foodwatch-Aktion bei Kaufland: Krebsverdächtige Lebensmittel aus dem Regal geräumt – Verbraucheraktivisten organisieren selbst öffentlichen Rückruf von Kellogg's Cornflakes & Co.
- Gefährliche Mineralölrückstände in mehreren Produkten nachgewiesen
- foodwatch fordert gesamten Handel auf, betroffene Artikel aus dem Verkauf zu nehmen
- Aktion in Kaufland-Filiale in Berlin-Wedding
Weil Kaufland krebsverdächtige Lebensmittel trotz eines belastenden Labortests einfach weiter verkauft, hat die Verbraucherorganisation foodwatch selbst einen Rückruf der Produkte gestartet. Aktivistinnen und Aktivisten besuchten am Dienstagmittag die Kaufland-Filiale im Berliner Stadtteil Wedding und plakatierten dort zur Information der Verbraucherinnen und Verbraucher einen „Öffentlichen Produktrückruf“ der Kellogg's Cornflakes sowie zweier Reis-Produkte von Müller's Mühle (Minuten Spitzen Langkorn Reis) und reis-fit (Spitzen-Langkorn). Gleichzeitig kauften die Verbraucheraktivisten symbolisch alle in der Kaufland-Filiale erhältlichen Packungen der drei Artikel auf, damit „echte“ Kaufland-Kundinnen und -Kunden keinem Gesundheitsrisiko ausgesetzt werden.
In einem Ende Oktober veröffentlichten Labortest im Auftrag von foodwatch wurden in den untersuchten Chargen der drei Marken sogenannte aromatische Mineralöle nachgewiesen, die die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA als potenziell krebserregend und erbgutverändernd beschreibt. Einen solchen Analysebefund wies auch der „Natur Langkorn Parboiled Reis“ von Curtiriso aus dem Kaufland-Sortiment auf – dieses Produkt jedoch hatte die Handelskette in der vergangenen Woche vollständig aus dem Verkauf genommen und am Freitag öffentlich zurückgerufen. Weshalb Kaufland die anderen belasteten Marken dagegen im Regal beließ, ist unklar.
„Es war die richtige Entscheidung, das eine krebsverdächtige Produkt zurückzurufen – aber aus denselben Gründen muss Kaufland auch die anderen krebsverdächtigen Produkte aus dem Verkauf nehmen und öffentlich zurückrufen“, forderte Luise Molling von foodwatch. „Verbraucher können einem Lebensmittel nicht ansehen, ob es mit gefährlichen Mineralölen belastet ist. Wir sind darauf angewiesen, dass Hersteller und Handel ihrer Pflicht nachkommen und solche Belastungen vermeiden – oder spätestens dann handeln, wenn sie um die Belastung wissen. Wenn das nicht funktioniert, müssen wir Verbraucher das Heft des Handelns selbst in die Hand nehmen. Wir handeln in Notwehr, weil weder Bundesregierung noch Länderbehörden die Verbraucher vor bekannten und eindeutig nachgewiesenen Gesundheitsgefahren schützen“, sagte Luise Molling mit Blick auf den selbstorganisierten Rückruf.
foodwatch hat heute zudem alle Handelsunternehmen schriftlich aufgefordert, diejenigen Produkte zurückzurufen, bei denen aromatische Mineralöle nachgewiesen wurden. In der bislang umfangreichsten Laboranalyse zu dieser Problematik hatte foodwatch insgesamt 120 Produkte aus Deutschland, Frankreich und den Niederlanden testen lassen. 43 Prozent davon enthielten die hochgradig schädlichen aromatischen Mineralöle. In Deutschland war jedes fünfte getestete Lebensmittel (9 von 42 Produkten) mit aromatischen Mineralölrückständen belastet. Weil die Rückstände durch ungeeignete Verpackungsmaterialien oder fehlerhafte Produktionsprozesse in die Lebensmittel gelangen, ist der Verdacht naheliegend, dass auch weitere als die getesteten Chargen betroffen sind. Vor allem Verpackungen oder Umverpackungen aus Recyclingpapier enthalten oft Mineralöle und eine Vielzahl anderer bedenklicher Substanzen wie Weichmacher und Lösungsmittel.
Die Ergebnisse des Tests sind seit Ende Oktober veröffentlicht. Von den neun nachweislich mit aromatischen Mineralölen belasteten Marken in Deutschland sind acht weiterhin im Handel. foodwatch hatte alle Hersteller angeschrieben und zum Rückruf aufgefordert. Der nordrhein-westfälische Cerealienproduzent Hahne kündigte daraufhin an, die Verpackung seiner Haferflocken zu ändern, ebenso der italienische Hersteller Curti. Dieser veranlasste zudem gemeinsam mit dem Handelsunternehmen Kaufland einen Rückruf seines Reis-Produktes.
Das Problem Mineralölrückstände ist auch der Politik seit Jahren bekannt, wie die Bundesregierung in einem Schreiben an foodwatch bestätigte. Statt jedoch selbst tätig zu werden, verweist man auf die – ebenfalls untätige – EU. foodwatch forderte, bei Papierverpackungen eine sogenannte funktionale Barriereschicht verpflichtend vorzuschreiben sowie erstmals Grenzwerte für Mineralölrückstände im Lebensmittel zu erlassen. Die besonders gefährlichen aromatischen Mineralöle dürfen überhaupt nicht nachgewiesen werden.
Redaktionelle Hinweise
- foodwatch stellt Fotos von der foodwatch-Aktion bei Kaufland bis ca. 14 Uhr zur Verfügung
- Es gibt Footage-Material zum Labortest.