Insgesamt 16 Säuglingsmilch-Produkten aus Deutschland, Frankreich und den Niederlanden hat foodwatch testen lassen. Von den vier in Deutschland und auch Österreich vertriebenen Produkten konnten wir Rückstände der potenziell krebserregenden aromatischen Mineralöle (MOAH) in folgenden drei Produkten nachweisen:
- Novalac Säuglingsmilchnahrung PRE, 400g (in Apotheken erhältlich)
- Nestlé BEBA OPTIPRO PRE Pulver, 800 g, von Geburt an
- Nestlé BEBA OPTIPRO 1 Pulver, 800 g, von Geburt an
Nachdem foodwatch die Laborergebnisse im Oktober 2019 veröffentlicht hatte, haben auch staatliche Labore Tests durchgeführt. Die Ergebnisse der Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter (CVUA) Münster und Stuttgart haben wir über das Verbraucherinformationsgesetz (VIG) beantragt und am 28.05.2020 veröffentlicht. Mehr zu den staatlichen Laborergebnissen unter Frage 2.
Auch Produkte aus den anderen Ländern waren dem foodwatch-Test zufolge verunreinigt. Die genauen Ergebnisse und welche Chargen wir getestet haben, haben wir in der folgenden Tabelle zusammengefasst:
Produktname | Charge | MHD | MOSH/POSH (C10-C50) | MOAH (C10-C50) |
Deutschland | ||||
Novalac Säuglingsmilchnahrung PRE 400g | A59522 75 | 11.03.2020 | 3,8 mg/kg | 0,5 mg/kg |
Nestlé BEBA OPTIPRO PRE, 800 g, von Geburt an | 91120346AA | 10/2020 | 8,4 mg/kg | 3,0 mg/kg |
Nestlé BEBA OPTIPRO 1, 800 g, von Geburt an | 9098080621 | 10/2020 | 5,8 mg/kg | 1,9 mg/kg |
Nestlé BEBA OPTIPRO 3, 800 g, ab dem 10. Monat | 9108080626 | 10/2020 | 1,9 mg/kg | -* |
Frankreich | ||||
Nestlé Nidal Lait en poudre 1er âge | 90720346AC | 01.03.2021 | 5,8 mg/kg | 1,2 mg/kg |
Nestlé Guigoz Lait bébé en poudre 1 bio | 90650017C3 | 01.09.2020 | -* | -* |
Lactalis Célia Lait bébé en poudre 2 | 8000000047 | 24.09.2020 | 2,3 mg/kg | -* |
Lactalis Célia Lait bébé en poudre 1 bio | 8000000411 | 30.04.2020 | 0,8 mg/kg | -* |
Vitagermine Baby bioOptima 2 | 2VT21974 | 10.02.2021 | 1,1 mg/kg | -* |
Hipp Lait pour nourrissons Combiotic 1 | 1424990 | 23.12.2019 | 0,5 mg/kg | -* |
Danone Blédina Blédilait Croissance + 3 | 2021.01.27.26 | 27.01.2021 | 0,7 mg/kg | -* |
Danone Gallia Galliagest Croissance 3 Sans lactose | 905764 (019079) | 19.12.2019 | 4,0 mg/kg | 0,7 mg/kg |
Niederlande | ||||
Neolac Biooogisch 1 Volledige zuigenlingenvoeding 0-6 m | 11620 | 15.01.2021 | 4,3 mg/kg | 1,6 mg/kg |
Hero Baby nutrasense hypo-allergeen 0-6 maanden | 80926-023 | 26.09.2020 | 4,1 mg/kg | 0,8 mg/kg |
Nutrilon Dieetvoeding bij koemelkallergie 1 0-6 maanden | 907222 41 | 22.08.2020 | 6,1 mg/kg | 1,2 mg/kg |
Ah zuigelingenmelk 1 STANDAARD 0-6 maanden | 30397033 | 15.04.2021 | 3,4 mg/kg | -* |
Anmerkungen:
Analysenmethode: Online-LC/GC-FID; MOSH: Verseifung der Probe, Aufreinigung des Extraktes mit Aluminiumoxid (Entfernung von natürlichen, pflanzlichen Alkanen); MOAH: Verseifung der Probe, Aufreinigung des Extraktes und Entfernung störender Begleitstoffe durch Epoxidierung.
