FAQ

Fragen & Antworten zur Pestizid-Klage

foodwatch geht gemeinsam mit der Deutschen Umwelthilfe (DUH) juristisch gegen fünf Pestizid-Produkte vor. Ziel ist es, den Verkauf dieser Pestizide in Deutschland zu stoppen und einen kompletten Ausstieg aus der Pestizid-Nutzung zu erreichen. Hier finden Sie Antworten auf die am häufigsten gestellten Fragen zum Thema.

Um gesunde Nahrungsmittel anzubauen, sind wir auf eine intakte Natur angewiesen. Doch Pestizide sind eine ernsthafte Gefahr für unsere Ernährungssicherheit.  Auch wenn einige Politiker:innen und Industrie gerne das Gegenteil behaupten. 

In der EU ist laut Wissenschaftler:innen  jede dritte Bienen-, Schmetterlings- und Schwebfliegenart vom Aussterben bedroht, während 80 % der Kultur- und Wildpflanzenarten von der Bestäubung durch Tiere abhängen. Bei der Hälfte der landwirtschaftlichen Flächen in der EU besteht bereits die Gefahr, dass ein Bestäubungsdefizit entsteht. Doch der Einsatz von Pestiziden und die Vielzahl an Monokulturen machen den Bienen das Überleben schwer. Die Bedrohung der Existenz von Bestäubern ist eine Bedrohung für die Ernährungssicherheit und das Leben auf unserem Planeten.

Bislang hat die Bundesregierung Umweltverbände daran gehindert, die Zulassung von Produkten wie Pestizid-Mittel gerichtlich zu überprüfen. Doch im November 2022 hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass das Verbot von Verbandsklagen gegen Produktzulassungen EU-rechtswidrig ist. Somit haben Umweltverbände jetzt das Recht, gegen alle Zulassungen von Produkten mit schädlichen Umweltauswirkungen Klage zu erheben.

foodwatch geht gemeinsam mit der Deutschen Umwelthilfe (DUH) juristisch gegen Pestizid-Produkte vor. Wir haben als ersten Schritt formale Widersprüche beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit gegen die Verlängerungen und Zulassungen von fünf Pestizid-Mitteln eingereicht. Werden die Widersprüche abgelehnt, leiten foodwatch und die DUH gerichtliche Konsequenzen ein.

Ziel ist es, den Verkauf dieser Pestizide in Deutschland zu stoppen und einen kompletten Ausstieg aus der Pestizid-Nutzung zu erreichen. 
 

Die fünf Mittel repräsentieren besonders problematische Wirkstoffe, deren Einsatz insgesamt sehr stark angestiegen ist. Im Jahr 2021 wurde rein rechnerisch jeder Hektar der deutschen landwirtschaftlichen Fläche (ohne Brache und Dauergrünland) damit besprüht. Hinzu kommt, dass zwei der Wirkstoffe (Flufenacet und Diflufenican) keine gültige EU-Genehmigung haben und dennoch extrem stark angestiegen sind1

  • Herbizid Roundup Powerflex von der Monsanto Agrar Deutschland GmbH mit dem Wirkstoff Glyphosat
  • Herbizid Gardo Gold vom Hersteller Syngenta AG mit den Wirkstoffen S-Metolachlor und Terbuthylazin
  • Herbizid Tactic vom Hersteller Adama mit den Wirkstoffen Diflufenican, Flufenacet und Pendimethalin
  • Herbizid Elipris vom Hersteller Corteva GmbH München mit den Diflufenican, Flufenacet, Halauxifenmethyl und Cloquintocet
  • Insektizid Sherpa Duo von den Herstellern SBM Developpement SAS, SBM Life Science GmbH mit den Wirkstoffen Cypermethrin und Piperonylbutoxid

1In Bezug auf Flufenacet und Diflufenican existieren keine aktuelle Wirkstoffgenehmigungen. Die letzte Genehmigung des Wirkstoffs Flufenacet vom 1. Januar 2004 ist völlig veraltet. Sie war befristet bis zum 31. Dezember 2013. Die letzte Genehmigung des Wirkstoffs Diflufenican erfolgte am 1. Januar 2009. Diese Genehmigung war befristet bis zum 31. Dezember 2018.

