Unilevers Antwort auf die abgespeist-Aktion
- Bertolli Gegrilltes Gemüse
Lebensmittelgigant Unilever fühlt sich komplett missverstanden und weist die Kritik an der Pasta-Sauce „Gegrilltes Gemüse“ zurück. Der Hinweis „verbesserte Rezeptur“ beziehe sich nämlich „vor allem auf die geschmackliche Optimierung des Produkts“.
Was das Unternehmen damit meint, lässt sich bei SPIEGEL ONLINE nachlesen. Hier erklärt Unilever, man habe die „verbesserten“ Saucen bei „Blindverkostungen“ von „100 bis 200 Menschen“ testen lassen. Und siehe da, die Produkte – die nun unter anderem den Geschmacksverstärker Hefeextrakt und Aroma enthalten – hätten den Kunden besser geschmeckt. Und deshalb, wird ein Unilever-Sprecher auf SPIEGEL ONLINE wiedergegeben, sei die Angabe „verbesserte Rezeptur“ auf den subjektiven Geschmack der Testpersonen und nicht auf die Qualität der Zutaten zurückzuführen. Wie bitte? Der subjektive Geschmackseindruck einiger Testpersonen reicht aus, um ein Lebensmittel mit dem Hinweis auf eine „verbesserte Rezeptur“ zu bewerben? Ein Argument, das nicht wirklich überzeugt, wenn durch Zutaten wie glutamathaltiges Hefeextrakt, Aroma und Citronensäure E330 zwar der Geschmackseindruck gezielt verändert, aber die Qualität des Produktes tatsächlich verschlechtert wird.
Als einen der Gründe für die „geschmackliche Optimierung“ nennt Unilever ein „neues technologisches Herstellungsverfahren“, das „Soffritto“. Doch ein „Soffritto“ – das italienische Wort für „anbraten“ ist „soffriggere“ – ist nicht mehr als die Basis vieler Pasta-Saucen. Dafür werden lediglich Knoblauch, Zwiebeln und kleingeschnittenes Gemüse in Olivenöl angebraten. Um zu verstehen, warum dies für Unilever bereits etwas Besonderes ist, muss man wissen, dass die Bertolli-Sauce "Gegrilltes Gemüse" vorher lediglich in einem reinen Kochprozess hergestellt worden ist. So gesehen ist das „Soffritto“ zwar ein Schritt in die richtige Richtung – eigentlich aber auch nicht mehr als ganz gewöhnliches Anbraten in Öl.
Vor der Rezeptumstellung wurden viele Bertolli-Saucen ausschließlich mit Olivenöl zubereitet. In den neuen Zutatenlisten findet sich nach der „Verbesserung“ auch die Angabe „Pflanzenöl“. Man verwende Sonnenblumenöl, schreibt Unilever, da es geschmacksneutraler sei als natives Olivenöl und den Geschmack „vor allem des Gemüses“ nicht überdecke. Komisch nur, dass Unilever auf seinen Internetseiten behauptet, Olivenöl eigne sich „vorzüglich zum Marinieren, Braten und Grillen von Fleisch und Gemüse“. Von „Geschmack überdecken“ steht hier nichts. Warum also Sonnenblumenöl? Vielleicht weil es billiger ist?
Den Einsatz des neu hinzugekommenen Aromas rechtfertigt Unilever damit, dass es den Geschmack der Sauce „unterstützt“ und „abrundet“. Weitere Auskünfte, beispielsweise zu den Rohstoffen des Aromas, seien ein „Rezepturgeheimnis“. Der Hauptkritikpunkt bleibt von Seiten Unilevers unkommentiert: Es kann von einer Rezepturverbesserung einfach keine Rede sein, wenn Hersteller Unilever einem Produkt neuerdings Aroma hinzufügt, das vorher ohne ausgekommen ist! Und anscheinend war man auch bei Unilever früher stolz darauf, dass im „Gegrillten Gemüse“ kein Aroma enthalten war, denn das Produkt trug den Aufdruck „Ohne Zusatz von Aromen“.
Und die Citronensäure, die neuerdings anstatt des Zitronensafts im „Gegrillten Gemüse enthalten ist? Die unterstütze das Geschmacksprofil, verhelfe zu einem runderen Geschmack und vermeide eine unerwünschte Säurenote. Sagt Unilever. Dass es aber auch hier wieder für die meisten Verbraucher keine Rezepturverbesserung darstellt, wenn eine natürliche Zutat wie Zitronensaft gegen den Zusatzstoff Citronensäure E330 ausgetauscht wird, der in den meisten Fällen mit Hilfe eines Schimmelpilzes hergestellt wird, scheint Unilever nicht einzuleuchten.
Mit Blick auf die Sauce „Sonnengetrocknete Tomaten“ schreibt Unilever, man habe „den Anteil der getrockneten Tomaten um 0,5 Prozent reduziert“. Das stimmt so jedoch nicht. Unilever hat den Anteil der namensgebenden Zutat sonnengetrocknete Tomaten um 20 Prozent reduziert – Unilever spart also jede fünfte (relativ teure) sonnengetrocknete Tomate ein. Im Gesamtprodukt (400 Gramm) sind durch diese Sparmaßnahme statt der bereits vorher schon äußerst sparsamen 2,5 Prozent (10 Gramm) im überarbeiteten Produkt gerade einmal noch 2 Prozent (8 Gramm) enthalten. Angeblich haben Konsumenten die Sauce danach „als schmackhafter und feiner abgestimmt“ befunden. Ob Verbraucher diesen Unterschied tatsächlich herausschmecken können, sei dahingestellt. Dass sich die Reduktion einer teuren Zutat wie sonnengetrocknete Tomaten aber positiv auf die Gewinne von Unilever auswirkt, ist dagegen schon wahrscheinlicher.
Insgesamt bleiben die Hinweise auf die „verbesserte Rezepturen“ das, was sie sind: ein frecher Marketingtrick und ein klarer Fall von Etikettenschwindel. Unilever setzt mit dem Aufdruck neue Kaufanreize im Supermarkt, Verbraucher erhalten hingegen keine besseren, sondern Produkte mit billigeren Zutaten und verschlechterter Qualität.