* Die Ergebnisse sind nach dem Lower bound Verfahren nicht nachgewiesen unterhalb der Bestimmungsgrenze (LOQ) mit 0.5 mg/kg.
(Stand: 28.05.2020)
Nachdem wir unsere Laborergebnisse im Oktober 2019 veröffentlicht hatten, wies die EU-Kommission die staatliche Behörden europaweit an, ebenfalls Babymilch-Produkte auf Mineralöl zu testen. Die Ergebnisse hielten die Behörden geheim. foodwatch hat allerdings über das Verbraucherinformationsgesetz (VIG) die Ergebnisse der Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter (CVUA) Münster und Stuttgart erhalten und am 28.05.2020 veröffentlicht. Das Ergebnis: Nicht nur Produkte von Nestlé und Novalac, sondern auch von Humana und Rossmann waren mit gesundheitsgefährdenden Mineralölen verunreinigt. 14 der in Münster untersuchten Proben enthielten dabei sogar die besonders gefährlichen aromatischen Mineralöle (MOAH), die nach Einschätzung der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA im Verdacht stehen, Krebs auszulösen und das Erbgut zu schädigen.
Die durch das CVUA Münster identifizierten aromatischen Mineralöle (MOAH) wurden in sechs Nestlé-Produkten („BEBA Pro HA 2“, „BEBA Supreme Pre, von Geburt an“, „BEBA Optipro 2“, „BEBA Optipro 1“, „BEBA Pro HA 1, von Geburt an“ und „BEBA Pro HA Pre“), jeweils zwei Produkten des Herstellers Novalac („Säuglingsmilchnahrung PRE 400g“ und „BK, Blähungen und Koliken“) und Humana („SL Spezialnahrung bei Kuhmilchunverträglichkeit“ und „Anfangsmilch 1 von Geburt an“) sowie in einem Produkt der Rossmann-Eigenmarke Babydream („Kinderdrink ab 1 Jahr“) nachgewiesen. Die analytische Bestimmungsgrenze bei dem Verfahren des CVUA Münster betrug 0,5 mg/kg MOAH (C10-C50).
Das CVUA Münster wies zudem in allen 50 untersuchten Proben gesättigte Mineralöle (MOSH) nach.
MOSH sollen nach wissenschaftlicher Einschätzung zumindest weitestgehend vermieden werden: Sie reichern sich in Körpergeweben und Organen an, ihre genauen Auswirkungen sind wissenschaftlich noch unklar. Das Labor in Stuttgart fand in 17 Proben keine MOAH-Verunreinigungen, wies jedoch in 12 Proben MOSH nach.
Insgesamt waren bei den beiden staatlichen Untersuchungen 92 Prozent der Proben mit MOSH und 21 Prozent der Proben mit MOAH belastet.
Hier geht es zu den Laborergebnissen aus Münster und Stuttgart.
(Stand: 28.05.2020)
Mineralöle kommen in der Umwelt des Menschen in vielen Bereichen vor. Sie wurden – unter anderem von foodwatch – bereits in zahlreichen Lebensmitteln, wie zum Beispiel Reis, Nudeln, Schokolade und Speiseöle nachgewiesen, sind aber auch in Verpackungen, Kinderspielzeug, Futtermitteln und kosmetischen Mitteln zu finden.
Man unterscheidet im Wesentlichen zwei Gruppen von Mineralölen – die gesättigten (MOSH) und die aromatischen Mineralölkohlenwasserstoffe (MOAH).
