So will die Lebensmittellobby den Nutri-Score verwässern
Der Nutri-Score ist unter Beschuss: Die Lebensmittel-Lobby will die Ampelkennzeichnung so verändern, dass unausgewogene Produkte gesünder abschneiden – selbst einige Zuckergetränke bekämen dann eine grüne Ampel.
Die Lebensmittellobby arbeitet mit Hochdruck daran, die Berechnungsgrundlagen des Nutri-Score zu verändern. Unwissenschaftliche Forderungen kommen vor allem vom Lebensmittelverband Deutschland. Dies belegen interne Dokumente des staatlichen Max-Rubner-Instituts, die foodwatch heute veröffentlicht hat.
Erst wollte die Lebensmittel-Lobby den Nutri-Score verhindern, jetzt will sie ihn möglichst unschädlich machen. Mit diesem Plan dürfen die Lobbyverbände nicht durchkommen!Campaignerin bei foodwatch
Über einen Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz haben wir die Dokumente erhalten, die belegen, mit welch absurden Forderungen die Industrielobby versucht, die Berechnungsgrundlage des Nutri-Score zu verwässern – meist ohne wissenschaftliche Basis. Das Bundesernährungsministerium hatte das MRI mit der Prüfung der Lobby-Forderungen beauftragt, die Dokumente aber bisher nicht veröffentlicht.
Kein Kennzeichnungssystem ist perfekt und auch der Nutri-Score kann verbessert werden. Aber die absurden Forderungen der Lobbyverbände, wonach selbst Wurst und zuckrige Getränke besser dastehen sollen, sind kein hilfreicher Beitrag zu dieser Debatte.Campaignerin bei foodwatch
Die dem Nutri-Score zugrundeliegenden Algorithmen sollen im kommenden Jahr auf europäischer Ebene überprüft werden – vor diesem Hintergrund sind die Forderungen der Lebensmittelverbände entstanden. foodwatch fordert: Bundesernährungsministerin Klöckner muss sicherstellen, dass der Nutri-Score-Algorithmus allein auf Basis unabhängiger wissenschaftlicher Einschätzungen und nicht aufgrund eines Wunschkonzerts der Lebensmittelindustrie weiterentwickelt wird.
In Deutschland wird in wenigen Monaten das Nutri-Score-Modell auf freiwilliger Basis der Hersteller eingeführt und soll auf der Verpackungsvorderseite von verarbeiteten Lebensmitteln zu finden sein. Die EU-Kommission will im vierten Quartal 2022 ein verpflichtendes europäisches Nährwertlogo für Lebensmittel vorschlagen.