Ob Bio oder nicht – Nutztiere leiden

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Die Lage in Nutztierbetrieben in Deutschland ist erschreckend. Ob konventionelle oder Bio-Haltung, ob Stall oder Auslauf ins Freie macht kaum einen Unterschied.

Die Lage in Nutztierbetrieben ist erschreckend:

  • Fast 40% der Schweine leiden unter Krankheiten wie Lungenentzündungen oder Abszessen
  • 97% aller Legehennen haben ein gebrochenes Brustbein
  • Zwischen 23 und 39 Prozent der Kühe sind an schmerzhafter Lahmheit erkrankt

Außerdem verenden jedes Jahr Millionen Tiere bereits vor der Schlachtung oder sind so krank, dass Sie aus wirtschaftlichen Gründen getötet und beseitigt werden.
Ob konventionelle oder Bio-Haltung, ob Stall oder Auslauf macht dabei kaum einen Unterschied.

Tierhaltungslabel wie die von Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) angestrebte Kennzeichnung sagen deshalb nichts über das tatsächliche Wohlergehen der Tiere. Denn das Siegel informiert lediglich über Unterschiede in der Haltungsform – nicht aber über den Gesundheitszustand der Tiere. Verbraucher:innen werden so in die Irre geführt. Die Haltungsform sagt leider oftmals nichts über die tatsächlichen Zustände aus. Die eindrücklichsten Zahlen haben wir im Folgenden zusammengestellt, alle Studien und deren Ergebnisse finden Sie hier.

In Deutschland wurden 2021 rund 51,8 Millionen Schweine geschlachtet. Sowohl vor als auch nach der Tötung kontrollieren Veterinär:innen den Zustand der Tiere beziehungsweise der Schlachtkörper.

Vion, der zeitgrößte Fleischkonzern Deutschlands veröffentlicht diese Schlachthofbefunde seit einigen Jahren. Sie zeichnen ein erschreckendes Bild:

  • Von 2016 bis 2022 hat sich der Anteil kranker Schweine von 34 auf knapp 40 Prozent erhöht
  • Besonders oft waren Lunge und Leber betroffen, z B. von Entzündungen, die durch Viren oder Bakterien verursacht werden
  • Die Dunkelziffer tatsächlich kranker Tiere liegt wahrscheinlich deutlich höher, da es viele Tiere gar nicht erst zum Schlachthof schaffen. Sie verenden vorher oder werden aus Krankheitsgründen „notgetötet“, in Deutschland erleiden rund 21 Prozent der lebend geborenen Schweine dieses Schicksal

Eine Studie aus Dänemark zeigt, dass die Haltungsform hierbei kaum eine Rolle spielt. Bei einer Untersuchung mit mehr als einer Million Schweine wiesen 35,88 Prozent der konventionell im Stall gehaltenen Tiere Befunde auf. Tiere aus Biohaltung lagen mit 35,19 Prozent quasi gleichauf.

Soko Tierschutz

Soko Tierschutz

5,4 Jahre – so alt werden Milchkühe im Schnitt in Deutschland, bevor Sie an Krankheiten verenden oder wegen abnehmender Milchleistung zum Schlachter gebracht werden. Bei einer natürlichen Lebenserwartung von 15-20 Jahren eine erschreckende Bilanz, auch aus wirtschaftlicher Sicht.

Denn durch die verkürzte „Nutzungsdauer“ lohnen sich die Kosten für Aufzucht, Haltung und Fütterung oftmals nicht. So wurden 2021 in Deutschland knapp 600.000 erkrankte oder verletzte Kühe getötet und entsorgt, deren Heilung vermeintlich unwirtschaftlich gewesen wäre. Bei knapp zwei Dritteln von ihnen werden neben Fruchtbarkeitsstörungen vor allem Erkrankungen (Euterentzündungen, Erkrankungen an den Klauen und Gliedmaßen) als Gründe für die vorzeitige Schlachtung angegeben.

Aufschluss über den schlimmen Zustand der Milchkühe in Deutschland geben außerdem noch folgende Fakten:

  • Je nach Region sind in Deutschland zwischen 23 und 39 Prozent der untersuchten Kühe von schmerzhaften Erkrankungen der Klauen (Lahmheit) Lahmheit betroffen
  • Die Hochleistungs-Milchproduktion zehrt die Kühe aus: Je nach Region sind ein Fünftel bis ein Drittel von ihnen zu mager
  • In einer Untersuchung von Rindern in einem Verarbeitungsbetrieb für Nebenprodukte hatten knapp 84 Prozent mindestens eine Auffälligkeit am Körper, bei jedem vierten Tier lag die Vermutung nahe, dass die Rinder schmerzvoll verendet oder schwer verletzt waren.

Auch hier bieten Bio-Bauernhöfe leider nicht automatisch ein besseres Bild. So waren rund 54 Prozent aller Kühe laut einer Untersuchung der Universität Kassel in 60 Bio-Milchviehbetrieben von Euterentzündungen betroffen.

Soko Tierschutz

Laut einer Untersuchung der Universität Bern haben quasi alle untersuchten Legehennen (97 Prozent) ein gebrochenes Brustbein. Und das unabhängig von der Haltungsform. Wie kann das sein? Der Grund: Ob Bio oder nicht, Legehennen sind aufs Eierlegen gezüchtete Hochleistungsrassen, die mehr als 15-mal so viele Eier legen wie ein Wildhuhn (320 gegenüber 20 Jahren pro Jahr). Um diese Menge zu produzieren, zehrt das Tier sich buchstäblich selber auf: Die vielen Eier entziehen den Knochen Kalzium -  in der Folge brechen die geschwächten Knochen bereits unter der Eigenlast der Henne.


Fazit: Tierleid in jeder Haltungsform

Neben dem großen Leid der Tiere wird also deutlich: Ob konventionelle oder Bio-Haltung, ob Stall oder Auslauf ins Freie macht kaum einen Unterschied. Leider wird dieser Punkt in der öffentlichen Debatte kaum wahrgenommen. Dabei belegen auch wissenschaftliche Studien immer wieder: Kranke und verletzte Tiere gibt es in allen Haltungsformen, auf kleinen Bio-Höfen genauso wie in großen Tierfabriken. Denn ob Hühner, Schweine oder Kühe gesund sind, hängt nicht einfach davon ab, ob der Stall ein paar Zentimeter größer ist oder Stroh auf dem Boden liegt, sondern ganz entscheidend auch vom Stallmanagement der Landwirt:innen. Nutztierhaltung ist äußerst komplex und anspruchsvoll. Viele landwirtschaftliche Betriebe haben das Gesundheitsmanagement gut im Griff, während andere immer wieder Probleme mit kranken und verletzten Tieren haben – und zwar unabhängig von der Haltungsform oder der Betriebsgröße. Das Problem ist: Bisher gibt es keinerlei gesetzliche Vorgaben für Tierhalter:innen, dass sie ihre Tiere gesund halten müssen – weder in der ökologischen noch in der konventionellen Haltung.