MOSH können vom Körper leicht aufgenommen werden und sich im Fettgewebe anreichern. Bei Versuchen mit Ratten führten diese in bestimmten Organen zu Schäden. Je nach Anzahl der Kohlenstoffatome (Kettenlänge) und der Zähigkeit (Viskosität) können die MOSH in Organen des menschlichen Körpers angereichert werden, einige Fraktionen gelten nach Auffassung der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA als besorgniserregend. Es werden jedoch nur MOSH mit einer Kettenlänge größer als 16 Kohlenstoffatomen (C16) im Körper angereichert.
Gefährlicher gilt die Gruppe der MOAH. Nach Einschätzung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) „sind aromatische Kohlenwasserstoffe in Lebensmitteln unerwünscht, weil ein krebserregendes Potenzial der Substanzen derzeit nicht ausgeschlossen werden kann.“ Auch die EFSA geht davon aus, dass bestimmte MOAH-Verbindungen Krebs auslösen und das Erbgut verändern können. Eine abschließende Risikobewertung der EFSA steht noch aus. Es ist jedoch breiter wissenschaftlicher Konsens, dass MOAH in Lebensmitteln gar nicht nachweisbar sein sollten.
Aktuell wird unter Wissenschaftlern zwar diskutiert, ob toxikologische Unterschiede zwischen MOAH-Verbindungen verschiedener Molekülgrößen (nämlich zwischen 1- bis 2-Ring- und den Mehr-als-3-Ringsystemen von MOAH) bestehen. Doch es gibt weder von Hersteller- noch von wissenschaftlicher Seite analytische Methoden, die in fertigen Lebensmitteln eine sichere Differenzierung nach den Ringsystemen ermöglichen. Deshalb ist derzeit aus Sicht von foodwatch jeder Nachweis von MOAH in Lebensmitteln im Sinne des gesundheitlichen Verbraucherschutzes bedenklich. Der Verkauf solcher Produkte ist inakzeptabel. foodwatch fordert die Hersteller auf, solche Produkte umgehend vom Markt zu nehmen. Insbesondere bei Milchersatzprodukten für Babys kann der weitere Verkauf durch nichts gerechtfertigt werden. (Stand: 24.10.2019)
foodwatch empfiehlt, die belasteten Produkte nicht weiter an Babys zu füttern.
Fragen Sie bei den Herstellern nach und fordern Sie Nachweise ein, welche Produkte und Chargen unbelastet von aromatischen Mineralölbestandteilen (MOAH) sind. Wenn Sie Antworten erhalten, teilen Sie uns diese gerne mit – am besten per E-Mail an service@foodwatch.de. (Stand: 24.10.2019)
Die Mengen an aromatischen Mineralölen (MOAH), die wir in den Babymilchprodukten gefunden haben, können keine direkt eintretenden, klinisch wahrnehmbaren Krankheitssymptome verursachen. Kinderärzte werden die Kontamination im Körper des Babys nicht nachweisen können. Ein Arztbesuch ist daher nicht erforderlich. Das Wichtigste, das Sie tun können: Um das Risiko einer späteren Erkrankung zu vermeiden, empfehlen wir aus Vorsorgegründen, so weit möglich keine MOAH-belastete Ersatzmilch zu verwenden (siehe dazu auch andere Fragen). (Stand: 24.10.2019)
Analysen liegen uns nur für die angegebenen Chargen vor, zu anderen Chargen der getesteten Produkte hat foodwatch keine durch Labortests gesicherten Erkenntnisse. Es ist jedoch auch kein Nachweis der Hersteller bekannt, dass ihre mit Mineralöl verunreinigten Produkte mittlerweile etwa infolge von veränderten Produktionsabläufen oder Rohstoffquellen garantiert unbelastet sind. Die Laborbefunde sowohl von foodwatch als auch der staatlichen Labore belegen, dass die betroffenen Hersteller mit ihren Produktionsabläufen die Unbedenklichkeit ihrer Babyprodukte nicht garantieren konnten.
foodwatch empfiehlt, vorsorglich keine Ersatzmilch der Marken zu nutzen, bei denen die Labortests Belastungen mit aromatischen Mineralölen (MOAH) oder starke Belastungen mit gesättigten Mineralölen (MOSH) nachgewiesen haben.
