Standards für Bioprodukte abgesenkt
Heute tritt die neue EU-Öko-Verordnung in Kraft. Die überarbeiteten Bestimmungen für biologische Lebensmittel sind ein Schritt in die falsche Richtung: Anstatt die Standards für Bio zu erhöhen, wurden diese abgesenkt.
Die Verordnung (EG) Nr. 834/2007 zur Produktion und Kennzeichnung von Bioprodukten trat im Paket mit den Durchführungsbestimmungen zur EG-Öko-Basisverordnung heute in Kraft. Durch die Überarbeitung der EU-Öko-Verordnung sollte die Anerkennung und das Vertrauen der Verbraucher für Biolebensmittel erhöht werden. Die Anforderungen an Bioprodukte wurden mit der neuen Verordnung aber gesenkt. So bleiben Pestizide zwar grundsätzlich tabu. In Ausnahmefällen dürfen aber chemisch-synthetische Spritzmittel eingesetzt werden. Gefährlich, denn die Erfahrung zeigt: Ausnahmeregelungen werden stets genutzt und über kurz oder lang zur Regel. Auch Zusatzstoffe, die mit Hilfe gentechnisch veränderter Organismen hergestellt wurden, dürfen verwendet werden, wenn die Stoffe anders nicht verfügbar sind.
Neues europäisches Bio-Siegel
Die EU-Öko-Verordnung schreibt die Verwendung eines einheitlichen EU-Bio-Logos für verpackte Bioprodukte vor. Am 1. Juli 2010 wird das bisherige EU-Bio-Siegel von einem neuen Logo abgelöst. Das neue Logo wurde per Online-Abstimmung festgelegt, Bürger konnten sich zwischen drei verschiedenen Entwürfen von Design-Studenten entscheiden. Vorgeschrieben ist das Logo ab Juli 2010 für alle verpackten Bioprodukte, die innerhalb der Europäischen Union hergestellt wurden. Für importierte Produkte kann es verwendet werden, muss aber nicht.
Neben dem EU-Logo können weiter nationale Logos wie das deutsche Bio-Siegel verwendet werden, aber auch regionale oder private Logos wie die von Anbauverbänden wie Demeter oder Bioland. Der existierende Siegel-Dschungel wird also durch das europäische Bio-Siegel vorläufig nicht gelichtet. Werden das europäische und das deutsche Bio-Siegel parallel verwendet, ist die Verwirrung für den Verbraucher komplett: Welches Siegel steht für welche Standards? Sinnvoll wäre es, nach Einführung eines europäischen Bio-Siegels die deutsche Variante mittelfristig nicht weiter zu nutzen.
Viele Probleme bleiben ungeregelt
Die Gelegenheit, im Zuge der Neufassung weitere offene Problemfelder im Bereich der ökologischen Landwirtschaft zu regeln, ließ die EU-Kommission ungenutzt. Völlig ungeregelt ist beispielsweise der Wasserverbrauch: Eine Tomate aus dem trockenen Südspanien darf trotz des hohen Wasserverbrauchs und damit einhergehenden Schäden für das Öko-System als Bio-Tomate verkauft werden, solange beim Anbau keine Pestizide eingesetzt wurden.
Besonders fatal: Der wichtigste Wettbewerbsnachteil der ökologischen Landwirtschaft wird nicht beseitigt. Konventionell wirtschaftende Betriebe haben ungerechtfertigte Kostenvorteile, weil sie nicht für die von ihnen verursachten Umweltschäden aufkommen müssen. Die konventionelle Landwirtschaft schädigt die Umwelt durch hohe Kohlendioxid-Emissionen sowie die Verschmutzung von Wasser mit Phosphaten, Nitraten und Pflanzenschutzmitteln. Müsste sie dafür haften, würden sich die Wettbewerbschancen für Biobauern nachhaltig verbessern. Zudem wäre es ein Schritt zur Ökologisierung der gesamten Landwirtschaft.