Herkunftskennzeichnung: Jetzt geht's um die Milch!
Eine überwältigende Mehrheit der Verbraucherinnen und Verbraucher will zuverlässige Angaben darüber, woher die Zutaten unserer Lebensmittel stammen. Das EU-Parlament könnte mit einem Votum am Donnerstag mehr Transparenz in unseren Einkaufskorb bringen und die Herkunftskennzeichnung von Milch, Milchprodukten und verarbeitetem Fleisch und verarbeitetem Fleisch europaweit zur Pflicht machen.
Die Umfragen sprechen eine klare Sprache: Über 80 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland wünschen sich bei Lebensmitteln zuverlässige Angaben darüber, woher die Zutaten in ihren Lebensmitteln herkommen. Bislang wurde ihr Wunsch von der Politik ignoriert. Doch das könnte sich bald ändern: Am Donnerstag (12.05.2016) stimmt das EU-Parlament über eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung bei Milch, Milchprodukten und verarbeitetem Fleisch ab.
Ein Votum mit Signalwirkung
Die Entscheidung des EU-Parlaments könnte den Weg ebnen hinzu einem transparenteren Lebensmittelmarkt. Denn bisher muss in der Europäischen Union die Herkunft lediglich für das meiste frische Obst und Gemüse verpflichtend angegeben werden. Bei frischen Eiern haben Verbraucherinnen und Verbraucher die Möglichkeit, einen Code zu dechiffrieren, der Auskunft über den Legeort gibt. Und bei unverarbeitetem Rindfleisch wurde eine Kennzeichnungspflicht in Folge des BSE-Skandals eingeführt. Diese gilt seit dem vergangenen Jahr auch für unverarbeitetes Schweine-, Schaf-, Ziegen- und Geflügelfleisch. Herkunftsangaben bei Milch, Milchprodukten und verarbeitetem Fleisch (also zum Beispiel Wurst und Schinken aber auch in Lasagne oder Gulasch) hat die Lebensmittelindustrie dagegen bislang erfolgreich verhindert. Sie verweist dabei immer wieder auf die angeblich zu hohen Kosten.
Doch dass Herkunftsangaben die Produkte nicht viel teurer machen, beweist die Firma Frosta. Der Hamburger Tiefkühlhersteller nennt die Ursprungsorte auf der Verpackung – und veranschlagt dafür laut eigenen Angaben nur wenige Cent. Leider ist Frosta der einzige prominente Hersteller, der gegenüber Verbraucherinnen und Verbrauchern so transparent ist. Die Lebensmittelwirtschaft kann oder will die Rückverfolgbarkeit der Zutaten bis heute nicht gewährleisten, und die EU will die Verhandlungen über Handelsabkommen wie TTIP nicht mit der Forderung nach konsequenter Herkunftstransparenz belasten, kritisiert foodwatch.
Zähes Ringen in der EU
In der Europäischen Union wird schon seit mehr als fünf Jahren über verpflichtende Herkunftsangaben bei Lebensmitteln gestritten. Weil sich das EU-Parlament nicht einigen konnte, wurde die EU-Kommission beauftragt, die Folgen für eine Kennzeichnung einzelner Lebensmittelgruppen abzuschätzen. Die Ergebnisse dieser Prüfaufträge liegen inzwischen vor. Sie prognostizieren Mehrkosten durch eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung und sprechen sich deshalb bei Milch und Milchprodukten nur unter Vorbehalt für bzw. bei Fleisch als Zutat gegen entsprechende Maßnahmen aus.
Der zuständige Fachausschuss des EU-Parlaments hatte demgegenüber im März mehrheitlich für verpflichtende Herkunftsangaben bei Milch, Milchprodukten und Produkten mit Fleisch gestimmt. Würde das Plenum diesem Votum folgen, wäre das ein starkes Signal an die EU-Kommission. Zwar ist die Resolution des Parlaments rechtlich nicht bindend, die Kommission wäre aber aufgefordert, einen Gesetzesvorschlag vorzulegen, der endlich die Wünsche der allermeisten Verbraucherinnen und Verbraucher respektiert.
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