Auch Online-Lebensmittelhändler müssen sich an die Kennzeichnungsregeln halten. Das hat das Oberlandesgericht München entschieden. foodwatch hatte gegen Amazon geklagt.
Das Gesetz gilt für alle – auch Onlinehändler müssen sich an die gesetzlichen Pflichten zur Kennzeichnung von Lebensmitteln halten. Dies entschied das Oberlandesgericht München am Donnerstag vergangener Woche und gab damit einer Klage von foodwatch gegen Amazon und seinen Lebensmittel-Lieferdienst „Amazon Fresh“ statt. Der Onlinehändler hatte bei Obst und Gemüse die Vorgaben für Herkunftsangaben missachtet – ein Verstoß gegen europäisches Recht, wie das Gericht nun bestätigte. foodwatch fordert die Bundesregierung auf, für eine bessere Kontrolle von Online-Lebensmittelhändlern zu sorgen. Denn der Online-Handel ist auf dem Vormarsch und die Corona-Krise hat die Nachfrage nach gelieferten Lebensmitteln deutlich erhöht. Doch die kommunale Lebensmittelüberwachung ist mit der Kontrolle der oft global agierenden Online-Händler überfordert.
Das Urteil zeigt: Gesetzliche Kennzeichnungspflichten gelten auch für Online-Riesen wie Amazon und nicht nur für den Supermarkt um die Ecke!Leiter Recherche und Kampagnen bei foodwatch
Im Januar 2020 hatte bereits das Landgericht München zugunsten von foodwatch entschieden – dagegen hatte Amazon jedoch Berufung eingelegt. Das Oberlandesgericht München bestätigte das Urteil nun in zweiter Instanz.
13 mögliche Herkunftsländer
foodwatch hatte Amazon im März 2018 abgemahnt und dann – nachdem das Unternehmen sich weigerte, die Kennzeichnung zu ändern – beim Landgericht München Klage eingereicht. Amazon hatte europäische Vorgaben für die Herkunftskennzeichnung missachtet. Anstatt konkret zu benennen, woher angebotene Früchte und Gemüse stammen, hatte Amazon bis zu 13 mögliche Herkunftsländer angegeben. Dabei sind Lebensmittelhändler gesetzlich verpflichtet, bei den meisten frischen Obst- und Gemüsesorten das genaue Herkunftsland zu nennen. Dies gelte auch für im Internet verkaufte Ware, bekräftigte das Oberlandesgericht München. Eine schriftliche Urteilsbegründung steht noch aus.
Lebensmittelüberwachung muss im Online-Zeitalter ankommen
foodwatch fordert, dass Online-Supermärkte systematisch auf die Einhaltung von Kennzeichnungspflichten und auf Produktsicherheit geprüft werden. Die kommunalen Kontrollbehörden sind jedoch oft mit der Überprüfung der Online-Händler überfordert. Die kommunale Struktur der Lebensmittelüberwachung ist in Zeiten von globalen Warenströmen und einer Zunahme des Internethandels nicht mehr zeitgemäß. Die Bundesregierung muss daher eine Reform der Lebensmittelüberwachung anstoßen, damit die Zuständigkeit für die Überwachung von Online-Lebensmittelhändlern vollständig auf den Bund, etwa das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit (BVL), übertragen wird.
Verbraucherinnen und Verbraucher wollen Herkunft wissen
2018 hatte ein foodwatch-Vergleichstest der fünf großen Online-Lebensmittelhändler Amazon Fresh, Rewe Online, Allyouneedfresh, Mytime und Bringmeister Lücken bei der Produktkennzeichnung sowie bei der Kontrolle der Shops durch die Lebensmittelbehörden aufgezeigt. Herkunftsangaben sind für viele Verbraucherinnen und Verbraucher wichtig beim Lebensmitteleinkauf. Eine repräsentative Befragung des Meinungsforschungsinstituts TNS Emnid im Auftrag von foodwatch etwa zeigte, dass sich fast 90 Prozent der Bürgerinnen und Bürger klare Angaben zur Herkunft der Zutaten wünschen.