Trotz Nachhaltigkeits-Label: foodwatch und ECCHR werfen Edeka Verbrauchertäuschung mit Gut&Günstig-Produkten vor
Menschenrechtsverletzungen und Umweltverschmutzung beim Palmöl-Anbau
Das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) und die Verbraucherorganisation foodwatch gehen juristisch gegen die Handelskette Edeka vor, weil diese Verbraucher:innen mit einem Label für nachhaltiges Palmöl in die Irre führe. Edeka bewirbt Pflanzenfett und Margarine der Eigenmarke Gut & Günstig mit dem Siegel des Runden Tisches für Nachhaltiges Palmöl (RSPO), obwohl es nach allen dem ECCHR und foodwatch vorliegenden Erkenntnissen beim Anbau des Palmöls in Guatemala systematisch zu Menschenrechtsverletzungen und Umweltverschmutzung kommt. Die Betroffenen fordern, dass Edeka den Bezug von Palmöl aus den jeweiligen Plantagen ausschließt und darauf hinarbeitet, Rechtsverstöße in seiner Lieferkette zu unterbinden.
Recherchen von ECCHR, foodwatch und einer Menschenrechtsorganisation aus Guatemala zeigen, dass es auf Plantagen der Firma NaturAceites in Guatemala regelmäßig Verstöße gegen Arbeitsrechte gibt, darunter exzessive Arbeitsaufträge, unzureichende Löhne und die fehlende Möglichkeit, Gewerkschaften zu bilden. Die Palmölproduktion finde zudem auf Plantagen statt, die die indigene Bevölkerung als ihr traditionelles Land beansprucht. Demonstrationen der Menschen vor Ort für ihre Landrechte seien von Sicherheitskräften gewaltsam unterdrückt worden. Personen, die den Palmölanbau kritisierten, erhielten Drohungen, berichten die Organisationen. Der Einsatz von Pestiziden auf den Plantagen führe darüber hinaus zu einer Belastung des Trinkwassers anliegender Gemeinden.
“Edeka lockt Kund*innen mit einem Nachhaltigkeits-Label, obwohl dieses gewaltsame Enteignungen und Umweltzerstörungen auf RSPO-zertifizierten Plantagen nicht verhindert. Edeka muss Verantwortung in der Lieferkette übernehmen und das Greenwashing stoppen. Auf das RSPO-Siegel für nachhaltiges Palmöl ist kein Verlass”, erklärte Manuel Wiemann von foodwatch.
NaturAceites liefert Palmöl an das Unternehmen Walter Rau Lebensmittel im niedersächsischen Hilter. Walter Rau wiederum stellt u.a. Margarine und Pflanzenfett für Edeka her, darunter “Die Leichte” Halbfettmargarine sowie die Pflanzenmargarine, die Pflanzencreme und das Pflanzenfett von Gut & Günstig. Bereits 2019 hatte die Christliche Initiative Romero (CIR) Edeka über konkrete Menschenrechtsverletzungen bei NaturAceites informiert. Jedoch hatte sich die Handelskette damals geweigert, die Zustände in ihrer Lieferkette zu überprüfen, geschweige denn aktiv zu einer Verbesserung vor Ort beizutragen.
Edeka verweist stattdessen auf Audit-Berichte und Risikoanalysen des von der Umweltschutzorganisation WWF ins Leben gerufenen RSPO. Dieser steht jedoch seit Jahren in der Kritik, lückenhaft und unzuverlässig zu sein: Menschenrechtsorganisationen berichten immer wieder von Verstößen gegen Arbeits- und Menschenrechtsstandards von RSPO-zertifizierten Unternehmen, auch in Guatemala.
ECCHR und foodwatch gehen mit zwei juristischen Maßnahmen gegen Edeka vor: Einerseits fordern sie mit einer Abmahnung gemäß des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) ein Edeka-Unternehmen auf, die irreführende Werbung zu unterlassen und das RSPO-Label von den Produkten zu entfernen. Andererseits verlangen sie gemeinsam mit Betroffenen aus Guatemala von Edeka, dass kein Palmöl aus den Plantagen in Edeka-Produkten verwendet wird, bis die Situation vor Ort verbessert ist. Dafür reichten sie eine Beschwerde nach dem Lieferkettengesetz (LkSG) ein. Verbraucher*innen können sich der Forderung anschließen und eine Unterschriftenaktion an Edeka auf foodwatch.org/palmoel-aktion unterstützen.
“Die Menschenrechtsverletzungen sind in keiner Weise überraschend. Im Gegenteil: Mangelnder Respekt für indigene Landrechte, Verletzung von Arbeitsrechten und Umweltverschmutzung sind Standardzutaten der Palmölproduktion und müssen von deutschen Supermärkten wie Edeka priorisiert und bekämpft werden. Edeka muss jetzt seine Lieferkette überprüfen, um auf problematische Zulieferer zugehen zu können und unter Einbeziehung der Betroffenen darauf hinzuarbeiten, dass die Konflikte vor Ort beendet und indigene Landrechte respektiert werden. Nichts weniger gebietet das Lieferkettengesetz”, erläutert Christian Schliemann-Radbruch vom ECCHR.
Seit Inkrafttreten des Lieferkettengesetzes im Januar 2023 sind große Unternehmen wie Edeka gesetzlich dazu verpflichtet, den Schutz der Umwelt und der Menschenrechte mit eigenen Risikoanalysen und Maßnahmen entlang der gesamten Lieferkette zu verbessern. Sollte Edeka der Beschwerde nicht nachkommen, behalten sich die Betroffenen vor, ihre Rechte durch eine Beschwerde beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) geltend zu machen.