Verbraucher-Portal „Topf Secret“: Schon 26.000 Anträge zu Hygiene-Kontrollergebnissen – Ekel-Funde bei Filialen von Subway, McDonald’s und Hotel Mercure aufgedeckt – Behörden in Schleswig-Holstein und Teilen Berlins verweigern Auskunft
- Großteil der Anträge auf „Topf Secret“ erfolgreich, Ablehnungen hingegen in ganz Schleswig-Holstein und Teilen Berlin
- Ekel-Funde unter anderem bei Subway, McDonald‘s und Hotel Mercure
- Hunderte Lebensmittelbetriebe verklagen deutschlandweit auskunftsbereite Behörden
Auf der Online-Plattform „Topf Secret“ haben 15.000 Bürgerinnen und Bürger bei den zuständigen Behörden die Hygiene-Berichte von 26.000 Restaurants, Bäckereien und anderen Lebensmittelbetrieben beantragt und teilweise auch veröffentlicht. Das gaben die Betreiber der Mitte Januar gestarteten Plattform, die Verbraucherorganisation foodwatch und die Transparenz-Initiative FragDenStaat, am Mittwoch bekannt. In den meisten Fällen erhielten Bürgerinnen und Bürger Auskunft von den Behörden, erklärten die beiden Organisationen. Die Kontrolleure hätten in vielen Betrieben erwartungsgemäß keine Beanstandungen festgestellt. Schwere Hygiene-Mängel habe es aber zum Beispiel bei einem McDonald’s in Sinsheim gegeben. Laut dem Bericht vom 23. Mai 2018 war der Lagerbereich “stark verschmutzt“ mit „Lebensmittelresten, die teilweise angetrocknet waren“. Im Spülbereich sammelte sich „übel riechendes Wasser“, die Spülmaschine war „im gesamten Innenraum“ durch „roten, schmierigen Altschmutz stark verunreinigt“. Auch ein „Wechsel des verwendeten Fettes (wäre) schon längst erforderlich gewesen“. Auch in Kühlräumen des Hotel Mercure in Leipzig wurden bei einer Kontrolle am 12. April 2018 „schimmelähnliche Beläge“ entdeckt. Im Küchenbereich war die Kühlung für Fisch und Fleisch defekt, frischer Lachs wurde zu warm gelagert. In einer Subway-Filiale in Karlsruhe wurde bei einer Kontrolle am 13. Februar 2019 „massiver Schädlingsbefall (Schaben) festgestellt“, am 29. März war der Boden unter den Einrichtungsgegenständen der Theke „stark altverschmutzt, unter anderem mit Essensresten“.
Derzeit wird in Deutschland nur ein Bruchteil der Ergebnisse der amtlichen Lebensmittelkontrollen aktiv durch die Behörden veröffentlicht. Unter <link http: www.topf-secret.foodwatch.de>www.topf-secret.foodwatch.de ist es für Bürgerinnen und Bürger jedoch möglich, über das bundesweit gültige Verbraucherinformationsgesetz (VIG) an amtliche Kontrollergebnisse zu gelangen - auch an solche, die die Behörden bislang geheim halten.
Dabei zeigen sich im Bundesländer-Vergleich große Unterschiede, wie die Behörden mit den Bürgeranfragen umgehen. Während Behörden in Hamburg, Sachsen und Nordrhein-Westfalen die Hygiene-Berichte fast immer herausgäben, lehnten die zuständigen Ämter in Schleswig-Holstein alle Bürger-Anfragen über „Topf Secret“ ab, erklärten die Plattform-Betreiber. Dort hätte die zuständige Justizministerin Sabine Sütterlin-Waack entsprechende Absprachen mit den Behörden getroffen. Auch die Behörden in Berlin-Spandau und Berlin-Neukölln verweigerten die Herausgabe – obwohl Justizsenator Dirk Behrendt den Bezirken empfiehlt, die Anfragen zu beantworten.
„Die Menschen haben einen gesetzlichen Anspruch auf die Hygiene-Kontrollergebnisse – und zwar bundesweit. Weder die schleswig-holsteinische Justizministerin noch die Bezirksbürgermeister von Spandau und Neukölln können sich einfach über das Bundesgesetz stellen und die Berichte geheim halten“, erklärte Arne Semsrott, Projektleiter von FragDenStaat.
