Weit mehr als 100.000 Menschen haben gemeinsam mit foodwatch ein Ende der tierquälerischen „Kastenstände“ in der Schweinezucht gefordert. Die Grünen-Vorsitzenden Robert Habeck und Annalena Baerbock haben ihnen nun mit einer „Zwischennachricht“ geantwortet: Ob sich die „Agrarwende“-Partei im Bundesrat für ein schnelles Ende der Kastenstände einsetzen wird, lassen sie darin jedoch offen.
Die Analyse ist klar: Es gebe „derzeit einen geduldeten gesetzeswidrigen Zustand in Deutschland“, schreiben Frau Baerbock und Herr Habeck an die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner der foodwatch-Aktion. Tatsächlich wurden die engen Kastenstände, die es Muttersauen unmöglich machen, sich umzudrehen oder im Liegen ihre Klauen auszustrecken, bereits vor Jahren höchstrichterlich als tierschutzwidrig eingestuft. Erst jetzt tut sich politisch etwas: Die Bundesregierung hat einen Verordnungsentwurf vorgelegt. Damit will sie die Kastenstände für eine Übergangszeit von bis zu 17 (!) Jahren weiter erlauben. Am 13. März soll darüber der Bundesrat entscheiden. Die Grünen haben über ihre Beteiligung an Landesregierungen die Möglichkeit, die Verabschiedung einer solchen Verordnung zu verhindern.
„Die Sau rauslassen“ - aber wann und wie?
„Wir Grüne wollen einen Abschied vom Kastenstand – oder kurz gesagt: die Sau rauslassen!“, heißt es nun in dem Brief der Parteichefs. Allerdings lassen Frau Baerbock und Herr Habeck offen, zu welchem Zeitpunkt das millionenfache Martyrium der Muttersauen beendet sein soll – und wie die Grünen dies erreichen wollen. Ob die Partei, die sich in ihrer Programmatik für eine Agrar- und Tierhaltungswende einsetzt, ihre Position im Bundesrat nutzt oder sich auf einen Kompromiss einlässt, der die gesetzeswidrigen Kastenstände noch über Jahre hinweg dulden würde, sagen die Parteivorsitzenden nicht.
Tatsächlich laufen derzeit intensive Verhandlungen zwischen Bund und Ländern. Aus Sicht von foodwatch ein Geschachere um einzelne Veränderungen an dem Verordnungsentwurf – kleinere Verbesserungen, die letztlich aber vor allem ein Ziel haben: Der Bundesrat soll einer weiteren, jahrelangen Duldung der tierschutzwidrigen Kastenstände zustimmen.
Suche nach einem Kompromiss
„Das Wesen des Bundesrates ist der Kompromiss“, schreiben Frau Baerbock und Herr Habeck in Bezug auf die laufenden Verhandlungen. Es gehe für sie darum, einen „Kompromiss“ zu finden, „der genug Tierschutz und eine konkrete Verbesserung der Haltung der Sauen ermöglicht“. Doch was bedeutet das? „Bei der Fixierung im Kastenstand könnte eine Verkürzung von heute jeweils über 30 Tagen auf fünf Tage erfolgen“, heißt es in dem Brief beispielhaft über mögliche Verbesserungen in der Verordnung. foodwatch überzeugt das nicht: Einerseits wäre es in der Praxis überhaupt nicht überprüfbar, ob solche kleinen Verbesserungen eingehalten würden – denn im Schnitt besuchen Tierschutzkontrolleure einen Betrieb vielleicht einmal in rund 15 Jahren(!). Andererseits stünde einer solchen, kleinen Verbesserung immer noch die Zustimmung zu einer grundgesetzwidrigen Praxis gegenüber, die aus foodwatch-Sicht durch nichts zu rechtfertigen ist. Im Schnitt verbringen Sauen ihr halbes Leben im Kastenstand. Daran würde sich wohl nichts wesentlich ändern.
Klar ist: Deutschland ist der drittgrößte Schweinefleischproduzent der Welt und Export-Weltmeister. Steigende Produktionskosten, und sei es durch mehr Tierschutz, stören da nur – die deutsche Billig-Ferkelproduktionsmaschine läuft nur mit Kastenstand. Dass es in den Verhandlungen zwischen Bund und Ländern nun ganz wesentlich um die Interessen der auf billigste Fleischproduktion ausgerichteten deutschen Fleischindustrie geht, darauf geht die Grünen-Doppelspitze in ihrem Brief nicht ein.
foodwatch fordert: Kein Kompromiss zulasten des Tierschutzes!
foodwatch meint: Wer es mit der Agrar- und Tierhaltungswende ernst meint, der muss unverzüglich Schluss machen mit tierschutzwidrigen Haltungspraktiken. Jeder „Kompromiss“, der Kastenstände noch über Jahre hinweg duldet, wäre ein Sieg für die Billig-Agrar- und Fleischindustrie – auf dem Rücken des Tierschutzes.
Tierqual bleibt Tierqual – aus unserer Sicht darf es hier keinen faulen Kompromiss geben. Deshalb fordern wir die Grünen mit unserer Aktion weiter auf, am 13. März im Bundesrat jede Verordnung abzulehnen, die eine jahrelange Duldung der verfassungswidrigen Kastenstände vorsieht. Schließen Sie sich dieser Forderung an und unterzeichnen Sie unsere Petition!