Trotz Listerien-Rückruf in Frikadellen: Rewe warnt seine 1,3 Millionen Social-Media-Follower nicht
foodwatch kritisiert Umgang von Handelsunternehmen mit Lebensmittelwarnungen
- Viele Supermärkte warnen nicht oder nur unzureichend bei Rückrufen
- foodwatch: Julia Klöckner muss Supermärkte zu Warnungen verpflichten
Wegen einer möglichen Listerienbelastung kam es am Samstag zu einem Rückruf von Frikadellen der Rewe-Eigenmarke „ja!“. Doch obwohl Rewe über seine Social-Media-Kanäle direkt bis zu 1,3 Millionen Menschen erreichen könnte, veröffentlichte das Unternehmen auf Facebook, Instagram und Twitter bis Montagmittag keinen Hinweis auf den Rückruf, wie die Verbraucherorganisation foodwatch am Montag kritisierte. Listerien-Bakterien gelten als besonders gefährlich, weil sie bei älteren oder immungeschwächten Menschen und Schwangeren schwerwiegende, auch tödlich verlaufende Erkrankungen auslösen können. Eine schnelle und deutliche Verzehrwarnung wäre daher extrem wichtig, so foodwatch.
„Da vernetzen sich die Menschen eigens mit einem Unternehmen, um von diesem informiert zu werden – aber ausgerechnet die Warnung vor einem potenziell gesundheitsgefährdenden Lebensmittel hält Rewe nicht für berichtenswert. Wer so mit der Gesundheit seiner Kundschaft umgeht, hat das Vertrauen der Menschen nicht verdient – durch fehlende Informationen nimmt Rewe schwerwiegende Erkrankungen billigend in Kauf“, erklärte foodwatch-Geschäftsführer Martin Rücker.
Die Verbraucherorganisation kritisierte grundsätzlich, dass die meisten Handelsunternehmen in Newslettern oder Social-Media-Angeboten fast ausschließlich eine heile Werbewelt präsentierten und diese offenbar nicht durch relevante Informationen trüben wollten. Auch in ihren Märkten selbst würden die meisten Supermärkte und Discounter lediglich auf Rückrufaktionen hinweisen, wenn sie als Quasi-Hersteller einer Eigenmarke in der Pflicht stehen – nicht jedoch bei Fremdmarken aus dem Sortiment.
Aus Sicht von foodwatch sind die Handelsunternehmen, die – anders als die Hersteller – über vielfältige Kundenkontakte verfügen, mit der wichtigste Akteur beim Verbreiten gesundheitsrelevanter Lebensmittelwarnungen. Dieser Verantwortung kommen sie jedoch nicht nach. Offenbar aus Sorge vor Wettbewerbsnachteilen informieren viele Supermärkte über Rückrufaktionen nur dann, wenn sie rechtlich dazu verpflichtet sind.
Deshalb forderte foodwatch Bundesernährungsministerin Julia Klöckner auf, eine Gesetzesänderung anzustoßen, sagte Geschäftsführer Martin Rücker: „Die Handelsunternehmen müssen verpflichtet werden, alle Rückrufe und Lebensmittelwarnungen aus ihrem Sortiment zu verbreiten, egal, ob es um Eigen- oder Fremdmarken geht. Dazu müssen sie alle verfügbaren Kanäle wie Aushänge in den Geschäften, soziale Medien und Newsletter nutzen. Die Menschen haben einen Anspruch darauf, dass alles getan wird, im Fall der Fälle ihre Gesundheit zu schützen.“
Positiv hob foodwatch das Agieren von Kaufland im Fall Wilke hervor: Die Handelskette hatte aktiv öffentlich darüber informiert, in welchen ihrer Märkte sie Wilke-Wurst u.a. als lose Ware verkauft hatte.