleisch für den Weltmarkt zu produzieren. Die Zeche zahlen die Tiere, die mit massiven körperlichen und psychischen Qualen bezahlen müssen. Der Kastenstand rettet auch die Sauenhalter nicht, in den letzten fünf Jahren hat jeder Vierte aufgegeben. Die Sauenkäfige gehören verboten – nicht in acht oder fünfzehn Jahren, sondern jetzt!
Knapp 90 Prozent der Deutschen lehnen den Kastenstand ab, bis zu 1 Millionen Menschen haben Petitionen gegen diese Käfighaltung unterschrieben – und trotzdem wird die grausame Praxis fortgeführt. Tierschutz in Deutschland darf offenbar keinesfalls die Gewinne der Agrarindustrie schmälern. Spätestens beim nächsten Fleisch-Skandal wird wieder vergessen sein, dass nicht die angebliche „Billigmentalität“ der Verbraucherinnen und Verbraucher, sondern die hirn- und herzlose Agrar-Klientelpolitik quer durch alle Parteien die Wurzel des Übels der massenhaften Tierquälerei in deutschen Ställen ist.“
Hintergrund
Millionen Sauen in der Ferkelzucht verbringen in Deutschland ihr halbes Leben in engen Metallkäfigen, die ihnen nicht einmal erlauben, sich umzudrehen. In Schweden und Großbritannien ist diese Praxis seit Jahrzehnten verboten. Laut einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Magdeburg ist die Haltung illegal, das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision gegen das Urteil zurückgewiesen. Der Bundesrat hat in seiner heutigen Sitzung eine Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung beschlossen. Das Gremium stimmte für einen Kompromissvorschlag, den Nordrhein-Westfalen federführend mit den grün-regierten Bundesländern ausgehandelt hatte. Kernpunkte sind ein Ausstieg aus der Kastenstandhaltung im Deckzentrum innerhalb von acht Jahren sowie im Abferkelbereich von 15 Jahren.
Gegen den Kastenstand formierte sich im Vorfeld ein breiter Protest. Unter anderem haben mehr als 600.000 Menschen eine E-Mail-Petition von foodwatch und Campact unterschrieben, welche die Grünen aufforderte, den Kastenstand umgehend abzuschaffen.