Grüß dich! Lust auf saftiges junges Stängelgemüse? Weil das „weiße Gold“ auf unseren Feldern gerade in die heurige Saison startet, soll es diesmal so richtig edel werden.
Wie die Lilie – seit dem Mittelalter das Symbol der Könige – zählt unser Spargel, der „König des Gemüses“, zur Familie der Liliengewächse. Aber was zeichnet ihn aus, diesen vornehmen Gemüseadeligen? Geschmacklich eilt ihm ja ein äußerst guter Ruf voraus – bereits die schmeichelhaften Bezeichnungen verdeutlichen das. Aber können seine anderen Eigenschaften mithalten? Hält er vielleicht sogar noch mehr, als man sich von ihm verspricht? Lass ihn uns gleich unter die Lupe nehmen.
1. Bereit zur Zündung? Ready for Take-off!
Der begehrte Spargel treibt jährlich im Frühjahr vom unterirdischen, waagrecht wachsenden Wurzelstock der in Europa heimischen Pflanze Asparagus officinalis aus. Dieser Wurzelstock ist aber keine Wurzel, sondern ein unterirdischer Speicherspross. Die überlebenswichtigen Nährstoffe zum Überwintern lagern hier. Die Spargeltriebe, die auf unserem Tisch landen, sind die senkrecht wachsenden Laubsprosse, die aus diesem Erdspross hervorgehen. Wie elegante Raketen bahnen sie sich ihren Weg an die Oberfläche, zum Licht.
2. Lass dich stechen, bleicher Freund
Solange der junge Trieb auf seiner unterirdischen Mission ist, trägt er elegantes Weiß. Und das ist er, unser weißer Spargel, auch Bleichspargel genannt. Um diese Triebe möglichst lang werden zu lassen, wird auf den Spargelfeldern Erde angehäufelt. Die kniehohen Wälle lassen Spargel auf bis zu 25 cm Länge anwachsen. Wenn das Köpfchen dann die Erdwalloberfläche erreicht, ist Erntezeit. Mit einem speziellen Erntemesser an einem langen Stiel, dem sogenannten Stechmesser, wird der Trieb in der Tiefe gekappt und sachte aus dem Boden gezogen.
3. Oder soll es grüner werden?
Schafft es der Laubspross jedoch aus der Erde heraus, versucht er ohne Zögern seinem Namen gerecht zu werden. Beim ersten Kontakt mit Licht bildet er sofort grünes Chlorophyll. Damit läuft die Nährstoffproduktion an, um den Erdspross schnellstmöglich zu entlasten. Das ist unser grüner Spargel. Selbe Pflanze, nur ein wenig weiter hochgewachsen. Wird der noch kompakte Trieb jetzt nicht geerntet, wächst er bald zum grünen, krautigen Pflanzenanteil aus. Dieser produziert den Sommer und Herbst über fleißig Nährstoffe für den kommenden Winter und lagert diese zurück in den Erdspross ein. So schließt sich der Kreis.
4. Hallo! Ist da jemand?
Ob weiß oder grün – der Kopf ist nach der Ernte jedenfalls ab. In der Tiefe fragt sich der Spargel, was auf seiner Mission passiert ist. Zu unserem Glück hat eine gesunde und starke Pflanze genügend Reserven, um mehrere solcher Triebe pro Jahr zu entbehren. Traditionell ist mit 24. Juni , dem Johannistag, das Ende der Spargelsaison eingeläutet. Wird die Pflanze danach nicht geschont, hungert sie im wahrsten Sinne des Wortes, wird schwächer und stirbt. Hält man sich aber an die Schonzeit, kann gut und gern 10 bis 15 Jahre immer wieder geerntet werden.
5. Der König im purpurnen Gewand
Hast du schon einmal den hübschen Purpurspargel gesehen? Bei „Violetta“ handelt es sich um eine Spargelsorte, die statt grüner Jungtriebe violette ausbildet. Farbstoffe namens Anthocyane sind dafür verantwortlich und dienen dem Schutz vor UV-Strahlung, sobald Licht auf den Trieb trifft. Die Anthocyane überlagern das ebenfalls vorhandene grüne Chlorophyll. Eventuell hast du über Anthocyane schon bei roten Trauben, Heidelbeeren, Kirschen und Co gehört. Sie sind nicht nur schön anzuschauen, sondern auch als gesunde Antioxidantien immer öfter in aller Munde.
