Die Agrarpolitik-Analyse von foodwatch erklärt, warum ein Weiter-so in der Agrarpolitik fatal ist und wie die künftige Bundesregierung den längst überfälligen Umbau des Agrarsektors vorantreiben muss.
In den vergangenen 20 Jahren sind rund eine Billionen Euro an EU-Agrarsubventionen geflossen – doch verbessert hat sich für Klima, Tierhaltung und Umweltschutz nichts. Denn die Zerstörung der Umwelt schreitet weiter voran, wie das Umweltbundesamt unmissverständlich festhält: Der Artenschutz hat sich „weiter verschlechtert“, Humusschwund und Erosionsgefährdung haben „zugenommen“, die Belastung von Gewässern hat „häufig zugenommen“ und das Landschaftsbild sich insgesamt „negativ“ entwickelt. Auch das Sterben kleiner und mittlerer Höfe hält unvermindert an und die Tierhaltung ist in der aktuellen Form unhaltbar.
Das mit Subventionen vollgepumpte Agrarsystem schadet dem Klima und der Umwelt, macht Nutztiere systematisch krank und treibt Landwirt:innen in den Ruin.Gründer und Geschäftsführer von foodwatch International
Dauerbaustelle Agrarpolitik
Weder die Scheinkompromisse der „Zukunftskommission Landwirtschaft“ und des neuen Ampel-Koalitionsvertrages noch die Pseudomaßnahmen der jüngsten „Gemeinsamen EU-Agrarpolitik“ sind geeignet, ein zukunftsfähiges, klima- und tierfreundliches europäisches Agrarsystem zu schaffen. Die Vorschläge führen lediglich zu einem Weiter-so in der hoch subventionierten Agrarpolitik. Die neue Bundesregierung darf keine weitere Zeit mit nationalem Klein-Klein und freiwilligen Maßnahmen der Agrarbranche zu vergeuden, sondern muss stattdessen für konkrete gesetzliche Verbesserungen auf europäischer Ebene zu sorgen.
Es ist höchste Zeit, dass die zukünftige Bundesregierung konsequent die europäische Landwirtschaft transformiert. Ausreden und falsche Kompromisse in der Agrarpolitik sind gefährlich, denn weder beim Klimaschutz noch beim Tierschutz haben wir Zeit zu verlieren.Gründer und Geschäftsführer von foodwatch International
Strengere Standards und Importkontrollen
Das Ziel der Klimaneutralität in der Landwirtschaft kann nur erreicht werden, wenn die Tierbestände in Deutschland und der gesamten EU ungefähr halbiert werden würden. Um den Konsum entsprechend zu senken, müssen EU-weite differenzierte CO2-Abgaben für Fleisch, Milch, Käse und Co. eingeführt und sukzessive erhöht werden. Auch die schwerwiegenden Defizite im Tierschutz könnten nur durch eine EU-weite gesetzliche Regulierung beseitigt werden: Zum einen müssen endlich Vorgaben für die Gesundheit von Nutztieren eingeführt werden, zum anderen bei den Haltungsbedingungen die EU-Ökoverordnung zum Mindeststandard für alle werden. Begleitend zu den strengeren gesetzlichen Vorgaben sind Außenhandelsmaßnahmen notwendig: Die EU muss geeignete Importkontrollen einführen, um sicherzustellen, dass Importe vergleichbare Anforderungen erfüllen und europäische Landwirtschaftsbetriebe nicht schutzlos Billigimporten aus Drittstaaten mit niedrigeren Standards ausgesetzt sind.