Um eine Sicherheit für Eltern zu schaffen, fordern wir alle Hersteller von Ersatzmilchen für Babys auf, …
- …kontaminierte Produkte unverzüglich öffentlich zurückzurufen und vom Markt zu nehmen;
- …umgehend Laboranalysen zu veröffentlichen, die nachvollziehbar machen, ob ihre Ersatzmilchen unbelastet sind;
- …jegliche Belastung mit krebsverdächtigen Mineralölbestandteilen (MOAH) zu verhindern;
- …sich öffentlich zu verpflichten, nur Lebensmittel zu verkaufen, die keine nachweisbaren MOAH und höchstens 2 mg/kg MOSH enthalten.
(Stand: 28.05.2019)
Diese Frage kann foodwatch nicht restlos aufklären. Ob sich die Verpackungsmaterialien als mögliche Quelle der Mineralöle in ihrer Zusammensetzung, Herstellung und Behandlung unterscheiden, entzieht sich unserer Kenntnis. Ebenso wenig können wir mit Sicherheit sagen, ob die Mineralöle aus der Verpackung oder einer anderen Quelle, zum Beispiel aus einzelnen Zutaten wie z.B. Palmöl, stammen. In unserem Test war die Hälfte der 16 in Metalldosen verpackten Babymilch-Produkte mit Mineralölen verunreinigt. (Stand: 28.05.2020)
Inwiefern den betroffenen Herstellern die Belastung ihrer Babymilchprodukte bekannt war, entzieht sich unserer Kenntnis. Wir meinen jedoch: Sie hätten es wissen können – und wissen müssen. Denn das Problem von Mineralölverunreinigungen in Lebensmitteln ist seit vielen Jahren bekannt. Viele Eintragswege (Recycling-Kartons, Abläufe und Materialien bei Anbau, Ernte, Rohstofftransport, Produktionsprozess etc.) wurden daraufhin in der Lebensmittelindustrie untersucht. Bei pflanzlichen Lebensmitteln gab es an verschiedenen Stellen Fortschritte. Über die Belastung von Lebensmitteln tierischen Ursprungs liegen weniger und zum Teil gar keine Daten vor.
Gleichwohl geht foodwatch davon aus, dass insbesondere die großen Hersteller mit der Problematik der Mineralölverunreinigung ihrer Produkte vertraut sind und mögliche Eintragspfade kennen. Dazu gehört auch die Erkenntnis, dass Weißblechdosen eine mögliche Kontaminationsquelle darstellen.
Sicher ist: Spätestens mit der Veröffentlichung unserer Testergebnisse sind alle Hersteller in der Pflicht, keine Babymilchen mehr auszuliefern, die aromatische Mineralöle enthalten. Die vorhandenen Produkte sind umgehend aus dem Verkauf zu entfernen. (Stand: 24.10.2019)
Produktchargen, welche in unseren Labortests keine Belastung mit MOAH und keine oder nur eine geringfügige Belastung mit MOSH (bis zu 2 mg/kg) gezeigt haben, stellen nach Einschätzung von foodwatch eine sicherere Wahl dar. Wir können jedoch keine Garantie dafür geben, dass alle Chargen dieser Produkte frei von Mineralöl sind. Denn erst wenn alle Hersteller entsprechende Labornachweise ihrer Produkte vorlegen, lässt sich eine Belastung mit Mineralölen ausschließen.