6. Lass quietschen!
Frischer Spargel hat – je nach Farbe – teils unterschiedliche Merkmale. Für alle gilt: Kannst du beim Aneinanderreiben der Stangen quietschende Geräusche hören, sollte das Musik in deinen Ohren sein – es ist ein Zeichen ihrer Frische. Das Köpfchen des weißen Spargels ist idealerweise fest geschlossen und die Stange selbst schön dick. Bei grünem und Purpurspargel darf das Köpfchen leicht geöffnet und die Stangen dürfen zarter und dünner sein – sie müssen in der Regel auch nicht oder nur wenig geschält werden im Gegensatz zu ihren weißen Kollegen. Alle drei sollten jedoch am Anschnitt möglichst saftig und keinesfalls vertrocknet, verfärbt oder gar schimmlig sein.
7. Wasser Marsch!
Nun hast du also deine Beute zu Hause. Spargel ist offen für jegliche Zubereitungsmethode. Ob roh im Salat, gebraten, gegrillt, gedämpft oder als Süppchen gekocht – er macht alles mit. Gewaschen und geschält können die einzelnen Stangen ohne (!) Blanchieren auch tiefgefroren werden. Aus dem Tiefkühler entnommen und direkt zubereitet, verkürzen sie dir die Zeit bis zur nächsten Spargelsaison bei gutem Geschmacks- und Qualitätserhalt. Frisch oder vorher tiefgekühlt ist Spargel eine sehr kalorienarme Vitamin- und Nährstoffbombe.
Vitamin C, E, B1, B2 und B6, Folsäure, Kalium, Kalzium, Magnesium und Eisen – Spargel ist ein Allrounder. Übrigens ist sein Gehalt an Kalium und der Aminosäure Asparagin der Grund, dass Spargel deine Nieren auf Hochtouren laufen lässt.
8. Man erschnuppert Spargel (fast) immer zweimal…
Hast du dich nach deinem ersten Spargelgenuss über den ungewöhnlichen Geruch auf der Toilette gewundert? Und zwar beinahe augenblicklich nach dem Essen? Wie so oft, wenn sich strenger Geruch breit macht, ist eine schwefelhaltige Verbindung zu Gange. In diesem speziellen Fall die Aspargusinsäure, welche dem Spargel Bodenparasiten vom Leib hält. Sie wird im Körper in eine Reihe von flüchtigen Produkten umgewandelt, und so über den Harn ausgeschieden. In Summe ergibt sich eine von Mensch zu Mensch unterschiedliche Mischung. Solltest du dich nun wundern und rätseln von welchem Geruch hier überhaupt die Rede sein soll: Keine Panik! Nicht jede Menschennase besitzt die Rezeptoren um diese Geruchsstoffe wahrzunehmen. Daher auch das „fast“ in der Überschrift. Alles ist möglich und nix is fix!
9. Der Preis ist heiß
So lecker Spargel auch ist – eins möchte ich hier abschließend noch ansprechen. Jungpflanzen benötigen ganze 3 Jahre, bis eine richtige Ernte möglich ist. Die Erntearbeit braucht das Feingefühl und die Erfahrung der „Spargelstecher“ am Feld und ist körperlich sehr anstrengend. Um den Preis niedrig zu halten kommt es leider immer wieder vor, dass Menschen auf Spargelfeldern ausgebeutet werden oder dass Spargel aus Billiglohnländern importiert wird. Fair produzierter Spargelgenuss hat – wie auch bei Kaffee und Kakao – seinen Preis. Genieße dieses Gemüse der Extraklasse bitte bewusst und zeige so Umwelt, Mensch und Pflanze Respekt.
10. Den „Spargel des armen Mannes“…
… möchte ich dir als Letztes noch als Genusstipp mit auf den Weg geben. Hast du schon einmal Winterspargel aka Schwarzwurzel probiert? Die zubereitete Wurzel von Scorzonera hispanica erinnert vom Aussehen her an Spargel und ist ein leckeres, kostengünstiges Wintergemüse. Ihr Geschmack ist würzig-nussig, passend für die kältere Jahreszeit. Sie enthält neben rauen Mengen an Vitaminen und Mineralstoffen auch Inulin – ein besonderer präbiotischer Ballaststoff, der deinen nützlichen Darmbakterien ausgezeichnet schmeckt!