Hunderte Lebensmittelbetriebe klagen zudem deutschlandweit gegen Lebensmittelbehörden, die bereit sind, Hygiene-Berichte herauszugeben. Ein jüngst von foodwatch und FragDenStaat veröffentlichtes Rechtsgutachten bestätigt jedoch: Bürgerinnen und Bürger haben einen Informationsanspruch auf die Ergebnisse amtlicher Hygiene-Kontrollen, egal ob sie diese per Post, telefonisch oder über die Online-Plattform „Topf Secret“ beantragen. „Mit der Klagewelle attackieren die Lebensmittelbetriebe die Informationsrechte der Bürgerinnen und Bürger“, sagte Oliver Huizinga, Leiter Recherche und Kampagnen von foodwatch. „Offensichtlich möchte die Branche mit allen Mitteln verhindern, dass Transparenz über die Kontrollergebnisse geschaffen wird. Doch damit wird die Gastro-Lobby nicht durchkommen!“
Bislang gibt es nach Kenntnis von foodwatch drei Verwaltungsgerichte, die in der Sache entschieden haben – in allen drei Fällen haben die Betriebe verloren: Das Verwaltungsgericht Augsburg hatte Anfang Mai bereits eine Klage eines Gastwirts abgewiesen und geurteilt, dass das zuständige Amt die Informationen herausgeben muss, wie die Augsburger Allgemeine berichtete. Auch das Verwaltungsgericht Mainz und das Verwaltungsgericht Cottbus haben jüngst sogenannte Eilanträge auf vorläufigen Rechtsschutz von Lebensmittelbetrieben abgewiesen und das Verhalten der Behörden als eindeutig rechtmäßig bewertet. In hunderten anderen Fällen steht ein Urteil aus. Mehrere Gerichte hatten zwar den Anträgen der Betriebe auf vorläufigen Rechtsschutz stattgegeben, aber noch keine Entscheidung in der eigentlichen Sache gefällt.
Die Bundesregierung hatte erst kürzlich eine Gesetzesänderung beschlossen, wonach Behörden Hygieneverstöße künftig „unverzüglich nach Feststellung“ für sechs Monate öffentlich machen müssen. foodwatch und FragDenStaat kritisierten jedoch, dass auch nach der neuen Regelung nur ein Bruchteil aller Verstöße überhaupt jemals ans Tageslicht komme. Die Organisationen forderten Bundesernährungsministerin Julia Klöckner stattdessen auf, ein Transparenz-System nach dänischem Vorbild zu schaffen. In Dänemark erfahren Verbraucherinnen und Verbraucher direkt an der Ladentür und im Internet anhand von Smiley-Symbolen, wie es um die Sauberkeit in den Lebensmittelbetrieben bestellt ist. Wenige Jahre nach Einführung des Smiley-Systems im Jahr 2002 hat sich die Quote der beanstandeten Betriebe halbiert – von 30 auf rund 15 Prozent. In Deutschland bleibt die Beanstandungsquote seit Jahren konstant bei etwa 25 Prozent.
Die hier aufgelisteten Hygiene-Kontrollergebnisse beschreiben die festgestellten Befunde zum Zeitpunkt der jeweiligen Kontrolle. Über den Hygiene-Zustand des jeweiligen Betriebs zum jetzigen Zeitpunkt liegen keine Informationen vor.
Links
- Online-Plattform „Topf Secret“
- Bundesländer-Vergleich: So viele Anträge wurden gestellt – und so auskunftsbereit sind die Behörden
- Beispiele von Ekel-Fällen, die durch „Topf Secret“ aufgedeckt wurden
- Verbraucherschutzministerin von Schleswig-Holstein zu „Topf Secret“
- Rechtsgutachten der Kanzlei Geulen & Klinger zu „Topf Secret“
- Klage gegen Stadt Augsburg: Gastronomen verlieren vor Gericht
- Entscheidung des VG Mainz
- Entscheidung des VG Cottbus