Mit den Verfahren sollen gravierende grundsätzliche Probleme der Zulassung adressiert werden wie zum Beispiel:

  1. Automatische Verlängerung von Mittelzulassungen bei Wirkstoffverlängerungen obwohl neue Erkenntnisse vorliegen, dass der Wirkstoff Umwelt und Gesundheit schädigt und es Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Wirkstoffe nicht genehmigungsfähig sind. 
  2. Die Regel (Artikel 50 der EU VO 1107/2009), dass Alternativen geprüft werden müssen, bevor man besonders gefährliche Chemikalien auf dem Feld benutzt, wird schlecht umgesetzt. 
  3. Spritzmittel, die auf Feldern verwendet werden, können nicht nur direkt schädlich für bestimmte Pflanzen oder Insekten sein, sondern auch indirekte Effekte auf das gesamte Ökosystem haben. Werden über längere Zeit immer wieder Spritzmittel verwendet, kann das negative Auswirkungen auf die Umwelt haben. Das betrifft nicht nur eine Saison, sondern kann sich über mehrere Jahre hinweg akkumulieren. 

Der Wirkstoff Flufenacet führt dazu,  dass ein Stoff namens TFA entsteht, der das Grundwasser verschmutzen kann. Auch S-metolachlor hat ähnliche Auswirkungen, da es ebenfalls Metaboliten produziert, die das Grundwasser belasten.

Die Spritzmittel Terbutylazine und Diflufenican werden in zu hohen Konzentrationen in Gewässern gefunden, was negative Auswirkungen auf Wasserlebewesen und die Umwelt haben kann.

Darüber hinaus kann die Verwendung dieser Spritzmittel die Biodiversität schädigen, indem sie nicht nur die Zielorganismen, sondern auch andere Tiere und Pflanzen beeinträchtigen. Es ist daher wichtig, alternative Methoden zu finden, die die Umwelt weniger belasten und den Schutz von Mensch und Natur gewährleisten.
 

Nur mit einem kompletten Pestizid-Ausstieg können wir unsere Lebensgrundlagen wie frisches Wasser, gesunde Böden und Bestäuber dauerhaft schützen.
foodwatch hat dafür einen  Plan für einen Pestizid-Ausstieg bis 2035 vorgestellt. Für jede Kulturpflanze (von Mais bis Äpfel) beschreibt der Plan die Schritte, um ohne Pestiziden anzubauen. 

Unser Leitbild ist dabei: zuerst präventiver Pflanzenschutz, durch diverse Pflanzen und Felder und natürliche biologische Bekämpfung, wobei der Einsatz von Pestiziden im Allgemeinen das letzte Mittel ist. 
 

Eine pestizidfreie Landwirtschaft erfordert große Veränderungen auf dem Feld. Die Flächennutzung wird vielfältiger werden, und das erfordert eine Umstellung von Monokulturen auf einen vielfältigen Anbau mit biologischer Vielfalt.


Diese radikalen Veränderungen müssen sich auch für die Landwirte auszahlen. Dazu brauchen wir Maßnahmen auf europäischer und nationaler Ebene, die eine umweltbelastende Landwirtschaft verteuern und dafür sorgen, dass die Landwirte ein höheres Einkommen aus einer vielfältigen, pestizidfreien Produktion erzielen.
 Es ist aus ökonomisch Sicht  günstiger, eine konventionelle pestizidfreie Landwirtschaft zu vergüten als  jahrzehntelang hohe Folgekosten zu bezahlen (wie z.B. für Atrazinrückstände im Grundwasser).