Da unsere Testergebnisse darauf hindeuten, dass Milchpulver in Weißblechdosen häufig mit MOAH verunreinigt ist, empfehlen wir, vorsorglich auf Produkte in anderen Verpackungen zurückzugreifen. Auch für diese sollten jedoch vor allem die Hersteller nachweisen, dass ihre Säuglingsmilchen unbelastet sind – fragen Sie dazu bei „Ihrem“ Hersteller nach und fordern Sie entsprechende Labornachweise ein! Sollten Sie Antworten erhalten, können Sie uns diese gern mitteilen – am besten per E-Mail an service@foodwatch.de. (Stand: 24.10.2019)
Unter Experten gelten die bei vielen Säuglingsmilchen als Verpackung eingesetzten Weißblechdosen als potenzielle Quelle für Mineralölverunreinigungen. Aus diesem Grund hat sich foodwatch entschlossen, gezielt solche Produkte zu testen. Dazu haben wir Ende Juli/Anfang August 2019 die Testprodukte in Apotheken und Supermärkten in Deutschland, Frankreich und den Niederlanden eingekauft. Ein erster Hinweis auf die Mineralölbelastung einer Reihe von Produkten lag uns Ende August 2019 vor. Dies mussten wir in der Folge zunächst sorgfältig verifizieren.
Um zu gewährleisten, dass die Produktprüfung die höchstmögliche Genauigkeit, Wiederholbarkeit und Zuverlässigkeit aufweist, hat foodwatch mehrere gemäß DIN EN ISO/IEC17025 akkreditierte Laboratorien mit der Untersuchung beauftragt. Das erste Labor wiederholte seine Ausgangsanalyse und bestätigte die eigenen Ergebnisse mit einer zweiten Untersuchung. Zwei weitere Laboratorien konnten die Befunde schließlich verifizieren. Das bedeutet: Diejenigen Produkte, bei denen die krebsverdächtigten aromatischen Mineralölbestandteile (MOAH) gefunden wurden, sind von drei verschiedenen, akkreditierten Laboratorien unabhängig voneinander untersucht worden. Alle Labore bestätigen die MOAH-Nachweise.
Der letzte Labornachweis ging bei foodwatch am 21. Oktober 2019 ein; unmittelbar nach der Abklärung von Fragen zu den Analyseergebnissen haben wir die Ergebnisse öffentlich gemacht.
Für die Messung der MOSH- und MOAH-Werte wählten die Labore die Online-LC/GC-FID-Methodik, die die Europäische Kommission im Februar 2019 als Analyseverfahren der Wahl einstufte. Die Überprüfung positiver Ergebnisse zur Bestimmung typischer Marker und Substanzen für MOSH- und MOAH-Fraktionen erfolgte durch massenspezifische Detektion. Methode der Wahl für diesen Schritt ist die zweidimensionale gaschromatographische Trennung und massenspezifische Detektion. Diese Verifizierung und Identifizierung der Marker wurde von zwei Laboren mit GC*GC-TOF durchgeführt. Hierbei handelt es sich um spezielle, technisch aufwändige Nachweisverfahren. Insgesamt entspricht das Verfahren dem höchsten Standard der gegenwärtigen Labor- und Analysetechnik.
Nähere Angaben zum Verfahren haben wir in unserem englischsprachigen Testreport zusammengestellt. (Stand: 24.10.2019)
In der gesamten Herstellungskette der Babymilchprodukte gibt es mögliche Quellen für eine Kontamination des Produktes mit Mineralöl. Daher ist es schwierig, allein anhand der Laboranalysen die genauen Ursachen mit Sicherheit ausfindig zu machen.
Bekannt ist jedoch, dass viele Lebensmittel nicht nur im Verlauf ihrer Herstellung, sondern auch durch die eingesetzten Verpackungsmaterialien mit Mineralölen verunreinigt werden. So können Mineralölrückstände in Recyclingkartons auf bestimmte Produkte wie Reis oder Haferflocken übergehen. foodwatch hält es für plausibel, dass auch im Falle der getesteten Milchpulver für Säuglinge die Mineralöle aus der Verpackung – den eingesetzten Weißblechdosen – stammen.
