Umfrage: Deutliche Mehrheit befürwortet Werbeschranken für ungesunde Lebensmittel
foodwatch: FDP muss Blockade gegen geplantes Kinderschutz-Gesetz endlich beenden
Eine deutliche Mehrheit der Deutschen unterstützt die von Bundesernährungsminister Cem Özdemir geplanten Beschränkungen für Junkfood-Werbung zum Schutz der Kindergesundheit. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Kantar im Auftrag der Verbraucherorganisation foodwatch. Demnach unterstützen 66 Prozent der Befragten das Vorhaben des Bundesernährungsministeriums, die Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt rund um Schulen und Kindergärten sowie im Fernsehen und Internet weitgehend einzuschränken. 67 Prozent der Befragten sind besorgt, dass Kinder und Jugendliche zu viele Snacks und Süßigkeiten essen. foodwatch bezeichnete die Ergebnisse als deutliches Signal an die Ampel-Regierung, umfassende Werbeschranken auf den Weg zu bringen.
„Nicht nur medizinische Fachgesellschaften, Kinderrechts- und Verbraucherorganisationen, sondern auch eine deutliche Mehrheit der Bundesbürger:innen hält Werbebeschränkungen für unausweichlich, um Fehlernährung bei Kindern zu bekämpfen. Die FDP sollte endlich ihre Blockadehaltung aufgeben und den Weg frei machen für das von Ernährungsminister Özdemir geplante Kinderschutz-Gesetz. Die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen sollte den Liberalen wichtiger sein als die Profitinteressen von Coca-Cola, Ferrero, McDonald‘s und Co.“, erklärte Luise Molling von foodwatch.
Obwohl auch viele FDP-Abhänger:innen (56 Prozent) Özdemirs Pläne befürworten, blockieren die FDP-geführten Ministerien seit Monaten das im Koalitionsvertrag vereinbarte Gesetzesvorhaben in der Ressortabstimmung. Führende FDP-Vertreter:innen machen zudem öffentlich Stimmung gegen die Pläne zum Kinderschutz: Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki ärgerte sich etwa in der Bild-Zeitung über Özdemirs „persönliche Verbotsfantasien“, sein Parteifreund Gero Hocker bezeichnete die Pläne als „Quark-Quatsch des Ministers“. Man wolle nicht „in den Kühlschrank der Bürger hineinregieren“. Werbebeschränkungen würden sogar in den „Erziehungsauftrag der Eltern eingreifen".
Mit ihrer Kampagne konnten die Liberalen dem Ernährungsminister offenbar bereits Zugeständnisse abringen: Eigentlich hatte Özdemir geplant, die Werbung für unausgewogene Produkte im TV, Internet und Hörfunk tagsüber zwischen 6 und 23 Uhr grundsätzlich zu untersagen. Auf Druck der FDP beschränkt sich die Regelung nun wochentags nur noch auf die Abendstunden. Auch für Plakatwerbung soll es wegen des Widerstands der FDP nun lediglich eine 100-Meter-Bannmeile um Kitas und Schulen, nicht aber um Spielplätze und Freizeiteinrichtungen geben. Die FDP will jedoch auch den aktuellen Kompromissvorschlag nicht unterstützen.
Kinder essen etwa doppelt so viel Süßigkeiten, aber nur halb so viel Obst und Gemüse wie empfohlen. Aktuell sind etwa 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen von Übergewicht und sechs Prozent sogar von starkem Übergewicht (Adipositas) betroffen. Ihnen drohen im späteren Leben Krankheiten wie Typ-2-Diabetes, Gelenkprobleme, Bluthochdruck und Herzerkrankungen. Jeder siebte Todesfall in Deutschland ist laut Daten der OECD auf ungesunde Ernährung zurückzuführen.
Laut einer Studie der Universität Hamburg sieht jedes Kind zwischen drei und 13 Jahren pro Tag im Schnitt 15 Werbespots für ungesunde Lebensmittel. 92 Prozent der gesamten Werbung, die Kinder wahrnehmen, vermarktet Fast Food, Snacks oder Süßigkeiten. Allein die Süßwarenindustrie hat 2022 knapp eine Milliarde Euro für Werbung ausgegeben. Um Fehlernährung bei Kindern zu bekämpfen, empfahl die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erst kürzlich, Junkfood-Werbung gesetzlich einzuschränken.
Kantar befragte Anfang Juli 2023 per Telefon 1.987 in Deutschland lebende Menschen im Alter über 14 Jahre.