So könnten bei der Produktion der Weißblechdosen z.B. so genannte Walzöle verwendet worden sein, die womöglich nicht für den Kontakt mit Lebensmitteln geeignet sind. Diese werden aufgesprüht, um die Walzen, zwischen denen die Bleche dünn ausgerollt werden, zu kühlen und zu schmieren. Wenn die Bleche bzw. die fertigen Blechdosen nicht ausreichend gereinigt wurden, können Mineralölbestandteile aus den Walzölen von der Innenseite der Dosen auf die Milchpulver übergegangen sein. Eine gesicherte Erkenntnis über die Quelle der Verunreinigung liegt foodwatch jedoch nicht vor. (Stand: 24.10.2019)
Nein, bisher nicht. Die wissenschaftliche Diskussion über die Gefährlichkeit bestimmter Mineralölverunreinigungen wird seit mehreren Jahren intensiv geführt. Bisher gibt es allerdings nicht einmal gesetzliche Grenzwerte. Die Bundesregierung hatte mehrfach Anläufe genommen, in Deutschland Höchstwerte für den Übergang von Mineralölen von der Verpackung auf Lebensmittel festzulegen – hat eine entsprechende Verordnung jedoch nie verabschiedet. Eine zielführende Regelung wäre dies aus Sicht von foodwatch ohnehin nicht, da andere Quellen als die Verpackung von dieser Regelung ausgenommen wären und damit keine Sicherheit für die Belastung im Lebensmittel bestünde.
Den europäischen Gesetzgeber und die nationalen Regierungen fordert foodwatch seit vier Jahren auf, entsprechende Höchstwerte für den Nachweis von Mineralölen in Lebensmitteln gesetzlich festzulegen.
In der Wissenschaft besteht große Einigkeit darüber, dass aromatische Mineralölverbindungen (MOAH) krebsauslösend wirken können. Deshalb sind MOAH nach übereinstimmender Meinung der Lebensmittelsicherheitsbehörden EFSA (EU), BfR (Deutschland), ANSES (Frankreich), RIVM (Niederlande) in Lebensmitteln gänzlich unerwünscht. Aus Sicht von foodwatch sollte für MOAH deshalb kein technisch nachweisbarer Wert geduldet werden. Anders gesagt: Jeder Nachweis von MOAH in Lebensmitteln soll bedeuten, dass das Produkt nicht verkehrsfähig ist und deshalb nicht verkauft werden darf. Es muss in der Verantwortung aller Hersteller und Einzelhändler liegen, sicherzustellen und jederzeit nachweisen zu können, dass KEINE krebsverdächtigen MOAH in den Lebensmitteln nachweisbar sind.
Bei gesättigten Mineralölen (MOSH) fordert foodwatch – ebenfalls in Übereinstimmung mit der wissenschaftlichen Diskussion – die Festlegung strenger Höchstwerte sowie eine kontinuierliche Minimierung. Der Höchstwert von 2 Milligramm MOSH je Kilogramm Lebensmittel sollte nur in genau festzulegenden Ausnahmefällen bei bestimmten Lebensmittelkategorien (z.B. pflanzliche Öle und Fette) mit entsprechenden Nachweisen seitens der Hersteller überschritten werden dürfen. Für Produkte, die Säuglingen und Babys gefüttert werden, sollten jedenfalls besonders strikte Anforderungen gelten.
Ob und wann es zu gesetzlichen Regelungen kommt, ist derzeit völlig offen. Die Europäische Kommission hat im Januar 2017 ein EU-weites Monitoring Programm gestartet, zu dem es aber derzeit noch keine Ergebnisse gibt. Damit soll eine breite Datenbasis erzeugt werden, um Höchstwerte ableiten zu können. Das Monitoring Programm ist verspätet gestartet und wird, anders als ursprünglich beabsichtigt, nicht im Oktober 2019 abgeschlossen sein. (Stand: 24.10.2019)